Die Donovans 2: Die Spur des Kidnappers
und setzte sich auf den nächsten Barhocker. „Ich hab’s dir doch zigmal erklärt. Warum lässt du mich nicht endlich damit in Ruhe?“
„Ja, natürlich.“ Sie gab einen verächtlichen Laut von sich. Zwei Gläser wurden auf die Bar gestellt, und Sebastian griff automatisch an seine hintere Jeanstasche, um sein Portemonnaie zu zücken. Mel dachte daran, dass allein die Brieftasche wahrscheinlich mehr wert war als die gesamte Spirituosensammlung auf dem Regal hinter der Theke, ganz zu schweigen von dem Inhalt.
Sie zischte ihm kurz zu, und er verstand sofort. Seine Hand fiel schlaff herab. Darüber würde sie später noch mal gründlicher nachdenken müssen.
„Wohl mal wieder pleite, was?“, meinte sie verächtlich. „War ja nicht anders zu erwarten.“ Mit augenscheinlichem Missmut kramte sie aus ihrer Handtasche zwei mitgenommen wirkende Dollarnoten hervor. „Du bist ein echter Versager, Harry.“
Harry? Sein Stirnrunzeln war echt. „Ich bin bald wieder flüssig. Ich habe da noch ein paar Außenstände.“
„Ja, sicher. Bald wirst du die Taschen voll haben, was?“ Sie drehte ihm den Rücken zu und sah sich im Raum um.
Rico hatte ihr eine genaue Beschreibung gegeben. In weniger als zwei Minuten hatte sie den Mann erkannt, den Rico Trinkkumpan Eddie genannt hatte. Eddie war derjenige, der tagsüber den Verkauf übernahm. Außerdem hatte Eddie laut Rico eine Schwäche für die holde Weiblichkeit.
Also schlug Mel die langen Beine übereinander und wippte mit dem Fuß zum Takt der Musik, darauf bedacht, dass Eddie es auf je den Fall merkte. Sie lächelte, klimperte mit den Wimpern und sandte Eddie einen eindeutigen Blick: Hallo, starker Mann, auf so einen wie dich habe ich mein ganzes Leben gewartet.
Sebastian allerdings, der sich kurz erlaubt hatte nachzusehen, hörte laut und deutlich: fetter, kahler Idiot.
Kahl, das stimmte. Fett war jedoch nicht unbedingt richtig. Das ärmellose T-Shirt bedeckte keineswegs nur Fett, da war eine ganz schöne Menge Muskelmasse mit eingepackt.
„Hör zu, Süße.“ Sebastian legte Mel eine Hand auf die Schulter, die sie unwillig abschüttelte.
„Ich bin die ewigen Entschuldigungen leid, Harry. Ich habe wirklich die Nase voll davon. Du bist ständig abgebrannt, gibst mein Geld aus und bringst noch nicht einmal die fünfzig Dollar zusammen, die es kostet, den Fernseher reparieren zu lassen. Dabei weißt du genau, wie sehr ich die Nachmittagsshows liebe.“
„Du guckst sowieso zu viel fern.“
„Na, das ist ja wirklich toll!“ Sie wirbelte herum und ließ sich von ihrer Rolle mitreißen. „Ich arbeite mich die halbe Nacht als Kellnerin krumm, und du gönnst es mir noch nicht einmal, dass ich nachmittags mal die Füße hochlegen und entspannen möchte. Das kostet nämlich nichts!“
„Doch, es kostet fünfzig Dollar.“
Sie schubste ihn weg und glitt vom Hocker. „Was nur die Hälfte von dem ist, was du beim Pokern verloren hast! Und übrigens war das mein Geld!“
„Hör endlich auf damit.“ Langsam machte ihm dieses Spiel fast Spaß.
Immerhin hatte sie ihm gesagt, er solle ein wenig gröber werden. „Alles, was du kannst, ist Jammern.“ Er griff ihren Arm, um die Show noch ein bisschen überzeugender zu machen.
Ihr Kopf fiel zurück, ihre Augen glänzten trotzig. Dieser – sexy? Oh ja, sehr sexy sogar – Mund zeigte jetzt ein aufsässiges Schmollen, das es Sebastian schwer machte, nicht aus der Rolle zu fallen.
Mel sah etwas in seinen Augen aufblitzen, kurz nur, aber sehr kraftvoll.
Prompt setzte ihr Herz einen Schlag lang aus.
„Ich muss mir diesen Blödsinn von dir nicht länger gefallen lassen.“ Er schüttelte sie, sowohl für die Wirkung als auch, um sich selbst zu beruhigen. „Wenn es dir nicht passt, kannst du ja gehen.“
„Nimm gefälligst die Hände von mir.“ Sie ließ ihre Stimme absichtlich zittern, es war zwar peinlich, aber es musste sein. „Du weißt genau, was passiert, solltest du mich noch ein einziges Mal schlagen. Ich lasse mir das nicht mehr von dir gefallen.“
Schlagen? Du liebe Güte! „Halt den Mund und beweg einfach deinen Hintern nach draußen, Crystal.“ Er wollte sie unsanft zur Tür schieben und fand sich von einer massiven Brust aufgehalten, bedeckt von einem verschwitzten T-Shirt, auf dem zu lesen stand, dass sein Träger ein „Ganzer Kerl“ war.
„Die Dame hat dich gebeten, die Hände von ihr zu nehmen, Weichei.“
Sebastian sah auf in Eddies breites Grinsen. Mel neben ihm kostete ihre Rolle
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