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Die Dirne und der Bischof

Die Dirne und der Bischof

Titel: Die Dirne und der Bischof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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sprechen, der hier den Oberbefehl inne hat und Entscheidungen treffen kann. Holt Bürgermeister Bucke oder Dompropst von Rotenhan - oder beide, falls sie nur gemeinsam entscheiden.«
    Viertelmeister Wagenknecht trat in seiner alten Rüstung vor, die sicher schon manchen Kampf erlebt hatte.
    »Was wollt Ihr von ihnen? Nur um ihre Zeit zu stehlen, werde ich sie nicht durch die Stadt hetzen. Ihr kennt unsere Bedingungen! Seid Ihr bereit, Euch zu ergeben?«
    »Das bespreche ich nur mit dem Propst und dem Bürgermeister«, gab der Kommandant zurück. Anna war inzwischen wieder hellwach, und die Frauen verfolgten den Wortwechsel gespannt.
    Der Viertelmeister zögerte. »Nun gut, wenn Ihr etwas Wichtiges zu sagen habt, dann will ich die Herren holen lassen, aber ich warne Euch vor jeder Hinterlist! Wir sind schon lange über den Punkt hinaus, an dem wir Spaß verstehen!«
    Nach dieser Drohung zogen sich beide Gesprächspartner wieder in den Schutz ihrer Mauern beziehungsweise Barrikaden zurück. Meister Wagenknecht deutete auf zwei seiner Armbrustschützen.
    »Heinz, du läufst zum Grünen Baum und holst unseren Bürgermeister her. Wenn du ihn dort nicht findest, musst du ihn halt suchen. Sag, der Hofwart will verhandeln. Und du, Gilg, gehst zum Dom. Frag, wen du von den Schwarzröcken als Erstes antriffst, nach dem Propst. Auch er soll herkommen. Wenn er mag, kann er aus dem Kapitel noch ein paar Männer seines Vertrauens mitbringen. Die meisten Ratsherren sind eh hier auf ihren Posten.«
    Die Männer nickten knapp, hängten sich die Armbrust über die Schulter und eilten davon. Es verging etwa eine halbe Stunde, obwohl es den Frauen wie eine Ewigkeit erschien, ehe erst der Bürgermeister mit Hans Maintaler und Georg Span als Begleiter erschien und kurz darauf der Propst Anthoni von Rotenham, sein Dechant Reichard von Mosbach und die beiden Chorherren von Grumbach und von Weckmar an seiner Seite. Während die Männer vom bürgerlichen Rat alle in Rüstung erschienen oder zumindest beschlagene Lederwämser trugen, kamen die Herren des Domkapitels in ihren langen, reich bestickten Gewändern. Furchtlos trat der Propst vor. Vor einem Anschlag aus dem Hinterhalt schien er sich nicht zu fürchten. Oder konnte er es sich nicht vorstellen, dass ein einfacher Mann es wagen würde, sich am Leben eines hohen Kirchenherrn zu vergreifen?
    »Ich würde niemandem trauen, der diesem Bischof Treue gelobt hat«, raunte Gret, die offensichtlich ähnliche Gedanken wie Elisabeth hegte.
    Der Dechant und die Chorherren von Grumbach und von Weckmar folgten ihrem Propst. Während Hans von Grumbach mit seiner geraden Haltung und der hochgewachsenen Gestalt eine eindrucksvolle Erscheinung war, wirkte der kleine, dicke von Weckmar, der zweimal über den Saum seines Mantels stolperte, unbeholfen und ängstlich. Hans von Grumbach schien keine Angst zu kennen. Seine tiefblauen Augen wanderten ruhig umher, fixierten hier und da etwas, das seine Aufmerksamkeit erregte, und wanderten dann zur Mauerbrüstung der Neuenburg und zu ihrem Kommandanten zurück. Elisabeth war sich sicher, dass der Domherr für einen Moment in ihre Augen gesehen und sie erkannt hatte. Ein Schauder wie Eiswasser erfasste sie und verursachte eine Gänsehaut auf Armen und Beinen.
    Nun traten auch die Ratsherren vor, der Bürgermeister mit dem blanken Schwert in der Hand. Die Spitze hielt er allerdings gesenkt.
    »Kommandant Raban Hofwart, Ihr habt um eine Unterredung ersucht. Hier sind wir. Also sprecht und lasst uns hören, was Ihr uns zu sagen habt. Stehlt uns aber nicht die Zeit mit Bitten, Drohungen oder Ausflüchten. Ihr kennt unsere Forderungen. Wir werden nicht abziehen, ehe sie erfüllt sind!«
    Raban Hofwart räusperte sich, dann sprach er mit lauter Stimme, sodass alle ihn hören konnten.
    »Ihr verlangt die Schlüssel der Stadt und die Übergabe der Burg. Nun gut, doch wie sollen wir abziehen, solange Ihr uns von allen Seiten belagert? Glaubt Ihr, wir verlassen unseren Schutz, solange Eure Kanonen und Dutzende gespannte Armbrüste auf uns gerichtet sind? Wir können ja nicht einmal durch das Törlein die Stadt verlassen, denn draußen lagern Eure Männer ja auch und warten nur darauf, dass wir unsere Haut zu Markte tragen. Ihr selbst verhindert, dass wir die Burg verlassen können!«
    Die Chorherren und Ratsleute sahen einander an. Die Mienen schwankten zwischen belustigt und empört. Der Bürgermeister stemmte die Hände in die Hüften.
    »Wollt Ihr allen Ernstes

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