Die digitale Gesellschaft - Lüke, F: Die digitale Gesellschaft
mit je vier Stück von einer Kuchensorte beliefert, hat 120 Stück dieses Kuchens gebacken. Das lohnt den Aufwand. Doch für den einzelnen Bäcker, den einzelnen Produzenten lohnt es sich nicht, vier Kuchenstücke zu produzieren,nur um eine größere Auswahl zu haben. Früher oder später macht er dicht, wenn die Kunden lieber zu den anderen Anbietern mit der großen Auswahl gehen. Und was, so fragen Sie sich vielleicht, hat das Bäckereiwesen mit dem Internet zu tun? Mehr, als man glauben könnte.
Denn so wie es für Sie keine Rolle spielt, wo die Teiglinge der Großbäckerei entstanden sind, sofern Sie eine Filiale in der Nähe haben, in der Sie ganz leicht fürs Frühstück einkaufen können, spielt es auch im Internet keine Rolle, wo die Produkte entstehen, für die Sie sich interessieren. Sie können sich auf japanischen Plattformen tummeln, U S-Angebote nutzen und brasilianische, französische und finnische Software verwenden, sofern Sie sie verstehen. Und wir alle können beim gleichen Anbieter Bücher kaufen, beim gleichen Anbieter nach dem richtigen Suchergebnis auf unsere Schlüsselworte schauen, beim gleichen Anbieter die Musik kaufen und beim gleichen Anbieter alte Möbelstücke er- oder versteigern. Amazon, Google, Apples iTunes Store, eBay: Sie stehen stellvertretend für eine komplette Art von Dienstleistung. Und sie haben etwas Weiteres gemein: Sie profitieren davon, wenn immer mehr Menschen ein und dasselbe Angebot nutzen. Ganz so wie die Wikipedia, auch wenn diese ein nichtkommerzielles Projekt ist.
Das Netz begünstigt das Entstehen übergroßer Spieler im Markt. Das liegt vor allem an dem sogenannten Netzwerkeffekt. Er tritt ein, wenn ein Produkt besser wird, je mehr Menschen es nutzen: Facebook zum Beispiel lebt davon, dass dort möglichst viele andere Menschen sind und mit ihren Freunden Bilder, Nachrichten, Statusmeldungen und andere Dinge teilen. Diese Aktivität führt dazu, dass Facebook auch für andere, neue Nutzer attraktiv wird, die dann ihrerseits wiederum mit den anderen etwas teilen. Bis am Ende dann alle, die bei Facebook sein möchten, auch da sind. Dann ist der Markt erst einmal ausgeschöpft und die Firma muss sich überlegen, wie sie noch wachsen kann, wenn das Reservoir der Nutzer leer ist.
Dieser Effekt tritt im Internet immer wieder auf – oder eben auch nicht. Was nützt Ihnen die schönste Software, wenn sie kein anderer benutzt? Nichts, denn Sie können dann nicht mit anderen Menschen Dateien oder Nachrichten austauschen. Der Netzwerkeffekt begünstigt Monopole. Woran denken Sie, wennSie im Internet etwas er- oder versteigern wollen? Mit hoher Wahrscheinlichkeit an das Onlineauktionshaus eBay. Doch warum eigentlich? Schließlich gibt es doch auch andere Anbieter, einige davon nehmen sogar geringere Gebühren als der größte dieser Anbieter und müssten folglich eigentlich attraktiver für Käufer und Verkäufer sein. Doch wo suchen Sie? Dort, wo Sie das größte Angebot vermuten. Und wo verkaufen Sie? Dort, wo Sie am meisten potenzielle Käufer vermuten. Am Ende läuft dieser Effekt darauf hinaus, dass alternative Anbieter verschwinden und einzelne Anbieter den Markt dominieren. Wie im Bäckereiwesen.
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4,6 Milliarden Menschen leben in den 16 bevölkerungsreichsten Staaten auf unserem kleinen Planeten. An erster Stelle steht die Volksrepublik China mit 1,354 Milliarden, an sechzehnter Stelle die Bundesrepublik Deutschland mit offiziellen 82 Millionen Einwohnern. Von diesen 4,6 Milliarden benutzt, wenn man den Angaben des Unternehmens Glauben schenkt, statistisch jeder zwölfte (ca. 380 Millionen) Facebook. Unter den bevölkerungsreichsten finden sich auch einige wirtschaftlich schwächere Länder wie Äthiopien, in denen die Menschen andere Sorgen als den Facebook-Zugang haben. Wenn man solche Länder ausblendet, stattdessen die Reichweite bei den »G-20«, den Industrienationen und Schwellenländern und aus Europa nur die großen vier (Deutschland, Großbritannien, Frankreich und Italien) zugrunde legt, dann sind das 4,152 Milliarden Menschen. Davon sind fast 500 Millionen auf Facebook. Statistisch nutzt also fast jeder achte Bürger dieser Staaten dieses Angebot. Der Google-Konzern setzte Mitte 2011 sogar eine noch höhere Marke: Mehr als 1 Milliarde Nutzer griffen auf sein Angebot zu. Das sind historisch beispiellose Zahlen. Unternehmen, die derartige Kundenzahlen aufweisen, gab es vorher noch nie. Aber sind wir,
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