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Die Dornen der Rose (German Edition)

Die Dornen der Rose (German Edition)

Titel: Die Dornen der Rose (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanna Bourne
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Mantel.
    Näher. Sie musste ihm näher kommen. Sie würde diese Kleider aus dem Weg schaffen.
    »Nicht weiter.« Sie spürte die Stimme in seiner Brust, als er sprach. »Wir hören jetzt auf.«
    Das Verlangen zwischen ihren Beinen pochte. Ein Pochen, das ihren ganzen Körper erbeben ließ. »Ich bin bereit, Guillaume.«
    »Wir hören auf. Und zwar auf der Stelle. Sonst stoße ich Sie noch zu Boden und nehme Sie gleich hier auf diesen Decken, inmitten von Schafen und Eseln und diesem dreimal verfluchten, mordlustigen Burschen, der jeden Augenblick zurückkommen kann.« Sein rauer Atem strich durch ihr Haar. »Wir lassen das bleiben.« Er ließ sie los.
    Sie atmete schwer, rieb sich das Gesicht und versuchte die Gefühle abzuwischen. »Sie sind sehr vernünftig.«
    »Stimmt.«
    »Dafür hasse ich Sie.«
    »Mir gefällt es ja selbst nicht. Ich werde den Hügel hinabstampfen und gegen Bäume treten.«
    Er tat jedoch nichts dergleichen. Das war nicht seine Art. Später hörte sie, wie er mit seiner Reibeisenstimme zu den Eseln sprach und dabei ruhig und gut gelaunt klang. Sie schlief tief und fest, als er sein Versprechen einhielt und sie für die letzte Wache vor Sonnenaufgang weckte.

14
    Marguerite hatte sich nie Gedanken darüber gemacht, wie schwierig es sein könnte, in die Stadt Paris hineinzukommen. Spatzen herauszuschaffen war schon schwer genug.
    Es war die letzte Stunde vor Sonnenaufgang, in der das Licht noch schwach war und die Zeit sich dehnte. Bauern reihten sich an der rechten Straßenseite ein. Zwei Dutzend standen vor ihnen, ein weiteres Dutzend traf nach ihnen ein und wartete hinter ihnen. Sie alle nahmen ihre Plätze mit einer auf langer Erfahrung beruhenden resignierten Geduld ein.
    Die Männer trugen Bänder in den Farben der Revolution – blau, weiß und rot. Guillaumes Band war besonders groß. Er hatte es sich heute Morgen an den Hut gesteckt.
    »Ist gut für die Verdauung: Geduld.« Guillaume trat so neben die Esel, dass sie ihn nicht attackieren konnten, und zog einen Laib Brot unter dem Gemüse hervor, das er oben in die Lastkörbe gepackt hatte. »Das wird eine Weile dauern. Nehmen Sie.«
    »Ich kann nichts essen«, lehnte sie ab. »Aber danke.«
    »Müde?« Er berührte sie an der Wange, als hätte er das schon tausend Mal gemacht, und legte kurz einen Finger auf ihre Lippen. Zur Erinnerung. Um zu sagen: Sprechen Sie leise .
    Ihr Akzent verriet sie als Adlige. Und Adlige fanden dieser Tage in Paris den Tod.
    Den Tod fand man auch, wenn man für einen dieser braunen, vor Spreu strotzenden Laibe von »Patrioten-Brot« anstand und dabei ein unzufriedenes Gesicht machte, oder erwähnte, dass irgendetwas – ganz gleich was – früher besser gewesen wäre. Oder ohne eine Revolutionärskokarde am Hut auf die Straße trat. Hungrig wie ein Wolf und nicht besonders wählerisch ging der Tod in Paris um.
    Sie flüsterte nicht, was nur Aufmerksamkeit erregt hätte, war aber auch nicht stumm wie ein Fisch, was genauso aufgefallen wäre. Sie stand dicht bei ihm und sprach mit gedämpfter Stimme. »Hätten diese Esel nicht so viele Zähne, würde ich mich an sie lehnen und einschlafen.«
    »Lehnen Sie sich ruhig an mich. Mir wäre es ein Vergnügen.«
    Er provozierte sie nur unnötig. Seit ihrer Unterhaltung in den Feldern über Bertilles Haus hatte er sie nicht angerührt. Vergangene Nacht hatten sie auf Armeslänge voneinander getrennt Seite an Seite in Laub und Moos in den Wäldern über Chaville geschlafen, doch er hatte sie nicht angerührt. Sie hatte noch lange wach auf dem Rücken gelegen und in den Himmel geschaut, während sie wusste, dass Guillaume dasselbe tat. Sie hätte schwören können, dass sie dabei im selben Rhythmus geatmet hatten.
    Und jetzt neckte er sie. Vielleicht dachte er, wenn sie sich über ihn ärgerte, würde in ihrem Inneren kein Platz für Angst mehr sein. Doch da irrte er sich.
    Adrian kniete mit einem anderen Jungen im Dreck und ließ Würfel im Schein der Laterne eines Karren rollen. Um sie herum scharten sich die Fahrer, um ihnen nachdenklich schnalzend und sich kratzend zuzusehen.
    Guillaume hatte sich an diesem Morgen durch und durch in einen Bauern verwandelt, der mit seinen Eseln redete und sie mit Brotstücken fütterte. Ein unkomplizierter Mann. Ein uninteressiertes Arbeitstier. Sie hatte keine Ahnung, wie ihm das so perfekt gelang.
    Sie holte ihr Strickzeug aus der Tasche ihrer Schürze. Es waren Bertilles Schürze und Bertilles Strickzeug, ein schlichter

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