Die Dirne und der Bischof
interessiert. Sie wollen Sicherheit und Frieden und von ihrer Arbeit ihre Familie ernähren können. Doch das habt Ihr mit Euren hohen Steuern und immer neuen Abgaben fast unmöglich gemacht. Mühlen, Dörfer, ja ganze Landstädte sind verpfändet. Das Bistum fällt auseinander, weil es an allen Ecken und Enden an Geld fehlt.«
Der Bischof seufzte. »Wem sagst du das. Die Knappheit meiner Mittel hat mich meine ganze Amtszeit schon belastet. Mein Vorgänger hat mir das Bistum nicht gerade in einem guten Zustand übergeben.«
»Ja, ich weiß, aber Ihr habt es noch viel, viel schlimmer gemacht!«, rief Elisabeth leidenschaftlich aus.
Die Miene des Bischofs verdüsterte sich. »Ich glaube, das ist kein Thema, das ich mit meiner Tochter besprechen muss. Der Geist einer Frau ist nicht für die Politik und Geldgeschäfte gemacht. Du kannst die Führung des Bistums getrost mir überlassen.«
»Ich weiß, dass ich mich nicht einmischen sollte«, lenkte Elisabeth in versöhnlichem Ton ein. »Aber ich sorge mich um Euch!«
»Du machst dir Sorgen um mich?« Der Bischof schien gerührt. »Das musst du nicht, meine liebe Tochter. Genieße einfach das Leben, das ich dir hier auf der Burg bieten kann. Es gibt keinen Grund, sich schwere Gedanken zu machen.«
Elisabeth ließ nicht locker. »Doch, die gibt es. Ihr wisst nicht, was in der Stadt vor sich geht. Sie werden Euch absetzen, wenn Ihr nicht guten Willen zeigt, Euer Leben zu ändern. Es ist nicht nur das Geld. Es ist auch - nun ja, der Mangel an Moral und Anständigkeit, der hier auf der Bischofsburg herrscht.« Sie sah, wie sichseine Miene wieder verdüsterte, und konnte seinen Ärger spüren, dennoch sprach sie schnell weiter.
»Eure Feste sind zu üppig, Eure Jagden und Turniere eines Königshofes angemessen, aber keines Bischofsstuhls! Und die Frauen, die hier tanzen und die Männerumgarnen, Ritter wie Kapläne und Vikare! Und auch Ihr selbst. Es macht keinen guten Eindruck, wie Geradina Euch in aller Öffentlichkeit herzt und Ihr sie. Es steigert nur die Wut Eurer Untertanen und des Kapitels und ihre Entschlossenheit, sich gegen Euch zu verbünden und Euch durch einen neuen Bischof ihrer Wahl zu ersetzen.«
Der Bischof plusterte sich auf. »Ausgerechnet du mahnst mich zu Moral und Anständigkeit? Überdenke deine Worte noch einmal! Ist dir entfallen, wo du dich das vergangene Jahr aufgehalten und was du dort getan hast?« Er hob abwehrend die Hand. »Ich will keine Einzelheiten hören. Doch glaubst du nicht, dass diese Dinge verderbter waren als alles, was hier auf meiner Festung je vorgefallen ist?«
So viele Worte kamen Elisabeth in den Sinn. Empörung wallte in ihr auf. Sie hatte sich nicht freiwillig in diese Lage begeben und den Weg ins Frauenhaus nicht gewählt! Wie konnte er diese beiden Dinge vergleichen? Wie konnte er sie an diese demütigende Zeit erinnern?
»Du sagst nichts? Gott hat mich an diese Stelle gesetzt, und wenn es ihm nicht gefallen würde, wie ich lebe und was ich tue, würde er mich sicher dafür strafen. Ich fürchte mich nicht davor, am Tag des Jüngsten Gerichts vor meinen Schöpfer zu treten, wenn er meine Taten gegeneinander abwägt.«
Elisabeth schüttelte den Kopf und erhob sich steif. Sie wusste, dass keine ihrer Worte Gehör finden würden. Er sah die Dinge mit anderen Augen und war sich anscheinend keiner Verfehlung bewusst. Ihre Warnung war ungehört im Nachtwind verweht. Nun blieb ihr nichts anderes als abzuwarten, wie sich die Dinge entwickeln würden.
Kapitel 25
Eine Woche lang geschah nichts. Das Leben auf der Burg des Bischofs ging weiter seinen unbeschwerten Gang. Albrecht von Wertheim ließ sich nicht blicken, und auch von den anderen Domherren oder dem bürgerlichen Rat war nichts zu hören. Zumindest Elisabeths Ohren erreichten keine Neuigkeiten, obwohl sie stets aufmerksam aufhorchte, wenn die Männer zu den Themen der Politik übergingen.
Am Sonntag begab sich der Bischof zum ersten Mal in die Basilika, um eine Messe zu hören. Geradina saß neben ihm und flüsterte ihm unablässig ins Ohr. Elisabeth, die auf der anderen Seite ihres Vaters saß, konnte sich kaum auf die Worte des Generalvikars konzentrieren. Neben ihr hatten die Ritter von Kere und von Seckendorf Platz genommen. Elisabeth rückte ein wenig von ihnen ab. Sie spürte, wie sich ihre Nackenhaare aufstellten und ihr Atem flacher ging. Es war ihr, als drücke ein schweres Gewicht auf ihre Brust.
Sei nicht albern, dachte sie. Du kannst die beiden
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