Die Donovans 2: Die Spur des Kidnappers
„Wir werden Sie sicher brauchen, um den Jungen zu identifizieren.“ Devereaux sah zu Sebastian. „Agent Tucker aus Chicago, den ich seit mehr als zwanzig Jahren kenne, hat Sie empfohlen, deshalb mache ich hier mit. Und weil ich einen Enkel in Davids Alter habe.“
„Vielen Dank für Ihre Hilfe, Agent Devereaux.“ Sebastian griff mit festen Fingern Mels Ellbogen, bevor sie die beleidigende Bemerkung, die ihr auf der Zunge lag, aussprechen konnte. „Wir haben im ‚Doubletree‘ reserviert.
Wir warten dort auf Ihren Anruf.“
„Ich hätte es sagen sollen“, knurrte Mel wenige Augenblicke später, als sie hinaus in die sengende Hitze des Nachmittags traten. „Diese Typen vom FBI behandeln Privatdetektive immer wie räudige Hunde.“
„Er wird seinen Job machen.“
„Klar.“ Sie war so verärgert, dass sie gar nicht merkte, wie er ihr die Tür des Mietwagens aufhielt. „Nur weil einer seiner Kumpel aus Chicago einen Narren an dir gefressen hat. Was hast du da eigentlich getan?“
„Nicht genug.“ Sebastian schlug die Tür zu und stieg auf der Fahrerseite ein. „Du hast wohl keine Lust auf einen gemütlichen Drink in der Hotelbar und ein angenehmes Dinner?“
„Ganz bestimmt nicht.“ Sie ließ den Verschluss des Sicherheitsgurts einschnappen. „Ich brauche ein Fernglas. Hier muss es doch irgendwo ein Sportgeschäft geben?“
„Ich kann bestimmt eins finden.“
„Und eine Kamera mit Teleobjektiv.“ Sie schob die Ärmel des geliehenen Hemdes hoch. „Ein Fal für die Bundespolizei“, äffte sie Agent Devereaux nach. „Nun, es gibt doch kein Gesetz, das mir verbietet, ein wenig durch die Wohngegenden der Vororte zu fahren, oder?“
„Mir ist keines bekannt.“ Sebastian fädelte sich in den Verkehr ein.
„Vielleicht auch ein kleiner Spaziergang. Es gibt nichts Schöneres, als an einem warmen Abend durch die Nachbarschaft zu schlendern.“
Sie drehte den Kopf und lächelte ihn strahlend an. „Eigentlich bist du ganz in Ordnung, Donovan.“
„Dieses Kompliment wird mir bis an mein Lebensende reichen.“
„Kannst du …?“ Mel brach ab und schluckte die Frage hinunter, während sie langsam durch die von Bäumen bestandenen Straßen von Forest Park fuhren.
„Ob ich sagen kann, welches Haus es ist?“, beendete Sebastian die Frage für sie. „Oh, irgendwann schon.“
„Wie …?“ Auch diese Frage sprach sie nicht aus, sondern hob stattdessen das Fernglas an die Augen.
„Wie es funktioniert, willst du wissen?“ Sebastian bog nach links ab.
„Das ist ein bisschen kompliziert. Aber vielleicht erkläre ich es dir mal, wenn du dann noch interessiert bist.“
Als er an den Bürgersteig fuhr und anhielt, runzelte sie die Stirn. „Was machst du?“
„Sie gehen hier oft abends mit ihm spazieren.“
„Wie?“
„Nach dem Abendessen fahren sie ihn mit dem Kinderwagen aus, vor seinem Bad.“
Bevor ihr noch klar wurde, was sie da tat, legte Mel die Hand an seine Wange und zog sacht sein Gesicht zu sich herum. Sie blinzelte, verwirrt über die Kraft, die aus seinen Augen sprach. Wie dunkel sie geworden sind, dachte sie, fast schwarz. Als sie endlich wieder sprechen konnte, kam nur ein Flüstern über ihre Lippen.
„Wo ist er?“
„In dem Haus auf der anderen Straßenseite. Das mit den blauen Rollläden und dem großen Baum im Vorgarten.“ Er packte ihr Handgelenk, bevor sie nach dem Türgriff fassen konnte. „Nicht.“
„Wenn er da drinnen ist, werde ich ihn holen. Lass mich gefälligst los!“
„Denk nach, Mel.“ Weil er verstand, was sie fühlte, lange bevor sie sich dessen bewusst geworden war, drückte er sie mit den Schultern in den Sitz zurück. Keine einfache Aufgabe, dachte er grimmig. Sie mochte rank und schlank sein, aber sie hatte erstaunliche Kraft. „Zur Hölle, hör mir zu! Er ist in Sicherheit. David ist da drinnen in Sicherheit. Du wirst die Dinge nur unnötig verkomplizieren, wenn du jetzt in das Haus stürmst und versuchst, ihn wegzuholen.“
Ihre Augen funkelten, als sie sich gegen ihn wehrte. Für ihn sah sie aus wie eine Göttin, aus deren Fingerspitzen gleich Blitze fahren würden. „Sie haben ihn gestohlen.“
„Nein. Sie waren es nicht. Sie wissen nicht einmal, dass er gestohlen wurde. Für sie ist er ein Kind, das weggegeben wurde. Das sie an Kindes statt angenommen haben, weil sie sich so sehr ein Kind wünschten.“
Wütend schüttelte sie den Kopf. „Aber er ist nun mal nicht ihr Kind.“
„Nein.“ Seine Stimme wurde sanfter, wie
Weitere Kostenlose Bücher