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Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben

Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben

Titel: Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Peetz
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und ob er jeden Samstag seine Mutter anrief? Was kümmerte sie
Carolines Kreuzzug gegen ihn? Für sie war es egal, woher Steiner kam und wohin
er ging. Es genügte ihr vollkommen, mit ihm gemeinsam unter einem Regenschirm
zu sitzen, auf dem Plättlinsee zu schaukeln und zu beobachten, wie die
Regentropfen auf die Wasseroberfläche einschlugen und Millionen kleiner Krater
bildeten. Sie hoffte, die Zeit würde anhalten. Wenigstens eine Stunde lang.

42
    Gummistiefelwetter. Mal
wieder. Es goss in Strömen. Auf dem Parkplatz von OBI bildeten sich in Rekordgeschwindigkeit Pfützen enormen Ausmaßes. Hektisch
suchte Estelle mit Caroline und Kiki Zuflucht unter den Sonnenschirmen von Edos Fischkiste . Judith sprach noch mit Peggy. Unter vier
Augen.
    Der Imbiss lag
strategisch günstig an der Warenausgabe von OBI s
Gartenparadies. Hier konnten die Dienstagsfrauen sich bei Fischbrötchen,
geräucherter Makrele, gebratener Ostseeflunder und Scholle mit Kartoffelsalat
die Wartezeit bis zur Warenausgabe vertreiben und die Niederlage verdauen. Die
Demütigung an der Kasse saß tief bei Estelle.
    »Ich war arm, und ich
war reich. Reich gefällt mir besser«, gab sie unumwunden zu.
    Kiki, Expertin für
finanzielle Engpässe, versuchte zu trösten. »Ach, was ist schon…«, hob sie an.
    Estelle unterbrach sie
sofort: »Geld macht nicht glücklich, bla bla bla. Aber Glück ist nicht alles,
und gesund bin ich auch schon.«
    Estelle machte sich
keine Illusionen, dass das Nichtfunktionieren ihrer Karten Zufall war. Es sei
denn, der Zufall führte neuerdings den Namen Sabine. Und das war nur die
positivste aller möglichen Varianten. Hatte Estelle sich nicht immer gewundert,
dass die Finanzkrise so spurlos an ihrem Apothekenkönig vorübergegangen war?
Sie wünschte sich, sie könnte ihn in Tirol erreichen. Aber hoch in den Bergen
gab es keinen Empfang. So viel stand fest.
    »Im Dorf nebenan gibt
es eine Filiale unserer Bank. Die stehen nicht unter der Fuchtel von Sabine wie
die Kölner und geben mir sicher Auskunft«, überlegte sie laut.
    Estelle wollte sicher
sein, den Verursacher des Problems zu kennen, bevor sie reagierte. Das dumme
Gefühl in ihrem Magen, dass das Leben, das sie bislang kannte, zu Ende ging,
schob sie beiseite. Das musste Hunger sein, sagte sie sich und bestellte am
Fischstand Scholle.
    »Wer weiß, vielleicht
hat Arthur eine Neue. Eine noch jüngere Frau Heinemann«, flüsterte Caroline und
erntete dafür einen bösen Blick von Kiki.
    »Nicht Arthur.
Niemals«, hielt Kiki dagegen. Dabei hatte das Leben längst bewiesen, dass
Ehebruch in den besten Familien vorkam. Selbst in denen der Dienstagsfrauen.
    Estelle hörte weg.
Jahrzehnte hatte sie sich eingebildet, dass sie ihr Leben besser im Griff hatte
als ihre Freundinnen. Anders als diese war sie in den letzten Jahren von
Schicksalsschlägen weitgehend verschont geblieben. Estelle war dem Irrtum
erlegen, dass dies ihr persönliches Verdienst sei. Gedankenverloren starrte sie
auf die Scholle auf ihrem Teller und erinnerte sich an einen der Naturfilme,
die Arthur so gerne sah: Schollen waren gekonnte Überwachungskünstler. Sie
konnten ihre Augen unabhängig voneinander bewegen und suchten unentwegt ihre
Umgebung nach verdächtigen Bewegungen ab. Das eine Auge blickte nach vorne, das
andere inspizierte die Situation im Rücken. Bei Gefahr konnten die Fische sich
flach machen oder in den Sand einbuddeln. Schollen waren paranoide Kontrollfreaks.
Trotzdem badete diese Scholle statt in der Ostsee in Remoulade. Estelle konnte
sich mit dem armen Tier identifizieren: Irgendwo hatten sie beide etwas
übersehen.
    Das große Rolltor,
rückwärtiger Eingang zum Gartencenter, bewegte sich. Judith hatte sich Peggy
angeschlossen, die sich höchstpersönlich davon überzeugen wollte, dass die
erworbenen Waren ordnungsgemäß ausgeliefert wurden.
    Nachdem Caroline sich
bereit erklärt hatte, den geschuldeten Betrag auszulegen, hatte Peggy sich
ausgesprochen kooperativ gezeigt und einen Angestellten angewiesen, ihre
Einkäufe in einen Anhänger zu laden. Normalerweise eine kostenpflichtige
Dienstleistung, aber für die Dienstagsfrauen machte sie heute eine Ausnahme.
    »Was hast du mit ihr
angestellt?«, raunte Kiki ihrer Freundin Judith zu, die sich für zwanzig
Minuten mit Peggy Schwarzer zurückgezogen hatte, während die Freundinnen schon
mal bei der Fischkiste ihre Bestellungen aufgaben.
»Peggy war noch nie freundlich. Zu niemandem.«
    »Ich erzähle ihr genau
das, was sie

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