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Die Dilettanten

Titel: Die Dilettanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Wieczorek
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Ku-Klux-Klan-Einpeitscher, Mutterkreuz-Ideologen oder völkische Hassprediger, in ihre Schranken verwiesen.
    Und so unehrlich das Integrationsgefasel bei gleichzeitiger systematischer Ausgrenzung von Menschen mit »Migrationshintergrund« allein im Bildungsbereich auch ist: Selbst das verlogenste Lippenbekenntnis für ein Miteinander ungeachtet von Geschlecht, Abstammung, Glauben, sozialem Status oder politischer Anschauung ist das viel kleinere Übel gegenüber der unverblümten Hetze etwa gegen »Rabenmütter«, »Ausländer« oder »Moslems«.
     
Dirk Niebel (FDP) Diplomverwaltungswirt (FH), Generalsekretär
    Die neoliberale Gegensprechanlage
     
    Dirk Niebel, geboren am 29. März 1963 in Hamburg, redet so, wie Westerwelle reden würde, wenn er sich Mut angetrunken hätte. Von 1984 bis 1991 ist er Zeitsoldat und 1988 sogarJahrgangsbester der Division beim Feldwebellehrgang für Fallschirmjäger, seit 1990 FDP-Mitglied und Gründungsmitglied der Jungen Liberalen Heidelberg, seit 1993 Diplomverwaltungswirt (FH), von 1993 bis 1998 Arbeitsvermittler beim Arbeitsamt Heidelberg, zuletzt als Verwaltungsoberinspektor, seitdem im Bundestag, 2002 bis 2005 Chef der FDP-Landesgruppe Baden-Württemberg, seit 2003 im Bundesvorstand, von 2004 bis 2005 Stadtrat in Heidelberg, seit Mai 2005 FDP-Generalsekretär. Laut Bundestagslebenslauf besitzt Niebel neben dem Fallschirmspringerabzeichen der Bundeswehr in Gold und der US-Army auch das Schwimmabzeichen in Gold und das Sportabzeichen in Silber.
    Niebel liefert marktradikale Arbeitgeberpropaganda aus dritter Hand: er erzählt, was Westerwelle erzählt, was die
Initiative Neue Soziale Markwirtschaft erzählt
. Das Ganze bringt er 2006 als eine Art »Neoliberalismus in 30 Tagen« unter dem superoriginellen Titel
Niebel-Fibel

Freiheit für Einsteiger
auf 66 DIN-A6-Seiten unter das Volk.
    Selbstverständlich sieht er in Wolfgang Clements Ausfällen gegen Andrea Ypsilanti ein »ermutigendes Zeichen gegen den Linkskurs der SPD«. 156
    Dabei steht sogar Niebel selbst zuweilen als Linksaußen seiner Partei da. So kommentiert er im Oktober 2008 die Finanzkrise zwar erwartungsgemäß mit dem Tenor »Der Staat hat versagt, nicht die Politik«, fängt sich aber von den Hardlinern herbe Kritik ein für den leisen Hinweis, in den USA habe »der Staat versäumt, den Finanzmarkt zu regulieren und mit einer ordnenden Aufsicht zu versehen«, ebenso wie für seine Kritik am »Dilettantismus« der deutschen Bankenaufsicht. 157 Andererseits stimmt nicht er als einziger FDP-Abgeordneter, sondern seine gesamte Fraktion am 17. Oktober im Bundestag für das außerordentlich marktwirtschaftsfeindliche Bankenrettungspaket.
    Knallhart für die Belange der kleinen Leute setzt er sich nicht nur bei seiner Zustimmung zur Rückkehr zur alten Pendlerpauschale, sondern auch bei seiner Ablehnung der Rente ab 67 ein: Da »von den über 60jährigen nur noch 28% arbeiten, ist eine starre Grenze ohne begleitende Maßnahmen eine Rentenkürzung durch die Hintertür«. 158
    Alles in allem ist Niebel eine Bereicherung für jede Polittalk-Imitation von
Maybrit Illner
bis
Anne Will
. Für den bislang größten Wirbel sorgt er allerdings mit einem Aufsatz im
Tagesspiegel
vom Januar 2008, in dem er die Politik der großen Koalition mit DDR-Verhältnissen vergleicht, woraufhin der liberale Ex-Innenminister Gerhart Baum seinen Rücktritt fordert und Ex-Außenminister Hans-Dietrich Genscher Niebels Ausfälle »inakzeptabel« nennt.
5. Wirtschaftsvertreter
    Sie sind vom Volk direkt gewählt oder auf dem Ticket einer vom Bürger gewählten Partei zu Amt und Würden gekommen, dennoch reden und handeln sie so, als seien sie auf der Liste der Arbeitgeber in den Bundestag oder in die Regierung gelangt. Ob sie ihr Lobbyistenwerk ehrenamtlich und aus aufrichtiger Verehrung für den Marktradikalismus betreiben oder dafür aus Wirtschaftskreisen ein »Dankeschön« erhalten, ist unerheblich – zumal es bei einigen dieser Lichtgestalten schwer vorstellbar ist, dass irgendjemand für diese Art gutgemeinter Handlangerei auch noch bezahlt.
     
Peer Steinbrück (SPD), Diplomvolkswirt, Bundesfinanzminister
    Der 10-Milliarden-Minus-Mann
     
    Peer Steinbrück, geboren am 10. Januar 1947 in Hamburg, ist der entschiedenste Verfechter einer vollständigen Deregulie-rung der Finanzmärkte und der Wirtschaft insgesamt und damit der verbissenste Interessenvertreter der Heuschrecken.
    Seit 1969 ist er Reserveoffizier und seit 1974 Diplomvolkswirt.

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