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Die Dirne und der Bischof

Die Dirne und der Bischof

Titel: Die Dirne und der Bischof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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zerfetztem Rock und begann erstaunlich geschickt die Wunden zu verbinden. Seine Bewegungen waren ruhig und überlegt, ja fast sanft.
    »Was ist mit der Meisterin?«, fragte Elisabeth, als er den letzten Knoten zuzog. »Ist sie tot?«
    Der Henker schüttelte den Kopf. »Nein, unsere Else hat einen harten Dickkopf. Ich denke, sie wird bald wieder zu sich kommen.«
    Wie um seinen Worten beizupflichten, begann Else Eber lin zu stöhnen und sich zu regen. Der Henker beugte sich über sie und half ihr, sich aufzurichten. Ihr Blick schweifte verwirrt ein paar Mal hin und her, dann schien sie sich zu erinnern.
    »Wie kommst du denn hierher? Wie ich sehe, hast du diese Dreckskerle in Gewahrsam genommen.«
    Der Henker nickte in Grets und Elisabeths Richtung. »Die beiden haben gesehen, was mit euch geschehen ist, und rasch gehandelt. Sie haben mich am Faulturm erwischt, und so kam ich mit Gilg und Hannes, die gerade ihre Runde durch St. Gertraud gedreht haben.«
    »Danke«, sagte die Wirtin und sah dann zu ihren Frauen hinüber. Elisabeth duckte sich ein wenig unter ihrem Blick. Sie hatte schon einmal eigenmächtig gehandelt und dafür den Zorn und die harte Hand der Meisterin erfahren. Else hatte ihnen befohlen, im Haus zu bleiben! Würde Elisabeth nun noch einmal ihren Gürtel zu spüren bekommen? Elisabeth wurde ganz kalt bei dem Gedanken. Die Meisterin wusste wohl zuzuschlagen!
    »Habe ich euch nicht ausdrücklich gesagt, ihr sollt euch nicht vom Fleck rühren? Dass das hier zu gefährlich für euch ist? Antwortet!«
    »Ja, Meisterin«, sagten Gret und Elisabeth im Chor, doch sie senkten nicht ihre Blicke. Ein leichtes Lächeln erhellte die geschundenen Züge der Eselswirtin.
    »Wie gut, dass ihr nicht gehorcht habt. Meister Thürner zu holen war der richtige Einfall. Ihr habt Jeanne und mich gerettet. Danke! - Das heißt aber nicht, dass ich es in Zukunft dulden werde, wenn ihr meine Anweisungen missachtet! Wagt es nicht, sonst werdet ihr meinen Gürtel erleben!«
    »Ja, Meisterin«, sagten sie noch einmal.
    »Lass gut sein, Else«, meinte der Henker und half ihr beim Aufstehen. Er befahl den Scharwächtern, die Gefangenen zum Faulturm zu führen.
    »Ja, lasst uns nach Hause gehen!«, stimmte Else ihm zu. Sie stützte sich auf seinen Arm und humpelte auf das Frauenhaus zu, wo sie ängstlich erwartet wurden. Else forderte den Vikar, der bei Marthe am Tisch saß, harsch zum Gehen auf. Er sah sie genauso entgeistert an wie die anderen Frauen. So etwas hatte es bei Else Eberlin noch nie gegeben! Einen zahlenden Kunden verjagte man nicht. So lautete das oberste Gebot. Doch in diesem Augenblick dachte nicht einmal die Meisterin an die Münzen in ihrer Schatulle.
    »Geht, Herr Vikar«, wiederholte der Henker. »Es ist nicht die Stunde, da Ihr Euch hier noch herumtreiben solltet - falls es so etwas für einen Mann der Kirche überhaupt gibt«, fügte er leise hinzu. Der Vikar sprang auf. Einen scheuen Blick auf den Henker gerichtet, warf er ein paar Pfennige auf den Tisch und lief dann hinaus. Ja, er rannte geradezu über die Wiese davon auf St. Gertraud zu.
    Der Henker ließ Else auf die Bank gleiten. Er schob die Lampe näher und untersuchte ihre Kopfwunde. »Ist dir übel und schwindelig?«
    »Ja«, sagte sie und schob ihn unwirsch beiseite. »Nichts, was kalte Umschläge nicht in ein paar Tagen wieder richten könnten. Sieh lieber nach, wie sehr sie mir meine Jeanne aufgeschlitzt haben, diese dreckigen Bastarde!«
     

Kapitel 20
    In der nächsten Woche erholten sich Else Eberlin und Jeanne von dem Überfall. Wie erwartet, heilten die Wunden der Meisterin schneller. Sie blieb vier Tage im Bett und übertrug Gret derweil die Verantwortung über die anderen und über ihren Beutel mit Geldstücken, dann tauchte sie wieder auf, und nur noch ein paar verkrustete Kratzer in ihrem Gesicht erinnerten an den Vorfall.
    Jeannes Genesung ließ länger auf sich warten. Der Hen ker kam ein paarmal vorbei, brachte Kräutertinkturen, damit die Wunden nicht zu faulen begannen, und überprüfte den Verlauf der Heilung. Einmal ließ Else sogar den Bader kommen, doch dieser riet nur zu verstärktem Aderlass. Als die Meisterin das hörte, jagte sie ihn mit einem Besen in der Hand aus dem Haus.
    »Alter Quacksalber!«, schrie sie ihm hinterher. »Du wirst mir mein Mädchen nicht noch vollends zugrunde richten!«
    Der Bader hob die Fäuste und schwor, sie würde es noch bereuen, ihn so abgewiesen zu haben. »Sie wird unter deinen Fingern verrecken,

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