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Die digitale Gesellschaft - Lüke, F: Die digitale Gesellschaft

Die digitale Gesellschaft - Lüke, F: Die digitale Gesellschaft

Titel: Die digitale Gesellschaft - Lüke, F: Die digitale Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Falk;Beckedahl Lüke
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mitlasen oder sogar per »großem Lauschangriff« die Wohnräume Verdächtigter überwachten? Ist es nicht im Sinne der Allgemeinheit, dass der Staat als Hüter von Recht und Ordnung zum Wohle aller agiert und feststellt, ob ein Verdacht begründet ist? Sind nicht Polizisten, Staatsanwälte und Richter sorgfältig ihren Dienst tuende Beamte? Die doch nur unser aller Bestes wollen?
    Tatsächlich handelt es sich bei der Frage, wie weit der Staat in das Leben seiner Bürger eindringen kann, um eine der Grundfragen demokratischer Verfasstheit. Frühe Demokratietheoretiker gingen davon aus, dass wir als Bürger eines Staates diesem nicht nur das Gewaltmonopol übertragen, sondern dass ebensolcher eben dieses auch gewissenhaft ausüben würde. Nur hat uns die Geschichte eines Besseren belehrt. Daher heißt es im Grundgesetz: »Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.« Dieses an exponierter Stelle formulierte Misstrauen geht auf die Erfahrungen der Weimarer Republik zurück, als die demokratische Verfasstheit als solche nicht garantiert werden konnte, sondern von links und kurz darauf insbesondere von rechts erst in Bedrängnis kam und ab 1933 dann beseitigt wurde. Der Staatsapparat und seine Mitarbeiter waren nur zum kleinen Teil Opfer dieser Entwicklung: Ein großer Teil der Polizisten, Staatsanwälte und Richter waren weiterhin sorgfältig ihren Dienst tuende Beamte. Nur die Regeln hatten sich verändert, aber nicht auf demokratische Art. Ob Recht, ob Unrecht, vielen war beides recht.
    Aber Weimar ist so lange her. Sind wir nicht eine gefestigte Demokratie? Für den Moment scheint es so   – doch wer garantiert dafür, dass dies auch morgen noch so ist? Und wenn es auch in einer gefestigten Demokratie Politiker gibt, die so gar keine Ahnung von Auswirkungen ihres Tuns haben, ist dann nicht auch ohne Weimarer Verhältnisse ein gesundes Misstrauen höchst berechtigt, wenn dem Staat Eingriffe in die persönlichen Freiheitsrechte erlaubt werden sollen? Schließlich waren es umfassend unser Vertrauen verdienende oberste Richter, die genehmigt haben, dass Quellenkommunikationsüberwachung mit verfassungsrechtlich höchst bedenklicher Software genehmigtwurde. Es waren Polizeibedienstete und die Staatsanwälte, die dies beantragt haben. Es sind die Ermittlungsbehörden, die uns Bürgern ihre Wünsche regelmäßig vortragen, nicht ohne stetig auf mangelhafte rechtliche Möglichkeiten hinzuweisen und dabei alle Bedenken zu ignorieren. Blindes Vertrauen in die Unfehlbarkeit staatlicher Gewalt ist fahrlässig und undemokratisch.
    Technisch sind nicht nur für die Bürger, sondern auch für den Staat heute Dinge möglich, die man in der ersten Hälfte des 20.   Jahrhunderts für reine Science-Fiction gehalten hätte. Zum Mars und zu Alpha Centauri reisen wir immer noch nicht. Aber wir haben Geräte, mit denen digital aufgezeichnet wird, mit wem wir wann wie und über was kommuniziert haben, die wir fast stets mit uns tragen und die deshalb auch Auskunft darüber geben können, wo wir uns aufgehalten haben. Dass solche technischen Möglichkeiten alle auf den Plan rufen, die mit Sicherheit zu tun haben und Sicherheit haben wollen, das ist nicht überraschend.
    Man kann zum Beispiel gezielt im Datenverkehr der Internetaustauschpunkte nach bestimmten Schlüsselbegriffen oder Abfragen bestimmter Seiten suchen lassen und dies mit einem Alarm verknüpfen, der einen Polizisten zu einer näheren Untersuchung veranlasst. Klingt doch super, oder? Diktaturen jeder Couleur importieren solche Systeme und nutzen diese. Natürlich muss man hoffen, dass in einer so gefestigten Demokratie wie der unsrigen kein Schindluder mit solchen Dingen getrieben wird. Nur verstößt das alles gegen einen Grundsatz, den wir mit unserer Republik eigentlich behüten wollen: Den Staat geht das Leben, on- wie offline, seiner Bürger grundsätzlich nichts an. Erst dann, wenn Bürger etwas tun   – und das Benutzen von Schlüsselworten oder das Abrufen von Seiten ist höchstens eine Vorstufe dazu   –, etwas aktiv planen, was anderen Schaden zufügen könnte, erst dann soll und darf dieser Staat die Mitbürger vor diesen Menschen in Schutz nehmen. Er muss entsprechend von solchen Mitteln absehen, die in unser aller Leben und Tun verdachtsunabhängig eingreifen und ihn aus Prinzip nichts angehen.
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    Das Thema Datenschutz klingt oft unglaublich unsexy und langweilig. Es wimmelt von technischen und juristischen Begrifflichkeiten, die oft unglaublich

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