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Die Dornen der Rose (German Edition)

Die Dornen der Rose (German Edition)

Titel: Die Dornen der Rose (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanna Bourne
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versuch’s mal mit der Wahrheit . »Und ich wusste, dass es Ihnen nicht gefallen würde, wenn ich ihm die Kehle aufschlitze.«
    »Das ist ein Anfang. Nimm dir ein bisschen Dreck von da drüben und schmier ihn dir vorne aufs Hemd, damit man das Blut nicht sieht.«
    Keiner schien überrascht, als Doyle mit ihm ins Haus im Marais zurückkehrte. Die alte Schachtel hörte sich an, was er über Le Brochet zu erzählen hatte, und schickte ihn dann zum Essen in die Küche. Sie nannte ihn Ratte.

26
    Marguerite beendete einen Brief an ihren Bankier in Rouen und begann einen weiteren an den Bürgermeister von Voisemont. Es mussten Anweisungen für die Heuernte erteilt werden. Ein Dutzend Frauen aus dem Dorf stand völlig ohne Unterstützung da, seit die Armee ihre Söhne rekrutiert hatte. Die Rüpel in der Taverne hatten gut reden, dass alle Aristokraten getötet werden sollten. Aber sie hatten nicht darüber nachgedacht, wer den Schulmeister bezahlen und diesen Frauen zu essen geben sollte. Das musste sie nun tun.
    Es waren noch mehrere andere Briefe zu schreiben: bezüglich des Waisenhauses in Rouen, bezüglich der Fabrik in Lyon und der fünfzig Frauen, die dort arbeitslos waren. Es würde noch etwas dauern, ehe sie sich in Ruhe hinsetzen und wieder an ihren Märchen arbeiten konnte.
    Als die Dämmerung anbrach, zündete sie Kerzen an. Vier auf ihrem Tisch, eine neben ihrem Bett, eine auf jeder Seite der Kaminumrandung. Sie nahm sich einen neuen Bogen und begann einen weiteren Brief.
    Die Tür ihres Schlafzimmers wurde geöffnet. Sie sah auf und erblickte im Spiegel Victor mit einer Tasse in der Hand.
    In Spiegeln sehen Menschen immer klein aus. Victor stand in der Tür und sah aus wie eine Puppe, die sie in die Hand nehmen konnte. Am liebsten hätte sie nach ihm gegriffen und ihn aus dem Fenster geworfen. Leider lebte er nicht im Spiegel.
    »Du solltest nicht in mein Schlafzimmer kommen.« Sie sprach in Richtung seines kleinen Spiegelbildes, ohne sich umzudrehen. »Es gehört sich nicht; nicht einmal für Cousin und Cousine. Deine Mutter hätte viel darüber zu sagen.«
    »Ich habe nicht die Absicht, es ihr zu erzählen.« Er trug die Tasse mit Untertasse vorsichtig in den Raum und stellte sie neben ihrem Ellbogen auf den Tisch. »Ich wünschte, du würdest dich nicht ständig mit Maman streiten. Es wäre viel hochherziger von dir, ihr die kleinen Zeichen des Respekts zu zollen, auf die sie so sehr wartet. Es kostet dich nichts.« Er tippte die Tasse an. »Kamillentee. Die Köchin sagt, es sei dein Lieblingstee. Ich erinnere mich, dass du immer über die Felder gezogen bist … zusammen mit deiner kleinen Magd … Berthe, Berenice …«
    »Bertille.«
    »Genau – die. Du hast Blumen gesammelt und eine stinkende Brühe daraus gebraut. Kamille gehörte auch dazu.« Er lehnte sich mit der Hüfte an ihren Tisch und machte es sich bequem. Offensichtlich wollte er bleiben. »Wir sind immer ehrlich miteinander gewesen, nicht wahr, Marguerite?«
    Ich habe es vermieden, mit dir zu reden. Das ist etwas anderes . »Ich bin müde. Könnten wir morgen …«
    »Wir sind Freunde und Cousin und Cousine. Du warst immer mein Liebling, selbst als kleines Mädchen.«
    Wie seltsam, dass sie auf dieselbe Kindheit zurückblickten und so unterschiedliche Dinge sahen.
    Vor der Familie konnte man nicht fliehen. Wenn sie den Kräutertee austrank, den er ihr gebracht hatte, könnte sie ihm vielleicht die leere Tasse geben und ihn bitten, sie wieder zurückzubringen.
    »Sag mir, was du willst.« Sie schob den Brief, an dem sie geschrieben hatte, zum Trocknen an die Tischkante und griff dann nach einem Tuch, um die Feder abzuwischen.
    »Du bist eine intelligente Frau, Marguerite. Gebildet. Verantwortungsvoll. Du bist eine vernünftige Frau.«
    »Danke.«
    »Dein Vater ist kein vernünftiger Mann.«
    »Mein Vater ist vollkommen verrückt. Das ist er schon immer gewesen.« Sie legte die Feder auf den Tisch neben den Tee, den er ihr gebracht hatte. »Du erzählst mir nichts Neues.«
    »Wusstest du, dass er in den letzten sechs Monaten zweimal in England gewesen ist? Im Geheimen. Nur Kriminelle und Konterrevolutionäre gehen nach England.«
    Sie versuchte, sich daran zu erinnern, was ihr Vater ihr von seinen Reisen nach England erzählt hatte. Er hatte nicht darüber gesprochen. Warum erzählte er so wenig? Unbehagen machte sich in ihr breit. »Sobald ich ihn gefunden habe, wird er mir eine vollkommen einleuchtende Erklärung dafür geben. Er ist nach

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