Die Dilettanten
Berlin für die Wahl von Andrea Nahles als Generalsekretärin gegen Münteferings Favoriten Kajo Wasserhövel besorgt habe und damit an Münteferings Rückzug mit schuld gewesen sei. Dass man ihm vorwarf, er habe Teile seiner Parteitagsrede bei Platzeck abgeschrieben, passt ins Bild.
Nun könnte man Heil als Durchschnittsschwätzer abtun. So ist seine penetrante Inhaltsabstinenz bei gleichzeitiger Großspurigkeit sogar der
Süddeutschen Zeitung
einen ganzen Artikel wert. Über seinen Internetbericht von einem Globalisierungskongress in Denver im August 2008 mit sagenhaft viel Prominenz lästert
SZ
-Autor Carsten Matthäus: »Die SPD ist stolz auf ihren Generalsekretär. Der kann nämlich mit neuen Medien umgehen. Das kann nicht jeder. ›Hubertus Heil
twittert
aus denUSA‹ steht als eine der Topmeldungen auf der Startseite der Volkspartei. Voller Ehrfurcht wird auf der SPD-Seite auch den Technik-Laien die neue Technik erklärt, die der angesagte Genosse Heil gerade nutzt … Die gute Nachricht: Heil ist drin. Er kommt mit der Technik klar … Das macht es ihm möglich, alle Welt teilhaben zu lassen an seiner Begeisterung für Obama, dessen Frau Michelle, Ted Kennedy, Bill Clinton und alle, die ihm sonst noch über den Weg laufen.« 149
Andererseits »die schlechte Nachricht: Heil hat nichts zu melden, gar nichts. Ein Beispiel (in dem wir aus Dokumentationszwecken die Rechtschreibung nicht korrigiert haben): ›Themen sind armutsbekaempfnung und klimawandel. Joschka ist moderator, clinton hielt impulsreferat. Kernthese: gute absichten reichen nicht‹. Auch, dass seine Mitreisenden Skateboards und Schuhe eingekauft haben und dass man in Denver Bier trinken gehen kann. Mehr nicht.« Matthäus mutmaßt zu Heils Ehrenrettung, »dass alles ein schlechter Scherz war. Kommt ja öfter mal vor, dass sich jemand unter einem Phantasienamen – und warum nicht Hubertus Heil – einloggt und dem echten Heil per verbalem Unsinn eine einschenkt.« 150
Dennoch ist Heil durchaus ernst zu nehmen, wie schon seine Beihilfe zum Nahles-Coup gegen Müntefering beweist. Dass seine Netzwerker als gutsituierte Kinder der mehr mit ihrer Erbschaft als mit Politik befassten
Generation Golf
nicht gerade für geistige Höhenflüge berüchtigt sind, ändert nichts an ihrer Fähigkeit zu Wadenbeißerei und Intrigantentum. Nicht zufällig hat sich ihnen auch Frank-Walter Steinmeier seit seinem Aufstieg zum Kanzlerkandidaten angenähert, und Heil gilt inzwischen als »Steinmeier-Mann«. Wohl auch deshalb wird er von Franz Müntefering im September 2008 entmachtet: Nicht der Generalsekretär, sondern Geschäftsführer Wasserhövel soll den Wahlkampf leiten. Aber Heil weiß ja ohnehin, dass Münte-feringihn nur deshalb nicht gleich rausgeworfen hat, weil er keine neue Unruhe in die Partei bringen wollte. So bleibt Heil einstweilen nichts anderes übrig, als geduldig abzuwarten Aber er ist ja im Gegensatz zu Müntefering noch jung und hat Zeit.
Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen), Dramaturgin, Parteichefin
Die Show ist der Inhalt
Claudia Roth, geboren am 15. Mai 1955 in Ulm, ist die Antwort der neoliberalen Neuen Mitte auf Verona Pooth und mit ihrer Mischung aus Selbstdarstellung und Inkompetenz die ideal-typische narzisstische Spitzenpolitikerin.
Von 1971 bis 1990 ist sie bei den Jungdemokraten, von 1974 bis 1975 Theaterstudentin, von 1975 bis 1977 Theaterdramaturgin, von 1982 bis 1985 Managerin der Band
Ton Steine Scherben
, von 1985 bis 1989 Pressesprecherin der Grünen im Bundestag, von 1989 bis 1998 im Europaparlament, dort ab 1994 Fraktionschefin, ab 1998 im Bundestag und dort bis März 2001 Vorsitzende des Ausschusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe, von 2001 bis Dezember 2002 Parteichefin (Doppelspitze), danach wieder im Bundestag 151 , ab März 2003 Menschenrechtsbeauftragte und ab 2004 wieder Parteichefin.
Die »Emo-Bombe« (
Spiegel
) steht in den Augen des Schriftstellers Richard Wagner für die Entpolitisierung der 68er und verwandelt »alles, vom Antifaschismus bis zur Ökologie … in Lifestylebilder. Von Politik keine Spur.« 152 Laut einer ZDF-Huldigung steht Roth »für linkes Engagement und Eigensinn«, und zwar »mit Herzblut und Leidenschaft«. 153 Auf Deutsch: Die Dame genießt das Politikerleben, und das heißt für sie Volksreden halten in überfüllten Sälen und vor jedem Mikrofon, das sich ihr in den Weg stellt, und posieren im Blitzlichtgewitterder Klatschpresse. Ob in Bayreuth, wo sie im Juli 2006
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