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Die Dilettanten

Titel: Die Dilettanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Wieczorek
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Lehramt« studieren. Wer es dagegen zum Sozialstaatssekretär bringen möchte, vergisst am besten die Uni ganz und sucht sich eine Lehrstelle als Elektromechaniker. Wer sich aber für gar kein Fachgebiet interessiert, sondern ganz allgemein als Minister oder Staatssekretär ganz groß rauskommen will, der sollte das Universalfach Jura studieren. Das hält dem Jungkarrieristen alle Türen offen. Oder wie Loriot über das Jodeldiplom sagt: »Da hat man etwas, wenn die Kinder aus dem Haus sind.«
9.1. Juristen bevorzugt
    Was bei den nervigen deutschen Pseudopromis die Fernsehköche und Starfriseure sind, das sind in der Politik die Juristen und Lehrer: Man stolpert ständig über sie: So sitzen in der aktuellen Regierung (Minister und Staatssekretäre) 27 Juristen, neun Volkswirte und immerhin zehn Lehrer.
    Noch extremer sieht es im Bundestag aus: War in der letzten Legislaturperiode die Vorherrschaft der Anwälte und Lehrer mit 82 und 63 schon recht ausgeprägt, so sattelten beide diesmal noch drauf: Juristen und Pädagogen stellen gemeinsam mehr als ein Drittel aller Abgeordneten. Von den 612 Abgeordnetensind: 143 Juristen, 82 Lehrer oder Sozialarbeiter, 60 Diplom-Ökonomen, Volks- oder Betriebswirte, 44 Politologen oder Soziologen, 22 Kaufleute, 20 Ingenieure, 19 Verwaltungsbeamte (gehobener Dienst), 18 Diplomland- oder Landwirte, 12 Geistliche, 9 Philosophen, Historiker oder verwandte Berufe, 7 Ärzte, 6 Philologen und 5 Mathematiker. 58
    Dass es auch in diesem Bundestag von Anwälten nur so wimmelt, hat einen guten Grund, wie Parlamentsforscher Wolfgang Ismayr andeutet: »Die zahlreichen (neu) als Rechtsanwälte eingetragenen Abgeordneten können sich … auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen und brauchen Beraterverträge mit Wirtschaftsunternehmen nicht einmal gegenüber dem Präsidenten anzugeben.« 59 Nicht zufällig sind unter den neun Bundestagsabgeordneten, die im Frühjahr 2006 gegen die Offenlegung ihrer Nebeneinkünfte vor dem Bundesverfassungsgericht klagen, fünf Anwälte – im Juli 2007 schmettert das BVG die Klage allerdings ab.
    Dass weder die Regierung noch der Bundestag – allen frommen Wünschen der Verfassungsromantiker zum Trotz – ein repräsentatives Abbild der Gesellschaft sein kann, liegt auf der Hand. Zum einen kann sich in einer Parteiendemokratie nur ein bestimmter Menschenschlag durchsetzen. Zum anderen bedeutet ja die Inkompetenz heutiger Spitzenpolitiker noch lange nicht, dass die ominösen kleinen Leute auch nur einen Hauch kompetenter wären – zumal wenn sie ihre »Allgemeinbildung« ebenfalls nur aus »
Bild, BamS
und Glotze« beziehen. Noch fataler ist die Illusion, die soziale Herkunft würde einen Politiker zum Vertreter der Interessen dieser Schicht machen. Gerade Leute wie Gerhard Schröder sind ein beredtes Beispiel dafür, dass eine Kindheit in »ärmlichen Verhältnissen« bei manchen Aufsteigertypen nicht etwa »Klassensolidarität« oder wenigstens Mitfühlen gegenüber sozial Schwächeren garantiert, sondernim Gegenteil den festen Willen: »Da unten will ich nie wieder landen.« Während Müntefering zum Beispiel mit seinem roten Schal und dem ewigen »Glückauf« wenigstens noch »Arbeiterklasse« vorspielt, gab Schröder im Brioni-Zwirn und mit Cohiba-Zigarre den eitlen Parvenü, eben Molières
Bürger als Edelmann
.
    Worauf die Bürger aber Anspruch haben und auch erheben sollten, das ist die herausragende geistig-moralische Qualität ihrer Volksvertreter ebenso wie die Fachkompetenz ihrer Regierenden.
10. »Wie soll ich das wissen?« – Verschwendung als Folge von Inkompetenz
    Die gesamte Verschwendungsdiskussion ist lachhaft, scheinheilig, makaber und eigentlich überflüssig angesichts des gigantischen Geschenkpakets des Steuerzahlers an die Banken und die Industrie – oder sollte man es »Schutzgeld« nennen? Jedenfalls bleibt auch ein »alternativloses«, also erzwungenes Präsent ein Präsent. Wenn ohne die Billionen Euro Staatsgelder das gesamte Wirtschaftssystem kollabiert hätte, sagt das nur etwas über die technisch-moralische Qualität der (freien) Marktwirtschaft aus. Konzernrettung bedeutet nämlich im Kern nichts anderes als Stützung des Börsenkurses, also Erhöhung des leistungslosen Einkommens der Großaktionärskaste auf Staatskosten. Und wenn noch dazu – wie in den USA unverfroren offen vorgeführt – Milliardensubventionen zum großen Teil ohne Umweg in die Taschen der kriminellen Zockerbanden (»Investmentbanker«) fließen, die im

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