Die Donovans 4: Der verzauberte Fremde
dann … hör mit dem Grübeln auf.“ Mit einem Wink tat er all ihre Bedenken als unwichtig und albern ab, blätterte dann durch ihre Zeichnungen. „Du wirst hier gut zurechtkommen. Du kommst ja schon zurecht.“ Ein breites Grinsen tauchte auf seinem Gesicht auf, als er zu der Zeichnung mit den Elfen, die durch die Farnwedel lugten, kam.
„Bestens sogar, Mädchen. Warum arbeitest du nicht mit Farben?“
„Ich bin nicht gut mit dem Pinsel“, setzte sie an. „Aber ich habe schon mit dem Gedanken gespielt, mir Kreide zu besorgen. Ich dachte mir, es könnte vielleicht Spaß machen.“
Er brummte zustimmend und besah weiter die Skizzen. Als er zu der Zeichnung von Liam kam, breitbeinig und stolz auf den Klippen, grinste Finn wie ein kleiner Junge. Und Stolz lag in seinen Augen, als er sagte: „Oh ja, das ist er. Du hast ihn genau getroffen.“
„Habe ich das wirklich?“, murmelte sie und bezog sich damit auf etwas anderes, was Finn nicht entging. Unter dem prüfenden Blick wurde sie prompt rot.
„Jede Frau hat Macht, Rowan. Sie muss nur lernen, sie zu gebrauchen. Bitte ihn um etwas.“
„Worum denn?“
„Was immer dir gefällt.“ Er tippte mit dem Finger auf die Skizze. „Darf ich das da haben? Für seine Mutter.“
„Ja, sicher.“ Doch als sie die Seite langsam und vorsichtig herausreißen wollte, verschwand das Bild einfach aus ihrer Hand.
„Sie vermisst ihn“, sagte Finn nur. „Einen guten Tag, Rowan aus der Familie der O’Mearas.“
„Oh, aber wollen Sie nicht …“ Er war fort, bevor sie ihn hatte fragen können, ob er sie nicht zu Liam begleiten wollte. „Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde …“, murmelte sie kopfschüttelnd und machte sich dann allein auf den Weg zu Liams Hütte.
Er wartete nicht auf sie. Zumindest sagte er sich das immer wieder. Er hatte genug zu tun, genug Dinge, an die er denken musste. Und ganz bestimmt wanderte er auch nicht rast- und ziellos durchs Haus, sehnte sich nicht nach ihr.
Hatte er ihr nicht gesagt, dass er heute nicht arbeiten wollte? Hatte er das nicht aus dem ganz bestimmten Grund gesagt, damit sie auch mal Zeit getrennt verbringen konnten? Sie beide brauchten Abstand voneinander, Zeit für sich selbst, allein, oder etwa nicht?
Wo, zum Teufel, steckte sie nur?
Er hätte nachsehen können, aber das wäre dann das endgültige Eingeständnis, dass er sie hier haben wollte. Außerdem hatte sie sich sehr klar ausgedrückt, was ihre Vorstellungen von Privatsphäre anbelangte.
Niemand kannte und respektierte das Bedürfnis nach Privatsphäre mehr als er.
Und er hielt sich ja auch daran, oder nicht? Er gab dem Drang nicht nach, einen flüchtigen Blick in die Kugel zu werfen. Oder auch nur ganz kurz in ihre Gedanken einzutauchen.
Verflucht.
Er könnte sie rufen. Er hielt in seinem unruhigen Auf und Ab inne und überlegte. Nur das Wispern ihres Namens in der Luft. Das war ja wohl nicht aufdringlich, und sie hatte immer noch die Wahl, den Ruf zu ignorieren.
Versucht, erschreckend versucht ging er zur Tür und trat hinaus in die laue Luft.
Aber sie würde es nicht ignorieren. Sie war zu großzügig, zu großherzig.
Wenn er bat, würde sie kommen. Und wenn er sie bat, bekannte er damit seine Schwäche für sie.
Es war ein rein körperliches Bedürfnis, versicherte er sich. Die Sehnsucht nach ihrem Duft, ihrer Gestalt, ihrem Geschmack. Und wenn diese Sehnsucht schmerzhaft war, dann nur wegen der selbst auferlegten Zurückhaltung.
Er war immer zärtlich zu ihr gewesen. Ganz gleich, wie sein Blut auch brannte, er hatte sie mit Vorsicht und Fingerspitzengefühl behandelt. Auch wenn jede Faser in ihm danach schrie, mehr zu nehmen, er hatte sich eisern beherrscht.
Sie war so zart. Es oblag seiner Verantwortung, die Kontrolle bei ihrem Liebesspiel zu bewahren, die Gier an die Kette zu legen, weil er sie sonst verängstigen würde.
Aber er wollte mehr, verzehrte sich danach.
Und warum sollte er das nicht haben können?
Liam vergrub die Hände in den Taschen und marschierte auf der Veranda auf und ab. Warum, zum Teufel, sollte er mit ihr nicht genau das tun, was er wollte? Falls er sich dazu entschloss – und diese Entscheidung war erstens noch lange nicht gefallen und zweitens seine ureigene –, sie sich zur Partnerin zu nehmen, würde sie ihn so akzeptieren müssen wie er sie. Mit allen Seiten.
Er hatte genug davon, hier herumzulungern und zu warten, während sie sich irgendwo amüsierte und ihn ignorierte. Leidenschaft und Unruhe in ihm
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