Die Dilettanten
der Schöpfung, der Familiensolidarität oder liebenswerter Bräuche am Herzen liegen, in einem Topf mit »konservativen« Rassisten, Guantanamo-Fans, Schwulenhassern oder Kreuzzüglern wiederfinden, so sind auch
Linke
seit geraumer Zeit ständiger Verwechslungsgefahr ausgesetzt. Als »links« gelten Gerhard Schröder und Wolfgang Clement ebenso wie Erich Honecker und Mao Zedong. Rosa Luxemburg findet sich neben Lenin und Karl Marx neben Stalin. Kein Wunder, dass immer mehr »eigentlich Linke« sich lieber
Humanisten
,
Radikaldemokraten
,
Sozialorientierte
oder ähnlich nennen. Scheinlinkedagegen lassen sich das Attribut
links
gern anheften, um den Eindruck zu erwecken, auf der Seite der kleinen Leute zu stehen.
Ursula von der Leyen (CDU), Ärztin Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Supermama für Akademikervermehrung
Ursula von der Leyen, geboren am 8. Oktober 1958 in Brüssel als Tochter des späteren niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht, führt als siebenfache Mutter einen marktradikalen Kreuzzug gegen die Heimchen-am-Herd-Heuchler. 1980 bricht sie ein VWL-Studium ab und sattelt um auf Medizin, seit 1987 ist sie Ärztin, ab 1990 in der CDU, ab 1992 in den USA, von 1996 bis 2002 wissenschaftliche Assistentin an der Medizinischen Hochschule Hannover, ab 2001 Fraktionschefin im Stadtrat von Sehnde bei Hannover, ab 2003 im niedersächsischen Landtag und Ministerin für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit unter Christian Wulff, ab 2004 im CDU-Präsidium, ab 2005 Bundesministerin.
Als Landesministerin erregt sie bundesweites Aufsehen, als sie trotz wütender Proteste von Sozialverbänden und der Bevölkerung das Blindengeld streicht. Als es nach ihrem Wechsel nach Berlin zwei Jahre später wieder eingeführt wird, stellt die Wirtschaftswoche treffend fest: »Mit der jetzigen Bundesministerin wäre das nicht zu machen gewesen.« 187
Die aber ist derweil auf einem – scheinbar – ganz anderen Trip: »So viel Familie war schon lange nicht mehr in der deutschen Politik«, staunt
Zeit
-Autor Christoph Seils im 5. April 2007: »Elterngeld, Ganztagsschule, Kinderkrippen … Von wegen Wickelvolontariat und Gebärmaschinen. CDU und CSU propagieren inzwischen die Wahlfreiheit zwischen Beruf und Familie.
Der siebenfachen Mutter sei Dank. Mit viel Gespür für das richtige Thema hat die Seiteneinsteigerin die Union auf einen familienpolitischen Modernisierungskurs gesteuert. Die Wähler und vor allem die Wählerinnen sind begeistert.« 188
Schlagzeilen macht von der Leyen auch durch die Ablösung des Erziehungsgeldes durch das Elterngeld ab Januar 2007 und durch ihren Vorschlag vom Oktober 2007, zur Aufdeckung von Verstößen gegen das Jugendschutzgesetz minderjährige Testkäufer einzusetzen. Für Furore sorgt aber vor allem ihr Eintreten für bedeutend mehr Krippenplätze, um der Alternative »Karriere oder Kind« vor allem bei Akademikerinnen den Kampf anzusagen.
Kaum jedoch wagt sie im Februar 2007 einen ersten Vorstoß, entbrennt ein regelrechter Glaubenskrieg. Während die Wirtschaft, der Bundespräsident und die meisten Spitzenkräfte aller Parteien sowie einige Kirchenvertreter die Pläne unterstützen, macht die Heim-und-Herd-Fraktion nach dem Motto »Küche statt Karriere« mobil: Die CSU lehnte die Pläne entrüstet ab; und der rechtsklerikale Bischof Walter Mixa nennt das Vorhaben »einseitig und schädlich für die Kinder«. 189
Als Kompromiss kommt eine
Herdprämie
für Krippenmuffel heraus. Die will die Ministerin aber nur in Form von Gutscheinen auszahlen, und zur Besänftigung des rechten Randes argumentiert sie auch schon mal rassistisch: Wenn die Eltern eines jungen Türken 150 Euro bekämen, falls sie das Kind aus der Krippe nehmen, würden sie dies auch tun, sagt sie im Herbst 2007 dem ZDF. »Und das ist für dieses Kind sicher nicht das Tor zur Integration.« Auch sonst ist ihr »Volkes Stimme« nicht fremd: Von den
Bild
-Ästheten lässt sie sich als »Merkels schönste Ministerin« anschmachten, und im Frauenboulevard inszeniert sie sich gern als Vorkämpferin gegen die Armutsfalle für Alleinerziehende und für die Ganztagsschule. Letzteres hatsie umsonst: Denn der Bund zahlt nur die Baukosten. Die Personalkosten bleiben an den Ländern und Kommunen hängen, und die sind entsprechend zögerlich.
Ebenso imagefördernd wie leicht gesagt ist auch ihr Aufruf zum Boykott teurer Krankenkassen – und geheuchelt dazu: Schließlich hat ihre Regierung die
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