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Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben

Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben

Titel: Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Peetz
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hessischer Schulmeister im Schwimmen«, trumpfte Nora auf. »Mit fünfzehn.«
    »Lenny Fischer ist
Jahrgang ‘78«, stellte Caroline ratlos fest. Wie konnte das eine mit dem
anderen zusammenhängen?
    Nora redete einfach
weiter: Ȇber die Meisterschaft bin ich bei seiner Schule und dann bei seinen
Großeltern gelandet. Sein Großvater, Theodor W.   Steiner, war Landpfarrer im Sauerland.«
    Nora ersparte ihrer
Vorgesetzten kein einziges Detail. Sie legte Wert darauf, dass Caroline ihren
verschlungenen Weg durch die Weiten des Netzes nachvollziehen und würdigen
konnte. Caroline fragte sich verzweifelt, wie lange es dauern würde, bis Nora
auf den Punkt kam. Sie machte wie immer eine Riesenwelle.
    »Aber er war nicht nur
Pfarrer. Er war auch Vogelkundler. Über Jahre hat er am Möhnesee den kompletten
Vogelbestand dokumentiert.«
    »Und Lenny Fischer?«,
erkundigte Caroline sich ungeduldig. Einem zweiten ornithologischen Vortrag
fühlte sie sich nicht gewachsen.
    »Fehlanzeige«, gab Nora
zu. »Ich habe alle Akten durchforstet. Es gibt in der Schwimmbadsache niemanden
mit dem Namen Steiner. Keinen Zeugen, keinen Anwalt, keinen Sachverständigen.
Nicht mal der Taxifahrer, der sie morgens ins Gericht gebracht hat, heißt
Steiner. Aber Sie müssen sich die Website von Theodor Steiner anschauen. Keine
Ahnung, was der genommen hat. Der war besessen von Vögeln.«
    Caroline war überzeugt
davon, dass Nora die richtige Familie ausfindig gemacht hatte. Ebenso sicher
war sie, dass diese Informationen keinerlei Bezug zu den Drohanrufen hatten.
»Ist das alles?«, fragte sie entsetzt.
    »Das Beste kommt ja
noch«, herrschte Nora sie an.
    Caroline nahm sich vor,
ihre Angestellte nicht mehr zu unterbrechen. Vielleicht beschleunigte das den
Vorgang.
    »Die Website zu Theodor
Steiner wird von der Urenkelin gepflegt. Alissa Steiner. Steiners Tochter. Und
die habe ich einfach angerufen.«
    »Sie sollten doch
diskret vorgehen«, platzte Caroline hervor.
    »Bin ich«, entgegnete
Nora stolz. »Ich habe behauptet, ich drehe fürs Fernsehen einen Film über den
Möhnesee.«
    Caroline war baff, wie
gut Nora lügen konnte. Sie hatte ihre falsche Identität bis ins kleinste Detail
ausgearbeitet. Nora erzählte stolz, dass sie einen Auftraggeber erfunden hatte,
einen lästigen Kameramann und eine komplette Vita. »Ich habe mir sogar
ausgedacht, wie schwierig es war, den Film zu finanzieren, bevor ich angerufen
habe«, lobte Nora sich selber.
    Caroline war
beeindruckt. Steiners Tochter hatte bereitwillig Auskunft gegeben und versprochen,
Material über Urgroßvater Theodor zu besorgen. Bloß brauche das Zeit. Der
gesamte Haushalt ihres Vaters, in dessen Besitz sich das Erbe des Vogelkundlers
befand, sei in einem Self-Storage-Lager untergebracht. Steiner hatte offenbar
keinen festen Wohnsitz. Er lebte aus dem Koffer und reiste mit einem Mietwagen
herum. Das war die Gegenwart, seine Vergangenheit hatte er in einem Lagerraum
konserviert.
    »Und dann kam es«, ging
Nora zum Höhepunkt ihres Berichtes über. »Ich frage sie also, wie und wo ich
ihren Vater erreichen kann.« Nora legte wieder eine ihrer berühmten Kunstpausen
ein. »Und dann war es aus«, ließ sie die Katze aus dem Sack.
    »Was war aus?«, fragte
Caroline ratlos.
    »Das Gespräch«,
erklärte Nora.
    »Weil Sie nach einer
Kontaktnummer gefragt haben?«, wunderte sich Caroline.
    »Als ich direkt nach
Thomas Steiner fragte, wusste sie sofort, dass das mit dem Film eine Finte war.
Er redet nicht mit der Presse, hat sie gesagt und aufgelegt. Der Herr hat was
zu verbergen. Ganz sicher.«
    »Was für eine merkwürdige
Reaktion«, befand Caroline.
    Doch Nora war noch
nicht am Ende ihres Berichts. »Morgen bekomme ich Auskunft aus Frankfurt. Da
war er zuletzt gemeldet.«
    »Gut gemacht«, lobte
Caroline. »Rufen Sie mich an, wenn Sie mehr haben.«
    Steiners Biografie gewann
Konturen. Er hatte Angehörige, eine sportliche und familiäre Vergangenheit.
Neugierig tippte sie am Computer den Namen von Steiners Tochter ein: Alissa.
Anders als der verschwiegene Vater hatte die junge Frau ihr halbes Leben online
gestellt. Bei Facebook konnte man nachlesen, dass sie in Frankfurt geboren war,
welche Schulen sie besucht und welche Studien sie abgebrochen hatte und dass
sie jetzt Onlinekonzepte für Werbeagenturen entwickelte. Auf dem Profilfoto
posierte sie als frischgebackene Braut samt Bräutigam. Ein Link führte weiter
zu ihrem YouTube-Kanal. Jeder, der zufällig oder absichtsvoll

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