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Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben

Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben

Titel: Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Peetz
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von der
Terrasse. Caroline erhob sich schlaftrunken. Sie musste wohl eingenickt sein.
Dabei hatte sie sich nur einen Moment ausruhen wollen. Aus ihrem Fenster konnte
sie sehen, dass die Freundinnen sich rund um das abendliche Feuer versammelt
hatten. Ingrid war zu Besuch gekommen. Und Steiner. Er war der einzige Grund,
dass sie sich noch einmal aufraffte.
    Nach dem anstrengenden
Tag hatten die Dienstagsfrauen den schlecht sortierten Weinkeller von Kiki
geplündert und wärmten sich nun an den heimelig knisternden Flammen. Die Wangen
der Freundinnen waren von Wind und Wetter gerötet, ihre Augen glänzten durch
den beißenden Rauch des Feuers. Körperliche Arbeit waren sie alle nicht
gewöhnt. Ebenso wenig die Mengen Rotwein, die geflossen waren, seit Caroline
sich hingelegt hatte.
    »Wir spielen Werwolf«,
informierte Judith sie mit vielsagendem Unterton. »Ich war natürlich als Erste
tot«, ergänzte Eva aufgekratzt. »Und er ist schuld.« Sie wies auf Steiner.
    »Ich schleiche mich
nachts aus dem Hinterhalt heran und reiße meine Opfer«, erklärte er trocken.
    In Carolines jungen
Jahren wurden am Lagerfeuer Gruselgeschichten erzählt und Apfelkorn getrunken.
Jetzt waren also die Werwölfe dran. Caroline dachte an Judiths merkwürdigen
Traum, in dem sie Steiner als Werwolf gesehen hatte. Vielleicht war an Judiths
Befähigung zum Medium doch was dran? Oder war das alles Zufall?
    Estelle klopfte neben
sich auf den Baumstamm, um Caroline zur Teilnahme zu ermuntern: »Man bekommt
bei diesem Spiel jede Menge Anregungen, wie man unliebsame Zeitgenossen
erledigt«, versprach sie.
    Caroline war noch nie
jemand gewesen, der sich begeistert in eine Partie Mensch
ärgere dich nicht oder Monopoly warf oder gar
mimische Verrenkungen bei Scharade genoss. Sie war
nicht besonders gut darin, sich für jemand anderen auszugeben. Ihre Freundinnen
hatten da weniger Mühe. Eva gab heute den Teenie, der um jeden Preis auffallen
wollte. Sie lachte zu laut, gestikulierte zu heftig und kringelte ihre Haare um
den Zeigefinger. Caroline kannte Eva seit vielen Jahren. Besonders eitel war
sie nie gewesen. Heute Abend hatte sie Lippenstift aufgelegt und viel Zeit für
die Frisur aufgewandt. Trotz der kühlen Temperaturen hatte sie fürs Lagerfeuer
ein dekolletiertes Sommerkleid gewählt.
    »Ich habe vollkommen
falsch eingepackt«, entschuldigte sich Eva auf Carolines kritischen Blick hin.
»Ich war nicht bei Sinnen.«
    Caroline fragte sich,
ob sie das jetzt wohl war.
    »Wir spielen noch eine
Runde mit Caroline«, bestimmte Kiki und nahm ihr damit die Entscheidung ab.
    Caroline erinnerte sich
an die Fußballcamps ihres Sohns Vincent, wo die mitgereisten Eltern sich an
ähnlichen Lagerfeuern dazu hinreißen ließen, bei Dosenbier und Grillwürstchen
fröhlich Lieder von Wolfgang Petry und Andrea Berg in den Nachthimmel zu
schmettern. Unwillkürlich fiel ihr der kleine Fußballer wieder ein, der ihr den
Ball an den Kopf geschossen hatte. Er gehörte demselben Verein an. Abschalten
von zu Hause blieb für Caroline eine Herausforderung. Vor allem mit Steiner am
Lagerfeuer.
    »Caroline kennt sich
mit Kapitalverbrechen aus. Die überführt jeden Übeltäter«, versprach Judith mit
festem Blick Richtung Steiner. Sie zog die Freundin auf den Platz neben sich.
    Die Spielregeln waren
einfach: Jeder Teilnehmer bekam eine Spielkarte, die er so versteckt wie
möglich zur Kenntnis nehmen musste. Es gab harmlose Bürgerkarten und eine, die
den mordenden Werwolf darstellte. Ziel des Spiels war herauszufinden, wer die
Rolle des Bösen innehatte. Je schneller, desto besser, denn in jeder Spielrunde
bekam der Werwolf Gelegenheit, heimlich einen unliebsamen Spieler als nächstes
Opfer anzuzeigen. Caroline begriff, dass es schon bei der Kartenverteilung
wichtig war, den potenziellen Gegner im Auge zu haben. Jede Regung, jedes Blinzeln,
jede spontane Bemerkung konnte ein Hinweis darauf sein, wem die Rolle des
mordenden Ungeheuers zugeteilt worden war. Die Karten wurden ausgeteilt.
    »Weiß jeder, was er in
dieser Runde ist?«, fragte Ingrid. Die exzentrische Künstlerin war in die Rolle
der Spielleiterin geschlüpft. Ihre Aufgabe war, die Runden zu moderieren und
die wortlosen Anweisungen des Werwolfs umzusetzen. »Es wird Nacht in Birkow.
Schließt die Augen«, forderte sie die Mitspieler auf.
    Ingrid kostete ihre
Rolle als Erzählerin aus. Ihr Ton wurde dramatisch: »Die Einwohner von Birkow
ruhen ahnungslos in ihren Betten. Und wie jede Nacht macht ein Werwolf

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