Die digitale Gesellschaft - Lüke, F: Die digitale Gesellschaft
half, stand schnell vor Problemen. Zwar gab es zahlreiche Community-Webseiten im Netz, aber nicht jeder versteht seinen eigenen Computer als Bastelmaschine, in die man sich so lange hineindenkt, bis man alles verstanden hat. Linux wurde erst einmal keine Massenware. Freie Software sollte auf anderen Wegen populär werden. Und der wohl wichtigste Geburtshelfer war überraschenderweise Microsoft.
Wer Mitte der 1990er Jahre im Internet unterwegs war, nutzte vor allem einen Browser zum Betrachten von WW W-Seiten : Netscape. Die Software wurde von dem gleichnamigen Unternehmen entwickelt, der Mitgründer Marc Andreessen hatte bereits Mosaic mitentwickelt, den allerersten Webbrowser, der eine grafische Benutzeroberfläche hatte und somit nicht nur über die Tastatur bedient werden musste. Netscape war unglaublich erfolgreich. Fast jeder im Internet benutzte die Produkte der Firma. So lange, bis Microsoft erkannte, dass das Internet nicht mehr weggeht. Und was macht eine Firma, die auf dem Großteil der Computer dieser Welt zuhause ist? Sie nutzt ihre Marktposition aus. Microsoft ließ mit dem »Internet Explorer« einen eigenen Browser entwickeln und lieferte diesen standardmäßig mit dem Betriebssystem Windows aus. Warum hätten die Menschen sich nun noch einen anderen Browser installieren sollen? Was folgte,war der sogenannte »Browser-Krieg«, in dem Netscape gegen die Marktmacht Microsofts schlechte Karten hatte. Aber für den Erfolg freier Software sollte dies ein Glücksfall werden.
1998 entschloss sich Netscape, den Quellcode des Browsers offenzulegen und als Mozilla unter einer freien Lizenz neu zu platzieren. Dazu wurde die Mozilla Foundation als nicht-kommerzielle Stiftung gegründet, die fortan für die Weiterentwicklung zuständig war. Es folgten mehrere Jahre offener Entwicklung, bis die Version 1.0 im Jahr 2002 erschien. Damals noch als ganze Programm-Suite inklusive Mailprogramm und anderen Hilfswerkzeugen. Das Softwarepaket wurde aber zu groß. Ein Jahr später spaltete die Mozilla Foundation die Suite in einzelne Pakete auf und es entstanden mehrere Projekte, die seitdem viele Rechner auf der Welt erobert haben: Der Browser Firefox und das E-Mail -Programm Thunderbird.
Firefox überzeugte die Nutzer durch seine Qualität: Die Entwicklergemeinde besserte Fehler im Programm schnell aus, weil jeder sich anschauen konnte, wo die Probleme lagen. Anders als bei Microsofts Internet Explorer war der Firefox-Browser schnell dabei, wenn es darum ging, Sicherheitslücken zu schließen. Und auch Erweiterungen für das Programm waren einfacher zu schreiben: Es war ja gut dokumentiert, was wie funktioniert. Firefox hatte im September 2011 einen Marktanteil von fast 50 Prozent in Deutschland, weit vor dem Internet Explorer.
Tatsächlich ist Firefox das Vorzeigeprodukt der Freie-Software-Landschaft. Es kostet die Nutzer nichts, wird von einer großen Zahl an Entwicklern schnell und regelmäßig weiterentwickelt und die federführende Mozilla Foundation legt großen Wert darauf, dass es gut zu benutzen ist. Das hat es zu einem Erfolg gemacht, der dem Betriebssystem Linux bislang nicht vergönnt war: noch zu technisch, zu wenig Anwendungen, zu wenig Unterstützung verschiedener Hardware. Aber in bestimmten Bereichen ist freie Software auf dem Vormarsch.
Und das liegt an dem grundsätzlichen Mangel proprietärer Programme: Niemand außer dem Hersteller weiß, was sich unter der Motorhaube verbirgt. Das ist sowohl für Firmen als auch für Regierungen nicht nur ein Ärgernis, sondern tatsächlich auch ein Sicherheitsrisiko. Denn wenn jemand eine Sicherheitslücke in dieser Software findet, kann diese nur vom Hersteller beseitigtwerden. Und nur dann, wenn dieser dazu gerade Lust hat. Hinzu kommt das Problem, dass man an den einen Hersteller gebunden ist: Was passiert, wenn Microsoft – was nicht zu erwarten steht, aber immer mitgedacht werden sollte – eines Tages pleitegehen sollte? Ist es wirklich klug, sich von einem einzigen Anbieter in der Welt so abhängig zu machen, wie dies heutzutage geschieht? Ganz abgesehen von dem kleinen Problem, dass dieser dazu auch noch die Preise für seine Produkte so festlegen kann, wie es ihm beliebt – und alle Kunden diese dann bezahlen müssen. Es ist kein Wunder, dass die Microsoft-Firmengründer Bill Gates und Paul Allen zu den reichsten Menschen der Welt gehören.
Es gibt Länder, die sich proprietäre Software in ihren Verwaltungen weder leisten wollen noch dies
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