Die Dilettanten
Danach arbeitet er im Bundesbauministerium, ab 1976 im Verkehrsministerium, ab 1977 im Forschungsministerium, vom 1978 bis 1981 im Kanzleramt und der ständigen Vertretung in Ostberlin, ab 1983 als Referent der Bundestagsfrak tion, ab 1985 im Umweltministerium, ab 1986 als Büroleiter von NRW-Regierungschef Johannes Rau, ab 1990 in Schleswig-Holstein als Umwelt- und ab 1992 als Wirtschaftsstaatssekretär sowie ab 1993 als Wirtschaftsminister, ab 1998 in NRW als Wirtschaftsminister und ab 2000 als Finanzminister. Ab 2002 ist er Ministerpräsident und seit der verlorenen Landtagswahl 2005 Bundesfinanzminister.
Nach 38 Jahren in NRW die SPD-Herrschaft an die CDU verloren zu haben ist für Steinbrück die ideale Qualifikation als Nachfolger seines hessischen Landtagswahlverliererkollegen Hans Eichel, und wie er geriert er sich als »brutalstmöglicher Sparer« (
Welt
). Noch nie gewann er irgendeine Wahl, und folglich ist er, wie CDU-Haushaltspolitiker Steffen Kampeter meint, ein »Top-down-Politiker mit wenig Geduld für das parlamentarische Prozedere«; und laut seiner Frau Gertrud gibt ihm sogar »jedes Kräftemessen einen Kick«. 159 So dreht er unter dem phrasenhaften Vorwand
Generationengerechtigkeit
ausgerechnet der Ministerin für Forschung und Bildung den Geldhahn zu, während von seinen Steuerentlastungenvor allem die Superreichen profitieren. So phantasiert er vom ersten Haushalt ohne Neuverschuldung im Jahr 2011 und verplempert im Verein mit seinem Ministerkollegen Michael Glos durch das Zocken der IKB-Bank fast elf Milliarden Euro Steuergelder – so viel wie den gesamten Bildungsetat des Bundes für 2009: Als Mitglied des Verwaltungsrats der KfW Mittelstandsbank, der Haupt aktionärin der IKB, ist Steinbrück zumindest mitverantwortlich für die astronomischen Spekulationsverluste 160 , die großzügige Sanierung für zehn Milliarden Euro und das abschließende faktische Verschenken der IKB an die US-Heuschrecke Lone Star für 115 Millionen statt vor der Kreditkrise möglicher drei Milliarden Euro. Letzteres ausgerechnet mit Hilfe der Investmentbank Merrill Lynch, die kurz darauf selbst pleite ist und von der Bank of America übernommen werden muss.
Auch der Bundesrechnungshof rügte, die staatliche Kontrolle durch den KfW-Verwaltungsrat habe versagt. Und als Sahnehäubchen gibt’s dann noch jene Überweisung von 350 Millionen Euro an die US-Bank
Lehman Brothers
unmittelbar vor deren Insolvenz.
Selbst dem
Handelsblatt
dämmerte: »Das ist vielen Bürgern wohl nur schwer zu erklären: Die Mehrwertsteuer wird erhöht, die Pendlerpauschale gekürzt, der Sparerfreibetrag halbiert und die Eigenheimzulage ganz abgeschafft … Und dann schmeißt die staatseigene Bank KfW an einem einzigen Tag Millionen Euro zum Fenster hinaus.« 161 Steinbrück gab den Fassungslosen, aber in Wahrheit wurde auch hier noch gelogen: Die angebliche Schlamperei geschah wohl in voller Absicht. Und was dem Ganzen die Krone aufsetzt: Die eigentliche Zockerin war die Staatsbank KfW selbst.
Und der Finanzminister? Jeder andere wäre angesichts eines von ihm mit verschuldeten Milliardenschadens wahrscheinlichzurückgetreten und froh, nicht ins Gefängnis zu wandern und bis zum letzten Hemd haften zu müssen. Er aber schimpft auf die »US-Finanzkrise« wie der nächtliche Kühlschrankplünderer auf die Heinzelmännchen und schwört die Deutschen auf »harte Zeiten« ein.
Ein weiteres Glanzstück der Plünderung der Staatskasse durch die Koalition bildet im Juni 2007 das Verschenken von jährlich 500 Millionen Steuergeldern an die Heuschreckenschwärme. Besonders am Herzen liegt Steinbrück die Förderung von »Wagniskapital« für halbseidene Klitschen, mit dessen Hilfe schon zur Zeit des Neuen Marktes zahllose Finanzbetrüger arglose Kleinaktionäre um Haus und Hof gebracht haben.
Zur Gegenfinanzierung des Spekulantengeschenks spart die Koalition 300 Millionen Euro, mit denen Millionen Kindern aus ärmeren Familien warme Schulmahlzeiten für einen Euro ermöglicht werden könnten. OECD und EU sind seit langem entsetzt und peinlich berührt, dass in einem der reichsten Länder der Erde mit der Tendenz zum Steuerparadies für milliardenschwere Müßiggänger immer mehr Kinder mit leerem Magen lernen müssen und auch so ihrer gesamten Zukunft beraubt werden.
Doch das ist typisch Peer Steinbrück: Schon 2006 sind Heuschrecken für ihn »geradezu ein Segen für die Volkswirtschaft eines Landes«. 162 Und so nimmt er
Blackstone
, laut
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