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Die Dilettanten

Titel: Die Dilettanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Wieczorek
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Unions-Fraktionschef räumt mit 21 »anzeigepflichtigen Nebentätigkeiten« jährlich mindestens 70 000 Euro ab. 308
    Laut Internetseite des Bundestags arbeitet Merz unter anderem als:
Rechtsanwalt in der Anwaltssozietät
Mayer, Brown, Rowe & Maw LLP, Berlin/Frankfurt
Aufsichtsrats- und Beiratsvorsitzender
AXA Konzern AG
,
Aufsichtsrat
AXA Versicherung AG
,
Aufsichtsrat
DBV-Winterthur Holding AG
,
Aufsichtsrat
Deutsche Börse AG
Aufsichtsrat
Interseroh AG
, Köln
Aufsichtsrat
IVG Immobilien AG
, Bonn
Verwaltungsrat
BASF Antwerpen N.V
.,
Verwaltungsrat
Stadler Rail AG
, Bussnang/Schweiz
Wirtschaftsrat Ballspielverein
Borussia 09 e. V. Dortmund
Beirat
Borussia Dortmund Geschäftsführungs-GmbH
,
Zentraler Beirat
Commerzbank AG
.
    All dies bedeutet außer Geld natürlich auch Zeitaufwand. Wann soll einer da noch das Volk vertreten?
    Nun dürfen Merz und die anderen Hinzuverdiener aber gerade
nicht
behaupten, der Nebenjob sei nur ein Klacks. Denn der Lohn fürs Nichtstun ist ja noch anrüchiger, wie auch Hans-Herbert von Arnim hervorhebt: Zahlungen ohne normale Gegenleistung »begründen den bösen Schein, dass politischer Einfluss oder Insiderwissen gekauft wird«. 309 Dabei geht es beileibe nicht nur um den Einfluss auf parlamentarische Entscheidungen: »Auch der Zugang zum Machthaber, den Abgeordnete vermitteln, ist Unternehmen und Verbänden oft viel Geld wert. Das Gleiche gilt für die frühzeitige Information, was politisch ansteht. Dürfte das ›große Geld‹ sich unbeschränkt politischen Einfluss kaufen, hätten wir Plutokratie statt Demokratie.« 310
    Abgeordnete mit den höchsten angegebenen Mindest-Nebeneinkünften (2007) in Euro 311
Walter Riester (SPD)
162 000
Barbara Hendricks (SPD)
161 000
Klaus Brandner (SPD)
129 500
Klaas Hübner (SPD)
120 000
Annette Kramme (SPD)
112 500
Hans-Joachim Otte (FDP)
88 500
Karin Roth (SPD)
84 000
Peter Hintze (CDU)
84 000
     
    Abgeordnete mit den meisten angegebenen Arbeitgebern
Walter Riester (SPD)
53
Hermann Scheer (SPD)
31
Guido Westerwelle (FDP)
29
Wolfgang Thierse (SPD)
24
Friedrich Merz (CDU)
21
Heinz Riesenhuber (CDU)
21
Hans Michelbach (CSU)
18
Konrad Schily (FDP)
18
Norbert Lammert (CDU)
18
Georg Schirmbeck (CDU)
17
    Im aktuellen Bundestag haben 366 von 612 Abgeordneten, also 60 Prozent der Volksvertreter, einen Nebenjob in der Privatwirtschaft. Nimmt man Tätigkeiten in staatlichen oder gemeinnützigen Einrichtungen mit hinzu, wie etwa in der Kreditanstalt für Wiederaufbau, beim Roten Kreuz oder bei den Kirchen, so kommt man auf über 80 Prozent. 312
Die Musik spielt in den Ausschüssen
    Nur besonders unbedarfte Mitbürger glauben, dass im Bundestagsplenum großartig um »die Wahrheit«, sprich: um politische Überzeugungen und Beschlüsse, gerungen wird. Sieht man einmal von den erwähnten Gesetzesvorlagen der Konzernvertreter in den Ministerien ab, so werden die Weichen bereits in den Ausschüssen gestellt. So sind sie nach der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages nur »vorbereitende Beschlussorgane«, in Wahrheit aber »haben ihre Beschlüsse faktisch zumeist Entscheidungscharakter«. 313 Auch nach Urteil des Bundesverfassungsgerichts arbeiten die Ausschüsse stets auf die endgültige Beschlussfassung durch das Plenum hin und nehmen damit zugleich einen Teil des Entscheidungsprozesses entlastend vorweg. 314
    Es liegt also auf der Hand, dass vor allem in den Ausschüssen die Lobbyarbeit der Abgeordneten gefragt ist. Wie aber kommen die Interessenvertreter in diese wichtigen Gremien? Offenbar viel leichter, als ohnehin schon befürchtet. »Persönliche Neigungen und Karriereinteressen spielen eine große Rolle, ebenso die Intention von Verbänden und Interessengruppierungen der Fraktionen«, sagt Parlamentsforscher Wolfgang Ismayr, obwohl – rein theoretisch – auch die »fachliche und kommunikative Kompetenz … gewährleistet« sein soll.
    Kein Wunder also, dass diese Gremien wahre Tummelplätze der einschlägigen Nebenjobber sind.
     
    Im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung zum Beispiel sind mindestens 14 der 36 Mitglieder 315 mit einem an der Arbeit des Gremiums interessierten Privatunternehmen verbandelt:
Vorsitz Klaus W. Lippold (CDU): Geschäftsführer Industrieverband Kunststoffbahnen e. V. (IVK), Frankfurt/Main, GeschäftsführerVereinigung Hessischer Unternehmerverbände e. V., Beirat Deutsche Flugsicherung GmbH, Langen
Georg Brunnhuber CDU: Aufsichtsrat Deutsche Bahn AG
Enak Fermemann (CDU): Geschäftsführer Dr.

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