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Die Dirne und der Bischof

Die Dirne und der Bischof

Titel: Die Dirne und der Bischof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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schlechten Tag gehabt haben, als er dich erschuf!«, sagte sie.
    Elisabeth dachte, nun würde Marthe wieder wüste Worte in den Mund nehmen und Jeanne eine Ohrfeige verpassen, doch stattdessen war sie für einen Moment wie erstarrt. Ihre Augen glänzten feucht.
    »Wahrscheinlich ist das so«, murmelte sie. »Vermutlich hat er nicht einmal hingesehen.«
    Elisabeth und Jeanne sahen einander unbehaglich an. Doch ehe Elisabeth auf Marthe zugehen konnte, hatte sie sich bereits abgewandt und sagte in ihrem üblichen barschen Ton:
    »Und nun kommt endlich, ihr Trödelliesen. Die Meisterin wird uns alle ausschimpfen, und ihr seid schuld daran!«
    Damit hatte sie allerdings nicht ganz unrecht. Kaum ließen sie die letzten Häuser hinter sich, die sich um St. Gertraud scharten, sahen sie die Meisterin bereits mit vor der Brust verschränkten Armen vor der Tür stehen.
    »Es war unheimlich viel los in der Stadt«, rief Jeanne, noch bevor sie in Reichweite der kräftigen Hände kam. »Man sollte es nicht glauben!«
    »Ja, man sollte es nicht glauben!«, wiederholte Else und machte ein grimmiges Gesicht. »Los, rein jetzt, ihr drei. Habt ihr alles bekommen, was ich euch aufgetragen habe?«
    Sie nickten brav und zeigten der Wirtin ihre Körbe. »Wie viel habt ihr ausgegeben?«
    Egal, welche Summe sie genannt hätten, das Ergebnis wäre jedes Mal das Gleiche gewesen. Else stöhnte dramatisch, jammerte über die hohen Preise und zählte das Wechselgeld, das Marthe ihr reichte, bis auf den letzten Pfennig nach. Die Frauen wollten schon an ihr vorbeischlüpfen, als die Meisterin wieder aufblickte.
    »Es fehlt ein Pfennig. Wo ist er?« Sie sah Marthe an, die ihr das Geld gereicht hatte. Elisabeth und Jeanne tauschten unbehagliche Blicke. Wenn es um Geld ging, kannte die Eselswirtin keinen Spaß. Selbst für einen Pfennig konnte sie unangenehm werden.
    Marthe kniff die Augen zusammen. »Woher soll ich das wissen? Was siehst du mich so an? Ich habe ihn nicht genommen! Frag doch die anderen.«
    »Du undankbares, freches Biest!«, ereiferte sich Else. »Ich geb dir zu essen und kleide dich und sorge dafür, dass du Arbeit hast, und du kommst mir so daher!« »Ach ja? So kann man es auch sehen. Ich würde sagen, du hältst uns wie Sklaven, verkaufst uns und füllst deinen Beutel, und wenn wir verrecken, ist es dir egal.« Die Wirtin schnappte nach Luft, Elisabeth und Jeanne zogen die Köpfe ein. Was um alles in der Welt war mit Marthe los? »Wie sprichst du denn mit mir?«, schrie die Wirtin zurück und schlug ihr rechts und links ins Gesicht. Marthe kramte in ihrer Gürteltasche und zog einen Pfennig hervor. Sie schleuderte ihn der Wirtin vor die Füße und stürmte dann ins Haus. Dort warf sie sich auf ihr Bett und zog die Decke über den Kopf. Die Wirtin sah ihr mit offenem Mund nach, wirkte nun aber eher erstaunt als verärgert. »Nun, sie wird ihre unreinen Tage bekommen. Wird auch Zeit!« Damit ließ sie es auf sich beruhen. Sie befahl Jeanne und Elisabeth, das Gemüse für die Suppe vorzubereiten und den Wasserkessel mit den Knochen und Kräutern schon einmal aufzusetzen. Dann ging sie zu ihrem eigenen Häuschen davon.
     

Kapitel 6
    Marthe, das Frühmahl ist fertig!«
    »Du brauchst mir nicht alles dreimal zu sagen«, fauchte Marthe und warf sich in ihrem Bett auf die andere Seite, die Decke noch immer über den Kopf gezogen. »Ich will nichts. Ich habe keinen Hunger.«
    Sie hatte auch am Abend zuvor kaum etwas gegessen, doch Elisabeth verzichtete darauf, es zu erwähnen. Sie aß ihre Schüssel Mus leer und half dann beim Abspülen. Als sie die Schalen wieder auf das Regalbrett stellte, hatte Marthe das Bett immer noch nicht verlassen. Else war schon früh aufgebrochen. Sie hatte den Frauen nicht gesagt, was sie vorhatte, denn das ging sie nichts an, nur dass ihre Geschäfte sie bis Mittag fernhalten würden und die Frauen zusehen sollten, dass alles ordentlich wäre, bis sie zurück sei.
    Elisabeth betrachtete den Deckenberg, der zu zittern schien.
    »Vielleicht ist sie krank«, raunte Jeanne. »Das würde auch erklären, warum sie gestern so seltsam war.«
    Elisabeth nickte. »Ja, dann müssen wir uns um sie kümmern, bis die Meisterin zurückkommt.« Doch was sollten sie tun? Elisabeth war ratlos. Mit Krankheiten kannte sie sich nicht aus.
    »Wenn sie Fieber hat, muss sie zur Ader gelassen werden«, sagte Gret, die zu ihnen getreten war. »Das hilft immer - sagt zumindest der Bader.«
    Die drei Frauen sahen einander an.

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