Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Dirne und der Bischof

Die Dirne und der Bischof

Titel: Die Dirne und der Bischof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
Vom Netzwerk:
wirkte erzürnt. »Er hat sich auf die Seite meiner Feinde geschlagen. Er und sein Bruder intrigieren gegen mich und meine Verbündeten, wie sie nur können. Am besten, du gibst dich gar nicht mehr mit ihm ab.«
    Elisabeth zögerte, nickte dann aber, ohne ihrem Vater in die Augen zu sehen. Sie musste Albrecht von Wertheim wenigstens noch einmal sprechen. Es gab nochzu viele Fragen. Über ihr Gelöbnis, das sie einander gegeben hatten, brauchten sie allerdings nicht mehr zu reden. Mit seinem Schritt ins Kapitel der Domherren hatte sich Albrecht gegen ein Leben mit Ehe und Familie entschieden. Nun gehörte er der Kirche. Der Gedanke schmerzte tief.
    Was macht es schon, ob er ein Chorherr ist oder nicht? So bekommt ihn schon keine andere! Oder wolltest du dich ihm etwa als die keusche Jungfrau, die ein Jahr im Kloster verbracht hat, an den Hals werfen? Männer sind so einfältig. Er würde es schon nicht bemerken!
    Nein! Natürlich würde ich das nicht! Elisabeth wollte die gehässige Stimme in ihr zum Schweigen bringen.
    Ich könnte ihm die Wahrheit sagen und ihn entscheiden lassen.
    Nein, das könntest du nicht, denn du hast gerade deinem Vater geschworen, niemandem etwas zu sagen, auch nicht Albrecht!
    Der Bischof trat zurück und rieb sich die Hände. »Es ist spät geworden, mein Kind. Du solltest zu Bett gehen. Ich lasse eine Magd rufen, die dir behilflich sein kann.«
    »Wo soll ich denn schlafen?«, fragte Elisabeth.
    »In deinem Bett natürlich. In deinem Gemach! Ich habe alles so gelassen, wie es am Tag deiner Abreise... äh... deines Verschwindens zurückgeblieben ist.«
    Elisabeth wünschte ihrem Vater eine gesegnete Nacht, ließ es zu, dass er ihre Wangen tätschelte, und folgte dann einem jungen Mädchen, das sie nicht kannte, den Gang entlang und eine Treppe höher. Hier lagen die beiden Räume, die sie bewohnt hatte. Ein großes Gemach mit Blick in den Hof und zur hohen Warte hinüber und eine kleine Ankleidekammer, in der ihre persönliche Leibdienerin geschlafen hatte.
    »Ist Maria noch hier?«, fragte sie das Mädchen, das Thea hieß.
    »Maria? Die Euch früher gedient hat? Nein, die ist nach ein paar Wochen gegangen. Ich glaube, zum Hof ihrer Eltern zurück. Aber so genau weiß ich das nicht. Ich bin ja erst seit Martini hier.«
    Stumm verrichtete sie ihre Arbeit. Sie war noch ein wenig ungeschickt, und aus ihrem ängstlichen Blick sprach Unsicherheit. Elisabeth wartete, bis sie ihr in ein Nachtgewand geholfen und die Decke zurückgeschlagen hatte.
    »Danke, das ist alles, du kannst jetzt gehen.«
    »Soll ich dort drin schlafen, falls Ihr heute Nacht etwas braucht?«, fragte das Mädchen.
    »Nein, das ist nicht nötig. Du kannst zu den anderen Mägden zurückkehren. Wie wir es in Zukunft handhaben, muss ich mir noch überlegen.«
    Das Mädchen knickste und verließ das Gemach. Elisabeth setzte sich im Schneidersitz auf ihr Bett und legte das Kinn in die Hände. Was für ein unglaublicher Tag. Heute Morgen war sie noch die aus dem Frauenhaus vertriebene Dirne gewesen und heute - heute war sie die Tochter von Bischof von Brunn und von Catharina Suppan. Auch der Name ihrer Mutter war ihr wieder eingefallen. Sie hatte einige Jahre hier auf der Festung Marienberg gelebt, obwohl sie mit dem Ratsherrn Suppan verheiratet war und ihm bereits einen Sohn geschenkt hatte. Dennoch lebte sie fast wie ein Eheweib mit dem Bischof zusammen und gebar ihm drei Kinder: einen älteren Sohn, der gestorben war, dann ein Mädchen, das sie Elisabeth taufen lie ßen, und ein Jahr später einen Jungen, den sie Georg nannten. Wo er jetzt wohl sein mochte? Sie würde ihren Vater fragen. Sein lachendes Gesicht stand ihr nun ganz deutlich vor Augen.
    Elisabeth dachte an ihre Mutter. Acht Jahre hatte sie auf der Burg gewohnt, dann plötzlich hatte sie beschlossen, zu ihrem Ehemann in die Stadt zurückzukehren. Elisabeth war gerade einmal fünf Jahre alt gewesen. Doch es hatte ihr nicht viel ausgemacht. Die Mutter war nicht gerade fürsorglich zu ihren Kindern gewesen und hatte ihre Betreuung der alten Barbe überlassen. An sie erinnerte sich Elisabeth mit Zärtlichkeit.
    Sie hätte diese Lüge nicht so leicht geschluckt, dachte Elisabeth. Nicht wie alle anderen: ihr Vater, ihr Verlobter, all die Männer und Frauen, die sie jeden Tag gesehen hatten. Warum hatte sich keiner darüber gewundert, dass sie, ohne jemanden einzuweihen, in ein Kloster gegangen sein sollte? Warum hatte keiner im Kloster nachgefragt? Warum war keiner

Weitere Kostenlose Bücher