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Die digitale Gesellschaft - Lüke, F: Die digitale Gesellschaft

Die digitale Gesellschaft - Lüke, F: Die digitale Gesellschaft

Titel: Die digitale Gesellschaft - Lüke, F: Die digitale Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Falk;Beckedahl Lüke
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möglichst versucht, ganze Alben zu verkaufen. Das hieß, man bekam die zwei Lieder, die man wirklich wollte. Und bezahlte aber noch weitere vielleicht interessante, oft aber auch viele schlechte Songs, die man mitgeliefert bekam. Außerdem bekam man natürlich noch die Cover. Manche davon wurden sogar zum Kult, wie die Cover-Beatles auf der Abbey Road oder das 1991 erschienene Cover mit einem schwimmenden, nackten Baby des Nevermind-Albums der Grunge-Band Nirvana. Mit der Musik selbst hatte das nichts zu tun. Doch Napster sprach die Rosinenpicker an, diejenigen, denen es nur um die Musik ging. Damit war auch die Verkaufsidee, dass ein Album zusammen mit dem Cover-Artwork, also der Kunst auf der Hülle, und dem Begleitheft, dem Booklet, ein Gesamtkunstwerk bildet, was sich die Hersteller auch kräftig bezahlen ließen, passé.
    Für die Nutzer waren es fantastische Zeiten: Alles für alle, und das umsonst. Napster und seine Verwandten wurden immer besser, AudioGalaxy ermöglichte seinen Nutzern sogar einen ganz besonderen Service: Die gesamte Audioverwaltung war auch über den Webbrowser möglich. Also konnte man überall, wo es Internet gab, »herunterladen« sagen, und wenn man zu seinem Rechner kam, waren die meisten Lieder bereits da. Doch auch diese Tauschbörsen hatten einen großen Nachteil: Sie waren im Kern angreifbar, da sie über zentrale Rechner ihren Index der Musikstücke verwalteten. Als die Musikindustrie bemerkte, was da im Internet vor sich ging und wie sich die Nutzer über ihre neugewonnenen Möglichkeiten freuten, nahm sie Shawn Fanning und seine Firma Napster ins Visier.
    Napster war das erste, aber nicht das letzte Opfer in diesem Kampf gegen das Internet. Die Musikwirtschaft war der erbittertste Gegner des Netzes: mit allerlei Einflussnahme auf die Politik, immer wieder neuen Wünschen und teils absurden Zahlenspielen über die Verluste ihrer Branche durch die bösen Raubkopierer. Jeder Download, hochgerechnet aus Stichproben, sei mit einem nicht bezahlten Song gleichzusetzen. Als ob jedesaus dem Netz gesaugte Lied ansonsten gekauft worden wäre. Mit dieser Logik kam die eindrucksvolle Zahl von 1,4   Milliarden Euro Verlust zustande, mit der der Politik von der europäischen Musikindustrie im Juli 2000 dringender Handlungsbedarf signalisiert wurde. Tatsächlich waren die Verluste deutlich geringer.
    Unstrittig hatte die Musikindustrie Einbußen. Woher sie kamen, steht jedoch auf einem anderen Blatt. Die Wirkung eines historisch einmaligen Effekts war abgeklungen. Er hatte ebenfalls mit einem Trägermedium zu tun. Nach der Einführung der CD konnte man den Menschen genau die gleiche Musik, die sie schon auf einer Vinyl-Schallplatte gekauft hatten, noch einmal verkaufen. Das hatte der Musikwirtschaft zwar hohe Einkünfte garantiert, aber in einem überschaubaren Zeitraum.
    Man hätte denken können, dass die Plattenlabels Napster, Kazaa, Gnutella und die anderen Tauschbörsen als Herausforderung begreifen und selbst Angebote im Netz machen würden. Doch die Manager in den Chefetagen der Labels waren vor allem eines: ignorant. Statt mit eigenen, innovativen Konzepten an einer Zukunft ihrer Branche in der digitalen Gesellschaft zu arbeiten, setzten sie auf andere Wege: technische und juristische Bekämpfung jedweder Weitergabe. Und das auch auf Kosten des Nutzerkomforts.
    Nun hatten die Nutzer zwei Möglichkeiten: Entweder kauften sie eine Musikdatei auf einer der wenigen von den Musiklabels mit den notwendigen Urheberrechtslizenzen ausgestatteten Plattformen. Dort bezahlten sie aber für Dateien, die mit Kopierschutzsystemen ausgestattet waren, daher nur auf wenigen Geräten problemlos liefen und bei denen es fraglich war, ob man sie dauerhaft hören konnte. Man bekam auch nur wenige Songs auf diesem Weg. Manche Labels wollten lange Zeit überhaupt keine Musik als Dateien vertreiben. Oder aber die Nutzer pfiffen auf die Musikindustrie und verstießen gegen das Urheberrecht. Dafür bekamen sie alle möglichen Songs, ohne dass sie sich Gedanken darüber machen mussten, ob die auch auf dem MP 3-Player liefen oder auf dem nächsten Computer noch zu hören waren. Und hatten dann ein schlechtes Gewissen deshalb, weil der Künstler kein Geld dafür sah, der im Zweifel ohnehin einen schlechten Vertrag mit dem Plattenlabel hatte. Das etwa war die Entscheidungssituation, vor der die Nutzer standen. Und diemeisten entschieden sich vorerst dafür, das eher geringe Risiko rechtlichen Ärgers mit den

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