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Die Dirne und der Bischof

Die Dirne und der Bischof

Titel: Die Dirne und der Bischof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Schließlich hatte sie stets nur Augen für Albrecht von Wertheim gehabt, und das wusste schließlich jeder.
    Ihr Blick wanderte zu dem jungen Ritter neben ihm. Seitz von Kere war im Gegensatz zu Bernhard eine Augenweide, nach der sicher nicht wenige junge Fräulein Ausschau hielten. Während Bernhard mit seiner untersetzten Statur und den zu kurzen Beinen immer etwas ungeschickt wirkte, war Seitz groß und muskulös gebaut, hatte gepflegtes, nackenlanges Haar in einem dunklen Braunton und ebenso braune Augen. Er erwiderte ihren Blick so intensiv, dass Elisabeth ihm kaum standhalten konnte.
    »Eine keusche Jungfrau müsste nun verschämt den Blick senken!«, raunte er ihr über den Tisch hinweg zu. Die anderen waren gerade in ein Gespräch vertieft und achteten nicht auf sie.
    Elisabeth sah ihn weiter trotzig an. »So? Müsste sie? Es ist aber auch von Euch nicht besonders höflich, mich so anzustarren«, gab sie zurück.
    »Nein, ist es nicht. Es ist Ausdruck meines Erstaunens, Euch so unerwartet wieder hier anzutreffen. Hat es Euch bei den Nonnen nicht gefallen? Es müssen ja seltsame Sitten bei den Zisterzienserinnen herrschen, wenn sich ihre Novizinnen so störrisch entwickeln.«
    Elisabeth entgegnete nichts. Stattdessen schöpfte sie sich Mandelspeise auf ihren Teller und nahm sich eine Hand voll Erdbeeren.
    »Nun, es ist ja bekannt, dass es nicht in allen Klöstern so keusch und heilig zugeht, wie es die Regel vorsieht. Manche sollen so verlottert sein, dass sie gar Hurenhäusern gleichen!«
    Elisabeth sah rasch auf, doch er hatte seine Aufmerksamkeit bereits wieder dem Hirschbraten auf seinem Teller zugewandt. Ihr Herz begann rascher zu schlagen. Hatte der Ritter die Worte nur so dahingesagt, oder wollte er ihr damit andeuten, er wisse Bescheid? Sie wusste es nicht, fühlte sich aber in seiner Gegenwart zunehmend unwohler. Um nicht unnötig aufzufallen, löffelte sie schweigend ihre Mandelspeise. Auf die neugierigen Fragen des ältlichen Kaplans an ihrer Seite gab sie nur einsilbige Antworten. Natürlich wollte er wissen, wie das Leben im Kloster für sie gewesen war. Elisabeth unterdrückte einen Seufzer. Wie lange konnte sie das Lügengebäude aufrechterhalten, bis es mit Getöse über ihr zusammenbrechen würde?
    Ihr Vater war am Abend guter Stimmung. Obwohl noch immer Schonzeit herrschte, war er am Nachmittag mit seinen Rittern und Kaplänen auf die Jagd geritten und hatte danach noch seine Falken und Habichte fliegen lassen, die die abendliche Tafel immerhin um zwei Fasane bereichert hatten. Seine Basilika hatte der Bischof dagegen nicht einmal betreten. Nun saßen alle im großen Saal, lauschten den Klängen der Spielleute und ergötzten sich an frechen und frivolen Erzählungen eines Geschichtenerzählers. Zum Schluss tanzten zwei dunkelhäutige Frauen, die Elisabeth für Zigeunerinnen hielt, über den Tisch, dass ihre Röcke hoch flogen und man ihre schlanken Beine bewundern konnte, jedoch ohne dass nur ein Teller oder Becher zu Bruch ging. Der Bischof klatschte begeistert Beifall. Er rief die Frauen am Ende der Vorführung zu sich, steckte ihnen einige Münzen in den Ausschnitt und tätschelte ihre Brüste. Sie dankten und kicherten und zogen sich dann zurück. Der Bischof ließ sich seinen Becher noch einmal mit schwerem, rotem Wein von den Südhängen über Würzburg füllen, rülpste vernehmlich und ließ sich in seinen bequem gepolsterten Stuhl zurücksinken.
    »Was für ein guter Tag«, seufzte er. Die Ritter stimmten ihm zu und hoben ihre Becher. Auch die Kapläne und Vikare schienen nichts am Ablauf des Tages auszusetzen zu haben und strichen sich zufrieden ihre Bäuche, die die langen Gewänder wölbten.
    Elisabeth sah stumm auf den Rest ihrer Fasanenkeule herab. War das Leben hier schon immer so gewesen? War sie wirklich so blind gewesen, dass es sie nicht im Mindesten gestört hatte? Jetzt jedenfalls regte sich zunehmend Ablehnung in ihr. Einige der Männer waren schlimmer betrunken als die Gäste im Frauenhaus! Und viel anders führten sie sich auch nicht auf, musste Elisabeth feststellen. Sie sah zu der drallen Magd hinüber, die einer der Vikare auf seinen Schoß gezogen hatte. Ritter Johann von Malkos herzte ebenfalls ein Mädchen, das Elisabeth nicht kannte, das aber bestimmt nicht sein Eheweib war. Das saß vermutlich mit den Kindern in der heimischen Burg. Endlich erhob sich der Bischof und gestattete auch seinen Gefolgsleuten, sich nun zurückzuziehen. Die Schwarzhaarige klammerte

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