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Die Dilettanten

Titel: Die Dilettanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Wieczorek
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Weise verzockte die Stadt Hagen mehr als 50 Millionen Euro, Remscheid verspielte über 13, Neuss 10, Mülheim 6 Millionen und die Entsorgungs-Gesellschaft West-münsterland rund 4,4 Millionen Euro. 62
Dilettantismus mit Geschmäckle
    Die flapsige Frage »Bist du so blöd oder tust du nur so?« ist bei manchen Fällen stattlicher staatlicher Geldverschwendung durchaus angebracht, wie zum Beispiel bei der Teilverstaatlichung der
Commerzbank
. Warum hat man für die Finanzspritze von 18 Milliarden Euro das Geldhaus angesichts dessen Börsenwertes von gerade noch 3,5, Milliarden nicht ganz übernommen und begnügte sich mit der Sperrminorität von 25 Prozent? Konnten Merkel, Steinbrück und Co. nicht rechnen oder ging es einmal mehr gar nicht um das Gemeinwohl, sondern um den
Shareholder Value
, also um die Steigerung des Aktienkurses?
    Der Schweizer Wirtschaftsprofessor Thomas Straubhaar moniert an Teilverstaatlichungen, »dass sich der Staat mit privaten Eigentümern ins selbe Bett legt«. Der Clou: »Wenn das Geld des Steuerzahlers gut angelegt ist und … der Aktienwert tatsächlich wieder steigt, kommen auch die bisherigen Commerzbank-Eigentümer in den Genuss der Wertsteigerung, ohne dass sie zusätzliche Risiken eingehen und Kapital nachschießen mussten.« Folglich würden bedrohte Konzerne »genau auf diesen Effekt spekulieren und entsprechendes Fehlverhalten an den Tag legen.« 63
    Finanziert das einfache, zumeist hart arbeitende Volk erneut das leistungslose Einkommen einiger weniger steinreicher Großaktionäre? »Aber nur die Linkspartei prangert dies als Enteignung der Bürger an – um Zockerschulden der Bank zu begleichen«, klagt selbst
Springer
-Vorstandschef Mathias Döpfner: »Damit hat die SED-Nachfolgepartei leider recht.« 64
    Aber auch im »Kleinen« wimmelt es von Beispielen zwielichtiger Inkompetenz:
In Berlin entsteht aufgrund von Planungsfehlern und den damit verbundenen Baugenehmigungen beim Verkauf eines Grundstücks am sogenannten Spreedreieck ein Schaden von mindestens 20 Millionen Euro. 65
In Dresden bringt die Zusammenlegung von Arbeitsämtern statt Einsparungen allein durch Sanierungskosten etwa 23 Millionen Euro Verlust.
In Hamburg wird ein
Digitales Wahlstift-System
entwickelt, aber nach Bedenken des
Chaos Computer Clubs
gleich wieder eingestampft. Gesamtschaden: 4,5 Millionen Euro.
In Kaiserslautern kauft die Stadt dem Fußballzweitligisten FC erst das Stadion ab und erlässt ihm dann die jährliche Stadionmiete von 1,5 Millionen Euro, über ein Drittel davon trägt das Land Rheinland-Pfalz.
In Nordrhein-Westfalen kostet das seit 1991 geplante einheitliche EDV-System für alle Landesbehörden nicht wie veranschlagt 1,8 Millionen, sondern stattliche 43 Millionen Euro.
Bad Schussenried (Baden-Württemberg) leistet sich für 3,36 Millionen Euro ein Bewegungsbad, das nie eröffnet wird – und für das man bei der späteren Versteigerung gerade einmal 226 000 Euro erhält.
Weilburg (Hessen) gönnt sich ein überflüssiges Parkhaus.Der Bund der Steuerzahler findet: »Dass die Baukosten für die knapp 200 Einstellplätze derzeit bei 4,5 Mio. Euro liegen, fast 1,37 Mio. Euro mehr als geplant, ist schlimm genug. Der eigentliche Skandal ist aber, dass das neue Parkhaus gar nicht nötig wäre.«
Höxter (NRW) baut für 73 000 Euro an der Weser eine Aussichtsplattform. Dabei gibt es nur wenige Schritte entfernt genau den gleichen Ausblick.
    Was es mit der »Inkompetenz« bei der Bedarfsplanung oft wirklich auf sich hat, wissen wir endgültig seit dem berüchtigten Kölner Müllklüngel. Damals flog auf, dass man gegen bis zu elf Millionen Euro Schmiergeld einen nicht vorhandenen »Bedarf« festgestellt hatte: Nicht wegen Unfähigkeit bei der Planung, sondern wegen Bestechlichkeit erhalten Zahler und Empfänger im Mai 2004 vom Kölner Landgericht bis zu drei Jahre und neun Monate Gefängnis.
10.2. Beraterboom: »Wir machen das schon«
    Bei so viel geballter Inkompetenz ist professionelle Hilfe gefragt: Über 30 Millionen Euro verpulvert die Bundesregierung jährlich für externe Berater, im Haushaltsjahr 2007 laut einer Liste des Finanzministeriums zum Beispiel 32 430 619 Euro. Das erscheint auf den ersten Blick zwar weniger als bei Rot-Grün: Von 1998 bis 2003 spendierten Schröder & Co. allen möglichen Beratern und Sachverständigen fast 190 Millionen Euro, davon 128 Millionen Euro für mehr als 1700 Analysen und Studien, 48 Millionen für 361 Experten der einzelnen Ministerien und 12

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