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Die Dirne vom Niederrhein

Die Dirne vom Niederrhein

Titel: Die Dirne vom Niederrhein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Thiel
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still«, sagte Elisabeth bestimmend. »Ich habe eine Idee, wie wir es anstellen können.« Sie blickte zu Schwester Agathe. »Anscheinend seid Ihr nun die Vorsteherin der Abtei. Ich brauche Eure Hilfe.«
    Minutenlang steckten sie die Köpfe zusammen, mehrmals schnaufte Schwester Agathe, bis sie schließlich zustimmte. Dann schritt die Nonne zum Eingang des Klosters. Ein komisches, beinahe groteskes Bild gab die Frauengruppe ab. Auf der einen Seite standen die Nonnen, still im Gebet versunken, auf der anderen Seite die Huren, in Gespräche vertieft. Als Schwester Agathe sich vor ihnen aufbaute, versiegte jede Unterhaltung.
    »Gottes Wege sind unergründlich. Es kann kein Zufall sein, dass ausgerechnet in der Nacht, bevor Johannes der Täufer geboren wurde, uns diese Frauen um Hilfe anflehen. Es ist an uns, zu zeigen, dass endlich Gottes Weg in diesen Hallen befolgt wird. Lehrt uns nicht die Bibel, den Hilflosen zur Seite zu stehen, sie zu nähren und ihnen den richtigen Weg zu zeigen?« Diese Worte waren an die Nonnen gerichtet. »Bringt die Dirnen in unsere Waschräume, holt die schönsten Röcke aus der Kleiderkammer hervor, schneidert zur Not aus Skapulier und anderen Teilen des Habit eine ansehnliche Bedeckung. Eilt euch, meine Schwestern, nur noch bis zum Morgengrauen haben wir Zeit für diese Aufgabe.«

Kapitel 18
- Schmerzhafte Verführungen -

    »Sieht schlimm aus, Eisenklopper.«
    Maximilian spähte mit seinen beiden Freunden die Straße entlang, die zum Gasthof führte, und kam nicht umhin, Jakob recht zu geben. »Es müssen mindestens 20 sein, vielleicht mehr.«
    »Du weißt nicht, wie viele sich von diesem Söldnerpack im Innenraum befinden«, ergänzte Ratte und drückte sich ganz nah an die Hauswand. »Außerdem drei oben auf dem Balkon.«
    Ein paar Fackeln waren in dieser lauen Sommernacht von den Landsknechten entzündet worden. Die enge Straße trug das Stimmgewirr der Soldaten zu ihnen, die Männer tranken im Vorhof Bier und ließen ihre Würfelbecher auf die Tische knallen. Niemand der Bewohner wagte, das laute Treiben zu stören.
    Maximilian schüttelte den Kopf und betastete die Wunde an seinem Hinterkopf. Noch immer pochte die Verletzung gewaltig, jedoch verbat er sich jeglichen Gedanken an die Schmerzen. »Vielleicht befinden sich noch ein oder zwei Offiziere im Inneren.« Elisabeth war sich sicher gewesen, dass Major von Rosen den Gasthof für sich haben wollte. »Er duldet niemanden neben sich, hörst du – niemanden. Er will von seinen Männern als Frontkämpfer wahrgenommen werden. Seine Soldaten haben ihr Lager vor der Stadt aufgeschlagen, aber niemand soll mitbekommen, dass er sich auf weiche Kissen bettet. Aus diesem Grund hat er die Landsknechte des Gasthofes rekrutiert und nicht seine eigenen Männer.«
    »Ansehen ist alles«, fasste Ratte die Aussage zusammen.
    Maximilian atmete tief ein, umfasste die Muskete härter und legte seine Hand über den Säbel. Kritisch beäugte er die Waffen, die sie den Landsknechten abgenommen hatten. Seine Hand glitt unter sein Hemd, wo der Dolch ruhte, den ihm Vikar Weisen geschenkt hatte. »Es muss einfach gehen. Zu dritt kommen wir gegen diese Übermacht nicht an. Uns bleibt nur dieser eine Versuch. Sollten wir scheitern, stehen in wenigen Stunden Tausende Männer Ebersteins vor den Toren Viersens. Dann war es das. Wir müssen auf die Kunst der Frauen hoffen.«
    Ein breites Lächeln zog sich über Jakobs Gesicht. »Dieser Art von Kunst wäre ich nicht abgeneigt. Hast du dir die Mädchen mal angesehen? Also einige von denen …«
    »Es ist riskant«, unterbrach ihn Ratte. »Sie könnten alle dabei sterben, sollte von Rosen sie entdecken. Hoffen wir, dass er bereits schläft.«
    Abfällig schnaubte Maximilian. »Er wird nicht im Tiefschlaf sein. Laut den Frauen ist er in der Regel bis in die Morgenstunden wach und … anderweitig beschäftigt.«
    »Auch das ist gut für uns«, erwiderte Ratte. »Hauptsache, er steht nicht plötzlich auf dem Balkon und erkennt die Frauen.«
    Jakob schlug seinen Freunden auf die Schultern, sodass sie beinahe das Gleichgewicht verloren. »Schaut, wie aufs Stichwort.«
    Gleichzeitig schossen die Gesichter der beiden herum. Ein Dutzend der Huren näherte sich ihnen leise. Sie hatten alte, teils zerschlissene Kleider an, die notdürftig zusammengehalten wurden. Andere wiederum trugen ein Habit, das sie an Armen und Beinen gekürzt hatten. So war aus der alles bedeckenden Tracht der Ordensschwestern ein Kleid geworden, das

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