Die Dilettanten
wissenschaftlicher Mitarbeiter, Fraktionsassistent, freier Journalist und Pressesprecher«, ist außerdem im AStA der Universität und Präsident des Studentenparlaments. Nicht erwähnt wird sein Wirken im maoistischen
Kommunistischen Bund.
Seit 1980 ist Trittin Mitglied der Grünen, von 1982 bis 1984 Fraktionsgeschäftsführer der Alternativen-Grünen-Initiativen-Liste (AGIL) Göttingen, von 1984 bis 1985 Pressesprecher der Landtagsfraktion Niedersachsen, von 1985 bis 1990 und 1994 bis 1995 im Landtag, von 1985 bis 1986 und von 1988 bis 1990 Fraktionschef von 1990 bis 1994 niedersächsischer Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, von 1994 bis 1998 Vorstandssprecher von Bündnis 90/Die Grünen, seit 1998 im Bundestag, ab Oktober 1998 Bundesumweltminister, ab 2005 Fraktionsvize.
Jürgen Trittin ist seit jeher der linke »Fundi« vom Dienst. Bereits zu Beginn der rot-grünen Ära warnt Hannes Koch im Juli 1999 in der
tageszeitung
: »Fällt Trittin, fallen die Grünen … Trittin ist ein Symbol für ein Symbol: das partielle, trotzige Aufbegehren gegen die Herrschaft von Mark und Pfennig … Erneuerung aber ist etwas anderes als Verleugnung der eigenen Herkunft. Versucht die Finanzfraktion, die Wurzeln auszureißen, wird sie die Partei eliminieren … Wenn die Partei ›sozial‹ aus ihrem Selbstverständnis streicht, ist es vorbei.« 191
Ausgerüstet mit dem »linken« Image, kann er sogar den Bruch eines der größten grünen Tabus, Bundeswehreinsätze im Ausland, mit der Verhinderung einer bösen schwarz-gelben Regierung begründen.
Nun ist zwar ein linker Grüner spätestens seit der rot-grünen Beteiligung am völkerrechtswidrigen Kosovokrieg wie ein Datenschützer im Geheimdienst, aber der »heimliche Vorsitzende« (
Zeit
) ist noch immer das wichtigste Zugpferd der Grünen und nicht zufällig mit Renate Künast Spitzenkandidat für die Bundestagswahl.
»Links wählen – rechts leben«, so kann man vereinfacht das Lebensgefühl vieler Grünen-Wähler beschreiben. Gerade die älteren wurden zumindest im Dunstkreis der 68er, der Friedensbewegung oder der Antikernkraftproteste sozialisiert, wurden dann Lehrer, Ärzte, Anwälte, Medienleute oder gingen »in die Wirtschaft«, kamen zu gutem »Auskommen mit dem Einkommen« und erhielten oder erwarten eine ansehnliche Erbschaft. Diese wirkliche »Neue Mitte«, die eigentliche Nachfolgerin der berüchtigten »Spießer«, braucht die Grünen als eine Art Gewissensvalium für das alternativ-bürgerliche seelische Gleichgewicht: als Antwort der Gutmenschen auf die Gebete verlogener Kirchgänger für Börsenaufschwung und Sieg im Irakkrieg. Für diese Klientel ist Jürgen Trittin – mehr noch als einst Christian Ströbele – der richtige Mann. Mit seinem stets hintersinnigen Lächeln und der Legende einer linksradikalen Vergangenheit im Rücken vermittelt er den Eindruck, er nehme die gesamte »Monopolbourgeoisie« ganz gewaltig auf den Arm und werde irgendwann einmal der zuletzt Lachende sein.
Und so ist es auch etwas völlig anderes, ob für das große Tabu Schwarz-Grün Realos wie Renate Künast, Fritz Kuhn und Claudia Roth werben, denen der Karrierismus aus allen Knopflöchern und beiden Augen quillt – oder ob ein Jürgen Trittindies tut. Der nämlich meint schon 1999 nach dem Rückzug von Oskar Lafontaine, nunmehr seien Union und SPD kaum noch zu unterscheiden, und da könne man gleich mit der CDU koalieren.
Ungleich vorsichtiger als bei den Realos erscheint auch sein Plädoyer der Prinzipienlosigkeit im Oktober 2008 bei der Verteidigung der schwarz-grünen Koalition in Hamburg: »Es gibt kein Modell Schwarz-Grün, es gibt Koalitionen. Öfter mit den Sozialdemokraten, mal mit der CDU. Das definiert sich immer über die politischen Inhalte.« 192
Politische Inhalte
klingt einfach besser als
Ministersessel
, und umso unbeschwerter kann er jede Option offenhalten, wie ein halbes Jahr zuvor gegenüber dem
Focus
: »Nimmt man die eigenen Inhalte ernst, stehen wir der SPD oder der Linken vielfach näher als der CDU.« 193
Über Hans-Dietrich Genscher kursierte einst der Opportunismuswitz: »Zwei Flugzeuge stoßen zusammen. In beiden sitzt Genscher.« Die Gagschreiber kannten Jürgen Trittin noch nicht.
Norbert Röttgen (CDU), Jurist, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion
Scheinlinker Industrielobbyist oder Geißler-Anhänger?
Norbert Röttgen, geboren am 2. Juli 1965 in Meckenheim, wirbt für den Rheinischen
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