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Die Diktatorin der Welt

Die Diktatorin der Welt

Titel: Die Diktatorin der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Mahr
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auseinander.
    Ken erblickte den breiten Gang, der am Liftschacht vorbeiführte. Er war hell erleuchtet und leer. Auf der andern Seite zog Jernigan die Augenbrauen in die Höhe und schnitt eine Grimasse, die andeuten sollte, daß er ebenfalls nichts sah.
    Sie warteten. Aus dem Gang kam plötzlich das Geräusch von Schritten.
    »Wer ist das, zum Donnerwetter!« schrie eine schrille Stimme. »Kori? Komm 'raus, du Narr!«
    Ken erinnerte sich sofort. Das war Linth, der kleine alte Mann in Nenus Begleitung. Er schien der einzige Bewacher des Senders zu sein.
    Ohne Jernigan ein Zeichen zu geben, ließ Ken sich vornüberfallen. Im Fallen sah er Linths kleine Gestalt unter dem halbdunklen Eingang zu einem großen, dämmrigen Raum stehen. Er drückte zweimal ab, bevor er den Boden berührte. Er konnte nicht mehr sehen, ob er getroffen hatte. Der harte Aufprall riß ihm die HF-Pfanne vom Kopf, und die mörderische Strahlung des Senders stürzte sich mit berserkerhafter Gewalt auf sein Gehirn.
    Er schrie auf, vor Schmerz halb blind. Der halbkugelige Umriß der Pfanne war ein grauer Schatten, der unmittelbar vor seinen Augen hin- und herzupendeln schien. Er griff danach, aber die Hände faßten ins Leere. Er griff ein zweites Mal und hörte irgendwo hoch über sich das dröhnende Rumoren von schweren Schritten. Die Pfanne entschwand seinem Blick. Sein Blickfeld engte sich ein wie der Verschluß einer langsamen Kamera. Er sah nur noch einen winzigen Ausschnitt des Bodens, auf dem er lag, wie durch eine lange, dünne Röhre. Schmerz wütete in seinem Schädel wie eine Horde wildgewordener Elefanten. Er spürte, wie sein Bewußtsein erlosch.
    Aber plötzlich war Ruhe.
    Die Elefanten hatten aufgehört zu trampeln. Die Röhre weitete sich. Die weit offene Tür zu dem düsteren Raum tauchte wieder auf, und davor lag eine kleine, verkrümmte Gestalt mit grauweißem Haar.
    Im Halbdunkel jenseits der Tür war Bewegung. Aus dem Dämmerlicht erschien Alf Jernigans hohe, schlanke Silhouette. Er sah Ken am Boden liegen und grinste ihn an.
    »Sieht so aus, als hätten wir's gerade noch geschafft«, sagte er vergnügt. »Der Sender ist aus!«
     
    *
     
    Ken stand auf und starrte ihn an. Jernigan hatte die Pfanne, die er als Kopfschutz trug, abgenommen, und mitten auf seiner Stirn glänzte eine tief rote Beule.
    »Schwierigkeiten gehabt?« fragte er. »War dort noch jemand?«
    Jernigan schüttelte den Kopf. Er betastete die Beule und verzog das Gesicht.
    »Ihr Mann Gutierr«, antwortete er. »Ein bißchen übereifrig. Er mißtraute mir und kam ins Labor zurück, nachdem Sie gegangen waren. War ziemlich kriegerisch aufgelegt. Ich verbat mir, beim Arbeiten gestört zu werden. Es kam zum Streit. Gutierr ist ziemlich temperamentvoll und führt eine solide Faust. Ich kam leider ein bißchen zu spät dahinter.«
    Ken war sprachlos.
    »Und was ... und wie ging die Sache aus?« stotterte er.
    Jernigan lachte verbissen.
    »Nachdem jeder einmal zu Boden gegangen war, kam uns zu Bewußtsein, daß Meinungsverschiedenheiten unter Akademikern gewöhnlich auf andere Weise geschlichtet werden. Wir einigten uns, den Fall bei nächster Gelegenheit Ihnen vorzutragen.«
    Ken faßte sich an den Kopf.
    »Mein Gott«, stöhnte er. »Felip, dieser Idiot ...!«
    Felip und Dado befanden sich im Institut, wenn sie Jernigans Rat befolgt hatten. Er mußte Felip unverzüglich zur Rede stellen. Eigenmächtigkeiten dieser Art durften auf keinen Fall vorkommen.
    Er warf einen Blick auf Linths reglose Gestalt.
    »Der wird sich im Laufe der nächsten zwei Stunden nicht rühren«, konstatierte er. »Wir bringen ihn irgendwo unter und gehen zum Institut hinüber. Ist der Sender ausgeschaltet?«
    Er trat in den halbdunklen Raum. Er mußte leer gewesen sein, bevor Linth und Kori den Sender installierten. Das Aggregat stand in der Mitte des Zimmers, offenbar in aller Eile zusammengefügt, ohne jegliche Verkleidung und mit armdicken Kabeln an die Stromversorgung des Gebäudes angeschlossen.
    »Damit richtet niemand mehr Unheil an«, sagte Jernigan hinter ihm.
    Ken bemerkte ein kreisrundes Loch, das mitten durch den kompakten Körper des Schallgenerators führte. Da, wo es begann, lag auf dem Boden ein kleines Häufchen Staub. Schaudernd wandte Ken sich ab.
    Sie schafften Linth nach unten und steckten ihn in den Verteilerraum. Ken hielt es für möglich, daß es außer Linth und Kori noch weitere Eindringlinge gab und daß sie sich irgendwo versteckt hielten. Sie würden versuchen, den

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