Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben
Zeit, was Tolles vorzubereiten, und dann
geht alles in die Hose, weil die Erwartungen zu hoch sind.« Festtage sollte man
feiern, wenn einem danach zumute war. Zum Beispiel jetzt.
Kiki war froh, von der
Aufgabe, Ordnung in ihre Papiere zu bringen, erlöst zu sein. Alles war besser
als unbezahlte Rechnungen. Nur zu gerne ließ sie sich von Max die Augen
verbinden und im Kreis herumdrehen. Ihr Rock schwang fröhlich, als wäre sie ein
Kölner Funkenmariechen. Vorsichtig schob Max sie aus dem Büro Richtung Gang.
Kikis Hände suchten nach Anhaltspunkten, um herauszubekommen, wohin die Reise
ging. Sie ertastete das Paket von Ikea, das einmal der Kleiderschrank für
Zimmer vier werden sollte, die alte Vitrine, die noch vom Holzwurm befreit
werden musste, und den Bambusschrank, der beim Umzug ein Bein verloren hatte
und seit Monaten der längst fälligen Reparatur harrte. Es gab so viel, was vor
der Eröffnung in drei Wochen noch erledigt werden musste. Sie erreichten die
Vordertür, wo noch immer eine Holzplatte die Treppenstufe ersetzte.
»Du hast die Bank am
alten Baum endlich fertig gemacht«, riet sie.
Max schob sie wortlos
weiter vor sich her. Am wechselnden Untergrund las Kiki die grobe Richtung ab.
Vom schottrigen ehemaligen Schulhof an der Vorderseite ging es links ums Haus
herum. Sie hörte das Quietschen des Gatters, das den Hühnerstall abgrenzte. Als
sie wieder festen Boden unter den Füßen spürte, ahnte sie, dass sie im Schuppen
angekommen waren. In dem intakten Teil lagerten sie das Material für die
Renovierung: billig erworbene, handgeformte Dachziegel, Fliesen von einem
Altbau in der Nähe, Bettwäsche für zehn Zimmer aus einer Hotelinsolvenz, drei
alte Waschbecken, ein Karton Türklinken, vierzehn Rollen psychedelischer
Tapeten aus den Siebzigern, Schränke, die mit ein bisschen Arbeit in altem Glanz
erstrahlen konnten, verwittertes Gartengerät, das nach der fälligen Entrostung
wie neu sein konnte, kurz, alles, was sich ansammelte, wenn man mit
bescheidenen Mitteln neunzehn Zimmer einrichten und eine verwilderte Wiese in
ein Gemüsebeet verwandeln wollte.
Max entfernte die
Augenbinde. Kiki blinzelte in das Dunkel. Bunte Lichter tanzten vor ihren
Augen. Da kein passendes Einwickelpapier aufzutreiben war, hatte Max sein
Geschenk liebevoll mit Weihnachtsbeleuchtung verziert. Frohes
Fest , blinkte es in Rot, Weiß und Grün.
»Die Beleuchtung gehört
nicht dazu«, erklärte Max. »Die hab ich vom Möller ausgeliehen.«
Möller war der Bauer zu
ihrer Linken, der seinen Hof an Weihnachten in ein wahres Lichtermeer getaucht
hatte. Sehr zur Freude von Klein-Greta, die sich an dem Glitzern, Glimmen und
Gleißen nicht sattsehen konnte. Ein Teil der Girlanden wand sich nun um ihr
Geburtstagsgeschenk.
»Es ist ein Ferrari«,
verkündete Max stolz.
Der zusätzliche Hinweis
war hilfreich. Denn das Fahrzeug, das vor Kiki stand, war grün, hatte riesige
Reifen mit dickem Profil und sah aus wie ein Traktor. Schlimmer noch: Es war
ein Traktor. Selbst im romantischen Licht Hunderter bunter Lichter sah er aus
wie ein Männerspielzeug. Max sprang aufgeregt um sie herum. Seine Wangen
glühten.
»Was sagst du?«,
erkundigte er sich.
Kikis Gehirn vollführte
Pirouetten. Sie versuchte sich vorzustellen, welche Schneise so ein Gerät
schlagen konnte. Zum Beispiel auf dem gemeinsamen Konto.
»Wir können das ganze
Holz abtransportieren, die Wiese hinter dem Haus umpflügen und noch mehr Gemüse
anbauen«, erläuterte Max, berauscht von seiner genialen Idee. »Du bekommst
endlich deinen eigenen Acker.«
Er sah aus wie ein
kleiner Junge, der zum ersten Mal dem Weihnachtsmann begegnet.
»Und er hat ein Radio
mit Kassettenrekorder«, schwärmte er.
Die technische
Ausstattung half Kiki, das Gefährt auf die Siebziger zu datieren. Ihr neuer
Traktor war ein begehrtes Museumsstück.
»Was kostet so was?«,
fragte Kiki prosaisch. Sie hatte die vage Ahnung, dass hier das Geld, das Max
während seines achtwöchigen Einsatzes in Berlin verdient hatte, vor ihr stand.
Max ließ sich durch so
kleinliche Anmerkungen nicht aus der Ruhe bringen: »Auf den Preis habe ich
nicht geachtet. Ich bin kurzsichtig.«
»Ich meine es ernst,
Max.«
»Das Honorar für den
Berliner Auftrag ist gekommen«, bestätigte Max ihre düstersten Befürchtungen.
»Den Rest habe ich mir von meinem alten Kumpel Jens Schumann geliehen. Der ist
grundpessimistisch und erwartet gar nicht, das Geld schnell zurückzubekommen.«
Kiki erwog kurz,
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