Die Dornen der Rose (German Edition)
zurück.«
»Dann sind wir dumm. Und stecken bis zum Hals in Spatzen. Robespierre wird Paris zu einer Stadt der Toten machen, wenn es nach ihm geht. Oh, ich will dir von einem schlauen Plan erzählen, den ich mir ausgedacht habe, während ich heute Morgen an der barrière stand und nur darauf wartete, dass irgendein Unheil über mich kommt.« Sie kämmte sich das Haar und erklärte einen Plan, bei dem Spatzen in der Uniform von Armeerekruten am frühen Morgen die Stadt verlassen sollten. »Die Stiefel werden das größte Problem sein. Es gibt keine Stiefel, die genau wie Armeestiefel aussehen.«
»Wir könnten welche stehlen.«
Sie schüttelte den Kopf. »Wir werden sie ganz offen bestellen und sagen, dass sie für Lyon bestimmt sind. Du wirst ein paar Befehle fälschen. Keiner weiß, was in Lyon vorgeht. Nicht einmal die Armee. Es befindet sich alles in einem so heillosen Durcheinander, dass wir sogar Unterröcke für die Armee bestellen könnten und keiner würde …«
Ein ganz leises Geräusch drang aus dem Flur an ihr Ohr. Vielleicht hatte jemand nur eine Tür geöffnet und wieder geschlossen. Es könnten auch Schritte gewesen sein.
Dann ging die Tür auf. Guillaume LeBreton stand in der offenen Tür, und das Licht fiel von hinten auf ihn.
24
Guillaume trug einen der weißen Hausmäntel des Bades. Er sah nicht aus wie jemand, der sich entspannte, sondern wirkte eher wie ein besonders gefährlicher Zenturio in einem römischen Bad. Einer, der sein Leben lang gegen die Barbaren gekämpft hatte und jetzt selber ein halber Barbar war.
»Sie sind im falschen Zimmer, Dummkopf.« Jean-Paul stellte sich vor sie. »Hinaus.«
»Na, na, na …« Guillaumes Blick ging von ihr zu Jean-Paul und dann wieder zurück. »Dann hatte ich also recht mit meiner Annahme, dass du dich mit jemandem treffen wolltest. Hinsichtlich der Person habe ich mich jedoch geirrt. Stell mich vor, Maggie.«
»Ich will nicht, dass ihr beiden euch kennenlernt. Komm nicht herein.«
Aber er war bereits in den Raum getreten. Das Haar hing ihm nass und glatt in die Stirn, sodass er noch mehr wie ein Römer aus der Antike aussah. Die Narbe auf seiner Wange trat deutlich weiß und glänzend hervor. Sie hatte vergessen, wie furchteinflößend er wirkte.
Jean-Paul griff ruhig nach seiner Jacke, die über der Rückenlehne des Stuhles hing. Er zog ein langes Messer hervor, wie man es wohl in der Küche benutzte.
Jean-Paul mit einem Messer. »Hör damit auf.« Sie drehte sich zu Guillaume um. »Guillaume, tu ihm nichts. Das meine ich ernst.«
»Ich?« Guillaume breitete die Arme aus und zeigte seine Hände. Sie waren leer, was ihn nicht weniger gefährlich machte. »Ich habe keine Waffe dabei.«
»Und mach nicht so ein dummes Gesicht. Es reicht mir allmählich, dass du immer ein dummes Gesicht machst. Jean-Paul, leg das bitte weg, ehe Guillaume dich in der Luft zerreißt.«
»Er wird mich nicht zerreißen«, sagte Jean-Paul.
»Seit wann schleppst du eigentlich ein Messer mit dir herum? Wir sind doch keine Banditen oder Straßenräuber. Wofür brauchst du ein Messer?«
»Ich öffne damit Kisten, die Proben enthalten«, erwiderte er, ganz der nüchtern-sachliche Jean-Paul. »Außerdem teile ich damit Wurzelstämme.« Er sah Guillaume an, nicht sie. Sie hatte nicht gewusst, dass Jean-Pauls Blick so kalt sein konnte.
»Dann solltest du dein Messer auch fürs Öffnen von Kisten benutzen und damit nicht vor den Gesichtern von Leuten herumfuchteln. Was willst du damit erreichen? Eine Horde Drachen aufhalten? Du führst dich lächerlich auf.«
»Ich habe es zweimal benutzt, Marguerite.«
Sie begriff, dass er ihr damit sagen wollte, dass er schon getötet hatte. Er hielt das Messer wie der Junge. Wie Hawker. Eng am Körper, mit nach oben weisender Klinge. Jean-Paul hatte sich eines Tages geändert, als sie gerade nicht hingeschaut hatte. Er war zu einem Mann geworden, den sie nicht wirklich kannte.
Guillaume schloss die Tür hinter sich. Das Bad wurde zu einem sehr kleinen Zimmer, wenn er sich darin aufhielt.
»Das verkommt allmählich zu einer Farce.« Sie stand zwischen den beiden Männern. »Guillaume, du wirst nichts tun. Verstanden? Jean-Paul, ich weiß nicht, warum dieser Mann hier ist, aber er tut mir nichts.«
Guillaume musterte Jean-Paul ganz gelassen und nachdenklich. Wenn Guillaume nachdachte, sah das aus, als würde ein Berg erwägen, sich auf einen Menschen fallen zu lassen, so reglos und unbezwinglich wirkte er. »Das muss ein Freund
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