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Die Dirne und der Bischof

Die Dirne und der Bischof

Titel: Die Dirne und der Bischof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Stadt ist versammelt«, stellte Gret fest und grinste. »Was für ein Fest!«
    Ganz richtig war das nicht. Obwohl eine ganze Anzahl Mägde zu sehen war und auch viele der Handwerker Frau und Kinder mitgebracht hatten, fehlten die Mädchen und Frauen der Ratsfamilien, und auch die Stiftsherren - bis auf wenige Ausnahmen - beteiligten sich nicht an dem Werk der Zerstörung. Nur zwei jüngere Stiftsherren von Neumünster schwangen Hämmer in den Händen, und ein paar Mönche aus St. Stephan standen etwas abseits, um das Spektakel zu begutachten.
    Ein weibliches Mitglied einer Ratsfamilie hatte Elisabeth allerdings ausgemacht. Otilia kletterte gerade mit zwei Jungen ihres Alters über eine halb eingerissene Wand. Ob ihr Vater das gebilligt hatte? Elisabeth bezweifelte, dass er davon wusste.
    Die Glocken von St. Peter und St. Stephan schlugen kurz nacheinander. Gret drehte sich zu Elisabeth um.
    »Ich glaube, wir sollten gehen. Hast du die Meisterin gesehen?«
    Elisabeth schüttelte den Kopf. »Nein, aber ihre Worte waren unmissverständlich. Sie will uns rechtzeitig bei Einbruch der Dunkelheit zurück wissen. Es wird heute sicher eine lange Nacht.«
    »Ja, ich denke, wir werden mehr Kunden bekommen als sonst.«
    Elisabeth nickte und zog eine Grimasse. »Das fürchte ich auch.«
    Sie gingen los, um die anderen aus den Armen ihrer Tänzer zu befreien. Diese machten eine enttäuschte Miene, doch die Frauen herzten und küssten sie zum Abschied und luden sie ins Frauenhaus ein, um dort zünftig weiterzufeiern.
    »Ein paar kommen nachher sicher noch vorbei«, vermutete Anna.
    Die Meisterin behielt recht! An diesem Abend quoll das Frauenhaus beinahe über. Else teilte Jeanne hintereinander gleich zwei Gäste zu. Auch Elisabeth wurde härter rangenommen, als die Meisterin es üblicherweise tat. Vielleicht hatte sie entschieden, dass ihre Schonzeit nun endgültig abgelaufen war und dass sie nun all das tun musste, was auch die anderen Frauen machten - oder mit sich machen ließen! Der Henker kam vorbei, trank im Stehen einen Schluck und brachte die letzten Neuigkeiten aus der Vorstadt Sand.
    »Das Volk zerstreut sich nun. Der neue Schultheiß hat ihnen aber auch deutliche Worte gesagt und angekündigt, er und die Scharwächter würden keine Entschuldigung gelten lassen und alle, die sie später noch auf den Gassen antreffen, in einen der Türme werfen. Ich hoffe, die Drohung hat gewirkt.«
    »Sonst wird es eng in deinen Türmen«, sagte die Meisterin mit einem Grinsen.
    »Ja, und ich muss noch mehr schimpfende und fluchende Gefangene versorgen als die, die gerade im Faulturm einsitzen und denen ich jetzt noch ihr Wasser und ihre Suppe bringen muss. Also, bis dann, wir sehen uns.« Er gab ihr den leeren Becher zurück und nickte den anderen Frauen zum Abschied zu.
    Die elfte Stunde war gerade vorüber, und es war ein wenig ruhiger im Frauenhaus geworden, als zwei neue Gäste ankamen. Viele der Kunden schauten immer wieder vorbei oder man sah sie tagsüber in der Stadt bei ihrer Arbeit, und so kannte Elisabeth die meisten inzwischen. Diese beiden hatte sie allerdings noch nie gesehen. Elisabeth sah, wie die Meisterin sie abschätzend betrachtete und die Stirn runzelte. Offensichtlich waren die Männer auch ihr unbekannt. Einer war groß und kräftig gebaut und trug einen Vollbart. Der andere hatte sich mehr schlecht als recht rasiert. Dünnes, farbloses Haar hing ihm in Strähnen bis auf die Schultern. Beide waren einfach, aber robust gekleidet, trugen Reitstiefel und hatten lange Messer in ledernen Scheiden an der Seite. Wie ehrliche Handwerker sahen sie nicht aus. Eher wie die umherziehenden Waffenknechte, die sich für jeden Händel anboten, wenn ihnen nur genug Sold oder Beute versprochen wurde.
    Else trat auf die beiden zu. »Was kann ich für euch tun?«
    »Uns eines deiner Weiber geben natürlich, was sonst?«, sagte der Bärtige, der seinen Gefährten fast um eine Haupteslänge überragte. Sein Kumpan war dünn und hatte ein schiefes Gesicht. Er sah sich nun mit einem Lächeln um, das Elisabeth einen eiskalten Schauder über den Rücken jagte. Sie sah schnell weg und trat zum Tisch, wo noch einige Gäste beim Kartenspiel saßen.
    »Was hältst du von der dort drüben?«, fragte er.
    Elisabeth duckte sich hinter Ester.
    »Was? Das hässliche Narbengesicht? Heinz, bist du irre?«, kommentierte der Bärtige den Vorschlag.
    Der Dünne schüttelte unwillig den Kopf. »Doch nicht die. Das Blondschöpfchen dahinter.« Elisabeths

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