Die Dilettanten
am 2. Dezember 2002 ein Verbot für Tabakwerbung beschließt, geschieht dies gegen die Stimmen Deutschlands und Großbritanniens. Und gegen die entsprechende Tabakwerberichtlinie der EU-Kommission vom 26. Mai 2003 klagt die Bundesregierung kurz darauf beim Europäischen Gerichtshof.
Zugegeben: »Diese Klage wird Ihnen präsentiert von HB« stand nicht im Text …
3. Abhängigkeit und Korruption
3.1. Korruption – was ist das eigentlich?
Um integere Politiker von ihren Kollegen zu unterscheiden, hilft das Strafgesetzbuch kaum weiter. So ist bei uns den Abgeordneten lediglich der Verkauf ihrer Stimme verboten, nicht aber die Schmiergeldannahme für ihre übrige Tätigkeit als Volksvertreter. Die entsprechende UNO-Konvention
United Nations Convention against Corruption
(
UNCAC
) vom 31. Oktober 2003 trat zwar schon am 14. Dezember 2005 in Kraft und wurde bislang von 126 Staaten ratifiziert, nicht aber von Deutschland. Der Bürger sollte daher einen Politiker, der bei uns legal etwas tut, wofür er in den meisten anderen Ländern ins Gefängnis wandern würde, nicht unbedingt für den Ausbund an Integrität halten.
Korruption ist leicht erklärt: Der Bestochene bricht einen Vertrag oder eine Abmachung durch eine (meist geheime) weitere Abmachung mit
Dritten
. Bestes Beispiel ist der Bäckereiprokurist, der durch überteuerten Mehleinkauf den Inhaber schädigt und sich mit dem Lieferanten den Gewinn teilt. Ebenso haben Amts- und Mandatsträger einen Vertrag mit dem Volk in Gestalt seines Staates, und zwar nicht nur, weil der sie bezahlt. Begünstigt etwa ein Regierungsmitglied oder ein Volksvertreter irgendwelche
Dritte
und nimmt dafür eine Gegenleistung, so ist dies Korruption. Wer aber sind diese ominösen
Dritten
? Wenngleich uns in diesem Buch vor allem etwaige korrupte Verflechtungen von Politikern mit »der Wirtschaft« interessieren, so sollte man doch die Korruption innerhalb der Politik nicht unerwähnt lassen: Wenn beispielsweise ein Pazifist plötzlich für Kriegseinsätze stimmt und kurz darauf Staatssekretär wird, so ist die Vermutung nicht ganz abwegig, er habe sich »kaufen« lassen.
Überhaupt ist es ja ein Irrglaube, Politiker ließen sich nur mit Geld kaufen, eher im Gegenteil. Nur die wenigsten gehen in die Politik, um steinreich zu werden. Viel wichtiger sind für sie das Gefühl der politischen Macht, die Medienpräsenz und das Sozialprestige – was dem zu Recht miserablen Ansehen der politischen Klasse keineswegs widerspricht.
»Wer Politiker auf schnelle Autos reduziert«, schreibt
Zeit
-Autor Patrik Schwarz, »unterschätzt ihre wahre Leidenschaft.« 298 Und Wolfgang Clement beantwortet die Frage »Was ist das Brot des Politikers, woraus bezieht er Genugtuung?« ganz offen und eitel: »Für die Politik ist das die öffentliche Wahrnehmung.« Auch die frühere Familienministerin Renate Schmidt, die vor ihrer Politkarriere Versandhausangestellte war, bekennt unverblümt: »Ich bin seit 1987 dran gewöhnt, wichtig zu sein.« 299
Unvergessen bleibt auch das selbstmitleidige »Und was wird dann aus mir?« der schleswig-holsteinischen Ministerpräsidentin Heide Simonis nach der verlorenen Landtagswahl im Frühjahr 2005 auf die Frage nach einer großen Koalition unter einem CDU-Ministerpräsidenten – ebenso wie ein Jahr später ihr öffentlichkeitsheischender Auftritt in einem mit abgehalfterter Pseudoprominenz bestückten Tanzklamauk bei RTL. Insofern ist auch gegenüber den politischen »Rampenhuren« (Medienjargon), die von einer Talkshow zur nächsten spazieren, Misstrauen angebracht: Erkaufen sich solche Leute ihre permanente Medienpräsenz mit gespielten Rollen als kritikloses Parteisprachrohr, als Parteilinker vom Dienst oder als ewiger »Querdenker«?
3.2. Dankeschönjobs: Es gibt ein Leben nach der Politik
Die Dankeschönjobs werden bei uns – ähnlich wie die hierzulande trotz UNO-Anmahnung immer noch erlaubten Dankeschönspenden – als eine völlig überraschende Geste eines zufriedenen Unternehmens hingestellt. Dazu ein Beispiel: Sagt ein Zwölfjähriger seiner Großmutter ein Gedicht auf, so tut er es beim ersten Mal vielleicht einfach, um ihr eine Freude zu machen; und die 20 Euro von der Oma kommen völlig überraschend. Wenn er aber nach zwei Monaten wieder 20 Euro für ein Gedicht erhält und sich das Ganze periodisch wiederholt, dann ist es ein »Deal«: Gedicht gegen Geld. Selbstverständlich ist dazu keinerlei Vereinbarung nötig, und der Junge tut auch jedes Mal ganz
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