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Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)

Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)

Titel: Die Differenzmaschine: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson , Bruce Sterling
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bloßstellen. Charles ist nicht der Einzige, den ich fürchten muss, wie Sie selbst gesagt haben. Vergessen Sie nicht, dass ich in jener Nacht dort war, in Grand’s Hotel; ich weiß, wie lang der Arm der Rache sein kann.«
    »Ich habe nicht vorgeschlagen, dass Sie ihn öffentlich anklagen. Erpressung wird genügen.«
    Ihr Blick wurde geistesabwesend, als ginge sie die fernen Wege der Erinnerung. »Sie waren so eng befreundet, Charles und mein Vater, so schien es mir jedenfalls … Vielleicht, wenn es anders gekommen wäre …«
    »Egremont lebt jeden Tag mit diesem Verrat. Es ist der Entzündungsherd ständiger Gereiztheit und Erbitterung, um den seine moralisch verkommene Politik sich hat bilden können. Ihr Telegramm weckte sein Schuldgefühl und seine Angst, dass die frühen Ludditen-Sympathien enthüllt werden könnten. Nun möchte er die Bestie zähmen, politischen Terror zu seinem ständigen Verbündeten machen. Aber Sie und ich stehen ihm im Weg.«
    Die blauen Augen waren seltsam ruhig. »Ich finde, dass ich Ihnen gern glauben möchte, Mr. Oliphant.«
    »Ich werde für Ihre Sicherheit sorgen«, sagte Oliphant, ziemlich erstaunt über seine eigene Eindringlichkeit. »Solange Sie in Frankreich zu bleiben wünschen, werden Sie unter dem Schutz mächtiger Freunde stehen, Kollegen von mir, Agenten des kaiserlichen Hofes. Eine Droschke erwartet uns, und ein Stenograf, um die Einzelheiten Ihres Zeugnisses aufzunehmen.«
    Mit einem gequälten Pfeifen komprimierter Luft wurde im rückwärtigen Teil des Cafés ein kleines Panmelodium in Betrieb genommen. Oliphant wandte sich um und sah den mouchard Beraud, der inmitten einer Gruppe schwatzender kinotropistes eine holländische Tonpfeife rauchte.
    »Madame Tournachon«, sagte er und erhob sich, »darf ich Ihnen meinen Arm anbieten?«
    »Er ist verheilt, nicht wahr?« Sie erhob sich.
    »Ganz und gar«, sagte Oliphant, und er erinnerte sich des Blitzschlags, mit dem das Samuraischwert ihn in Edo getroffen hatte. Er hatte versucht, sich den Kerl mit einer Reitgerte vom Leib zu halten.
    Als die maschinenbetriebene Musik des Panmelodiums eine Fortsetzung des Gesprächs im Café unmöglich machte, nahm sie seinen Arm.
    Von der Straße kam ein Mädchen hereingeplatzt, die nackten Brüste grün gefärbt. Um ihre Mitte waren Palmwedel aus Kupferfolie drapiert. Ihr folgten zwei junge Männer in ähnlichem Aufzug, und Oliphant fühlte sich völlig desorientiert.
    »Kommen Sie also«, sagte Sybil. »Wissen Sie nicht, dass es Kunststudenten sind, die auf einem Ball waren? Wir sind nicht weit vom Montmartre, verstehen Sie, und die Kunststudenten haben hier die schönste und verrückteste Zeit ihres Lebens.«
    Oliphant hatte mit dem Gedanken gespielt, Charles Egremont persönlich eine Abschrift von Sybil Gerards Zeugenaussage zu übergeben. Doch bei seiner Rückkehr nach England überkamen ihn vorübergehend die Symptome fortgeschrittener Syphilis – die Dr. McNeile unrichtig als Rückenleiden diagnostiziert hatte, hervorgerufen durch zu viele Fahrten mit der Eisenbahn. Getarnt als Handelsreisender aus dem Elsass, der Heimat von Monsieur Arslau, nahm Oliphant Quartier in Brightons hydropathischem Heilbad, um eine Wasserkur anzutreten und eine Anzahl Telegramme abzusenden.
    Mori Arinori trifft um Viertel nach vier mit einem neuen Zephyr- Dampfwagen, den er in einer Garage in Camden Town gemietet hat, in Belgravia ein, gerade als Charles Egremont die Fahrt zum Parlament antritt, wo er eine sehr wichtige Rede halten wird.
    Egremonts Leibwächter, abgeordnet von der Abteilung für Kriminalanthropometrie, einen Maschinenkarabiner unter dem Mantel, sieht Mori aus dem Zephyr klettern, eine kleine Gestalt im Abendanzug.
    Mori marschiert durch den frisch gefallenen Schnee; seine Stiefel hinterlassen vollkommene Abdrücke auf dem schwarzen Makadam.
    »Für Sie, Sir«, sagt Mori und verbeugt sich, überreicht Egremont den festen Manilaumschlag. »Einen schönen guten Tag, Sir.« Dann legt er eine runde Schutzbrille mit einem Elastikband an und kehrt zurück zu seinem Zephyr .
    »Was für eine außergewöhnliche kleine Persönlichkeit«, sagt Egremont; sein Blick wendet sich von Mori ab und richtet sich auf den Umschlag. »Man hat noch nie einen Chinesen in solcher Aufmachung gesehen …«

MODUS
    Die Bilder
tabellarisch

Die Sprache der Zeichen
    Die kreisförmige Anordnung der Achsen der Differenz maschine um große zentrale Räder eröffnet die weitläufigsten Perspektiven. Die gesamte

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