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Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben

Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben

Titel: Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Peetz
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ob
finanzielle Amokläufe einen Mord rechtfertigten.
    »Freust du dich
nicht?«, insistierte Max. In sein Lächeln schlich sich ein Hauch von
Enttäuschung.
    »Das Geld war für den
Ausbau der Scheune eingeplant.«
    Seit ihrer Eröffnung im
Jahr 1911 hatte die Schule als Versammlungsort für die Gemeinde gedient. Sie
wurde für Familienfeiern, Lesungen, Ausstellungen, Trauer- und Hochzeitsfeiern
genutzt. Bis die Wende kam und Schule und Dorf leer fegte. Der Plan war, in der
ausgebauten Scheune die untergegangenen Traditionen wieder aufleben zu lassen.
Ein lebendiges kulturelles Zentrum konnte dem Dorf, das seit der Schließung der
Schule in einen tiefen Dornröschenschlaf gefallen war, nur guttun.
    Max hatte seine eigene
Logik: »Du willst doch mit deinen Freundinnen den Garten anlegen. Mit dem
passenden Gerät geht das viel einfacher.«
    Vorsichtig entfernte er
die Weihnachtsdekoration: »Zu einer echten Landfrau gehört ein Traktor. Machen
wir eine Probefahrt?«
    Ohne die Antwort
abzuwarten, schaltete er den Motor an. Ihr nagelneuer Ferrari klang wie ein
Fischkutter, der vor der Küste herumschipperte. Mit verklärtem Blick thronte
Max auf dem Führerstand und ließ sich durchruckeln.
    »Du musst ihn
zurückbringen«, verlangte Kiki. »Sofort.«
    »Komm hoch«, forderte
Max sie auf. »Du musst den Motor spüren. Da wird einem ganz anders. Und nicht
von der Seite ans Lenkrad hängen. Dafür ist es nicht gemacht.«
    »Wir eröffnen in drei
Wochen. Das Geld fehlt an allen Ecken«, beklagte sich Kiki.
    »Der Traktor ist für
die schwere Arbeit, die ihr zu fünft nicht bewältigt.«
    Endlich begriff Kiki,
was wirklich gespielt wurde. Der Ferrari war kein verspätetes oder verfrühtes
Geburtstagsgeschenk. Die Maschine war eine Art Ablasszahlung dafür, dass Max
sie beim Garten nicht würde unterstützen können. Vor ihr stand kein Traktor,
sondern das Sinnbild für ihre angeschlagene Beziehung zu Max.
    »Du hast einen neuen
Auftrag in der Stadt angenommen«, sagte Kiki ihm auf den Kopf zu.
    Max redete sich nicht
mal raus: »Mein Vater hat mich gefragt, ob ich ihn bei dem Konzept für die
Neueinrichtung einer Steakhaus-Kette unterstütze.«
    »Und du beschließt
einfach, ohne mich zu fragen«, stellte Kiki nüchtern fest.
    »Es ist eine einmalige
Gelegenheit. Und Geld brauchen wir immer. Wie sollen wir sonst die Scheune
finanzieren?«
    Mit so viel fröhlicher
Maxlogik war selbst Kiki überfordert. Er hatte recht. Das Projekt Bed &
Breakfast hatte sich nicht so entwickelt wie erträumt. Der Finanzbedarf war so
hoch, dass Max jeden Auftrag, den er kriegen konnte, annehmen musste. Der
Aufbau Ost ruhte alleine auf ihren Schultern. Kiki war zur alleinerziehenden
Mutter geworden. Fast.
    »An Pfingsten bin ich
wieder bei euch«, versprach Max. »Es sind nur zehn Tage.«
    Kiki schluckte schwer.
Max war ein Chaot. Aber noch schlimmer, als mit ihm zusammen zu sein, war, ohne
ihn die Tage verbringen zu müssen.
    »Du wirst nicht mal
merken, dass ich weg bin. Wenn deine Freundinnen erst mal da sind…«
    Sie musste sich über
jeden Auftrag, der Geld in die klamme Kasse spülte, freuen. Trotzdem war Kiki
zum Heulen zumute. Sie ging Richtung Straße.
    »Wo willst du hin?«
    »Ich geh zum Laden«,
sagte Kiki. »Da gibt’s Orangenblütentee. Der soll beruhigen.«

9
    »Was ist das hier? Die
Camel Trophy?«, fluchte Estelle.
    Ihr Absatz bohrte sich
beim Aussteigen in den durchweichten, morastigen Boden. Feuchtigkeit sammelte
sich in ihren teuren Louboutins. Kalter Wind blies ihnen ins Gesicht. Über dem
Feld, auf dem sie gestrandet waren, senkte sich langsam die Dämmerung. Ein
Raubvogel auf der Suche nach leichter Beute kreiste über ihren Köpfen. Weit und
breit keine Menschenseele, die ihnen helfen konnte.
    »Wir rufen den ADAC «, meinte Caroline und tippte auf ihrem Handy herum, nur
um festzustellen, dass sie nicht nur im Schlamm, sondern auch im Funkloch
feststeckten. Die Karre saß im Dreck.
    »Ihr schiebt. Ich gebe
Gas«, beschied Caroline und nahm wieder hinter dem Steuer Platz. Sie war wild
entschlossen, sich aus ihrer verzweifelten Lage zu befreien, bevor Hase und
Igel sich auf der Wiese Gute Nacht sagten.
    Die Musik aus dem
Autoradio dröhnte. Judith, Eva und Estelle versuchten das Auto durch Schaukeln
frei zu bekommen. Vorsichtig drückte Caroline das Gaspedal nach unten. Die
Reifen drehten durch, es roch nach angesengtem Gummi, Matsch wirbelte in alle
Richtungen. Die Fußmatte, die Caroline vor die Vorderreifen gelegt

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