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Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
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große Schwierigkeiten gelangten sie zur anderen Seite des Creek. Und jetzt wurde alles genau so gehandhabt, wie Bob es sich gedacht hatte. Man befestigte die Tonnen unter der Wellblechplatte, je sechs auf einer Seite. Die Plane wurde auf allen Seiten festgezurrt, so daß die Toten nicht vom Metall herabgleiten konnten. Auf den mächtigen, doch schon sehr erschöpften Zugpferden schwammen Dominic und Tom zur Homestead-Seite des Creek hinüber, hinter sich das Seil, an dem das Behelfsfloß nachgeschleppt werden sollte. Als die Hufe der Zugpferde am Homestead-Ufer Grund faßten, schob man auf der anderen Seite das Ponton-Floß ins Wasser. Es schwankte, hüpfte, tanzte wild auf den Wellen, doch es kippte nicht. Mit schrillen Rufen trieben Dominic und Tom die Zugpferde an. Mächtig stemmten sich die Tiere ein, zogen das Floß sicher ans Homestead-Ufer, und die beiden Männer ließen die Pferde die Last gleich weiterschleppen, über den Schlamm - was mit den Tonnen besser ging als ohne - in Richtung des Gebäudekomplexes. An jenem Ende des großen Schurschuppens, wo man die Wollballen zu verladen pflegte, gab es eine Rampe. Dort ließen sie das Floß mit seiner Fracht von den Pferden hinauf- und in die weite Halle hineinschleppen. Und hier lag nun die Wellblechplatte mit den Tonnen, inmitten einer Vielzahl deutlich wahrnehmbarer Gerüche - Teer, Schweiß, Wollfett, Schafmist. Doch schon waren, in Ölhaut eingehüllt, Minnie und Cat herbeigeeilt und übernahmen als erste die Totenwache. Rosenkränze in der Hand, knieten sie zu beiden Seiten der aufgebahrten Leichen nieder, und unablässig bewegten sich die Lippen im Gebet, klickten leise die Rosenkranzperlen. Im großen Haus trafen immer mehr Gäste ein. Duncan Gordon kam von Each-Uisge, Gareth Davies von Narrengang, Horry Hopeton von Beel-Beel, Eden Carmichael von Barcoola. Der alte Angus MacQueen hatte auf freier Strecke einen der lokalen Güterzüge angehalten und war mit dem Lokführer bis Gilly gefahren, wo er sich dann von Harry Gough ein Pferd lieh, um zusammen mit ihm nach Drogheda zu reiten. Insgesamt hatte er, auf welche Weise auch immer, über dreihundert Kilometer
    Schlammstrecke überwunden. »Mich hat es hart erwischt«, sagte Horry später zu dem Priester, als sie mit den anderen fünf Männern im kleinen Speisezimmer bei einer Steak-und-Nieren- Pastete saßen. »Das Feuer ist direkt durch Beel-Beel gerast, vom einen Ende zum anderen, und es hat kaum ein lebendes Schaf oder einen grünen Baum übriggelassen. Was für ein Glück, daß die letzten Jahre gute Jahre waren, kann ich nur sagen. So kann ich’s mir wenigstens leisten, neue Tiere anzuschaffen, und wenn der Regen so anhält, ist auch bald wieder gutes Gras da. Aber der Himmel möge uns während der nächsten zehn Jahre vor einer Katastrophe schützen, denn so lange kann ich bestimmt nichts als Notreserve auf die hohe Kante legen.«
    »Nun, Horry«, sagte Gareth Davies, während er sich mit unverkennbarem Behagen die Pastete schmecken ließ. Einen Mann der Schwarzerdebenen konnte keine Katastrophe allzu lange um seinen Appetit bringen, im Gegenteil, er brauchte gute, kräftige Nahrung, um solche Schläge auszuhalten. »Nun, Horry - dein Beel-Beel ist zwar kleiner als mein Narrengang, aber ich schätze, daß ich durch das Feuer etwa die Hälfte meiner Weideflächen und rund zwei Drittel meiner Schafe verloren habe.« Er blickte zu dem Priester. »Sollte es noch schlimmer kommen, so werden wir Ihre Gebete brauchen.«
    »Oh, ja, ja«, sagte der alte Angus, »so hart wie Horry und Garry hat’s mich zwar nicht erwischt, aber ich habe doch fünfundzwanzigtausend Hektar verloren und so ungefähr die Hälfte meiner Schafe. Muß schon ehrlich sagen, in solchen Zeiten wünsche ich, ich wär’ als junger Bursche daheim in Skye geblieben.«
    Ralph de Bricassart lächelte. »Das geht vorüber, Angus, und das wissen Sie ja auch. Sie sind aus Skye aus demselben Grunde fort wie ich aus Clunamara - es war Ihnen dort zu eng.« »Ja, ja, mag schon sein. Und dann, so schön die Heide auch blüht, Eukalyptus blüht noch schöner, nicht?«
    Der Priester nickte, doch er war mit den Gedanken nicht mehr bei der Sache. Er mußte an Fee denken. Mrs. Smith hatte sich um sie gekümmert, hatte sie entkleidet, gesäubert und ins Bett gesteckt. Dann war er gekommen, mit einer Dosis Laudanum. Doch Fee weigerte sich, das Beruhigungsmittel einzunehmen. Sie schluchzte, weinte hysterisch. Mit schierer Gewalt brachte er sie dazu, das

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