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Die Dirne und der Bischof

Die Dirne und der Bischof

Titel: Die Dirne und der Bischof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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und was anderes hast du auch nicht verdient, du geiziges altes Weib!«
    Er sollte nicht recht behalten. Vielleicht war es Jeannes junger, starker Körper, vielleicht waren es die Heilkünste des Henkers oder beides zusammen, jedenfalls begannen sich die Schnitte zu schließen, ohne dass die Wunden zu eitern und zu stinken begannen. Elisabeth und Ester teilten sich die Pflege, wann immer die Meisterin sie entbehren konnte. Sogar Marthe kam einmal an Jeannes Lager und bemühte sich, etwas Nettes zu sagen - für ihre Verhältnisse zumindest.
    »So schrecklich wie Ester siehst du gar nicht aus. Wenn die Krusten abfallen, kann man das Haar vorkämmen, und du bist wieder recht ansehnlich.«
    Jeanne zeigte ein schwaches Lächeln. »Danke für deine Aufmunterung!«
    Am Abend stand der Sekretär des Dompropstes unvermittelt vor der Tür und verlangte nach Elisabeth. Er bestand wieder darauf, dass sie sich weniger offenherzig kleiden und einen langen Umhang tragen sollte. Unruhig schritt er vor dem Frauenhaus auf und ab und vermied es, den kommenden und gehenden Gästen in die Augen zu sehen, während die Meisterin Elisabeth in ihrem Häuschen für den hohen Kunden vorbereitete.
    »Darf ich das schöne Medaillon wieder tragen?«, bat Elisabeth.
    Else Eberlin zögerte. Sie nahm das wertvolle Schmuckstück aus ihrer Truhe und ließ es im Lampenschein hin- und herschwingen. Der Feuerschein ließ die Perlen und den Rubin aufblitzen.
    »Es ist mir sehr viel wert. Ich könnte es nicht verschmerzen, wenn du es verlierst«, sagte sie ablehnend.
    Elisabeth streckte die Hand nach dem Medaillon aus. Es zog sie magisch an. Sie wollte es berühren und sich an die Brust drücken. Else reichte es ihr widerstrebend. Welch tröstliches Gefühl war es, das kleine Kunstwerk aus Gold und Edelsteinen zu berühren. Elisabeth umschloss es vorsichtig mit ihren Händen, als würden sie einen jungen Vogel in sich bergen.
    »Ich werde gut auf diesen Schatz Acht geben. Ich verspreche es dir. Er liegt mir selbst so am Herzen, dass allein der Gedanke, ihn nicht mehr ansehen zu können, mich traurig stimmt.«
    Zu ihrer Überraschung wurde Else über diese Worte noch ungehaltener. »So ein dummes Gerede«, schimpfte sie und zog die Bänder von Elisabeths Rock mit einem Ruck so fest, dass die junge Frau nach Luft schnappte. Als Else sich abwandte, um den Mantel zu holen, legte sich Elisabeth schnell die Kette um den Hals,ehe die Meisterin zu der Überzeugung gelangte, es wäre besser, das Schmuckstück wieder in ihrer Truhe zu verbergen.
    In einen unauffälligen dunklen Umhang gehüllt, folgte Elisabeth dem Sekretär zum Haus des Propstes. Er sprach kein Wort mit ihr, warf ihr ab und zu nur einen missbilligenden Blick zu. Offensichtlich konnte er ihren Besuch gar nicht gutheißen. Er führte sie wieder in das Zimmer, in dem sie das letzte Mal gewesen war, und ließ sie dann alleine.
    Dieser zweite Besuch glich überhaupt sehr dem ersten in diesem Haus. Wieder war sie lange allein in dem prächtigen Gemach und vertrieb sich die Zeit mit Lesen. Und es war der gleiche alte päpstliche Legat, der nachher ihre Dienste forderte und wünschte, dass sie anschließend in seinem Bett schlief. Warum er wieder nach Würzburg gereist war und was er mit dem Domkapitel zu besprechen hatte, das erfuhr Elisabeth natürlich nicht. Sie war freundlich zu ihm und erfüllte seine bescheidenen Wünsche, wie bei ihrem ersten Treffen. Dieses Mal hatte sie allerdings darauf bestanden, dass man ihr das ihr zustehende Geld gleich aushändigte, damit sie nicht den nächsten Vormittag damit verbringen musste, nach ihrem Auftraggeber zu suchen, damit er sie bezahlte.
    »Es wäre für den Herrn Propst sicher nicht angenehm, wenn ich ihm bis in den Dom nachlaufen müsste, um die Bezahlung für meine nächtlichen Dienste einzufordern!«, sagte sie zu dem Sekretär, als er sie die Treppe hinaufführte, und sah ihn herausfordernd an. Der zog ein Gesicht, als habe er auf ein Stück Zaunrübe gebissen.
    »Nein, dazu solltest du dich nicht erdreisten!«, gab er empört zurück. »Es wäre ein Eklat, eine Beleidigung, ein unglaublicher Akt der Verderbnis!«
    Elisabeth verzichtete darauf, sich auf ein Streitgespräch einzulassen, wer sich hier der größeren Verfehlung schuldig machte -der Propst und sein kirchlicher Würdenträger, die sich eine Dirne bringen ließen, oder sie, die das ihr zugesagte Geld einforderte. Jedenfalls zählte der Sekretär ihr die Münzen in die Hand, ehe er sie in dem

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