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Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
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Arbeitstisch direkt in die Teller. Dann trug sie jeweils zwei zum Eßtisch hinüber, zuerst für Paddy, dann für Frank und so weiter bis zu Meggie - für sich selbst zuletzt.
    »Ooooch! Stew!« sagte Stuart und zog ein Gesicht. »Warum heiße ich bloß nach sowas - Stewart!« »Iß!« befahl sein Vater grollend.
    Die Teller waren groß, und Fee hatte sie buchstäblich mit Essen vollgehäuft: gekochte Kartoffeln, Lamm-Stew und Bohnen, frisch aus dem Garten. Trotz der allgemeinen Seufzer und sonstigen Bekundungen von Überdruß aß jeder, Stu nicht ausgenommen, seinen Teller leer und putzte ihn dann mit einer Brotscheibe blank. Anschließend wurden weitere Schnitten verdrückt, diesmal dick mit Butter und Stachelbeermarmelade bestrichen.
    Fee setzte sich, schlang ihr Essen in sich hinein, war bereits wieder auf den Füßen und eilte zu ihrem Arbeitstisch zurück, wo sie mit einer Kelle große Mengen Biskuit, mit viel Zucker und Marmelade angerichtet, in Suppenteller schöpfte. Darüber goß sie dampfend heiße Custard-Sauce. Und wieder trug sie, jeweils zwei Teller nehmend, alles zum Eßtisch. Und nahm dann mit einem Seufzer Platz - diesmal konnte sie mit Muße essen.
    »Oh!« rief Meggie glücklich und ließ ihren Löffel in die Custard-Sauce klatschen. »Jam-Roly-Poly!«
    »Na, Meggie-Mädchen, ist ja dein Geburtstag. Da hat Mum dir deinen Lieblingspudding gemacht«, sagte ihr Vater lächelnd. Diesmal meckerte niemand. Was immer der Pudding enthalten mochte, er wurde mit Genuß verspeist: Für Süßes waren die Clearys allemal zu haben.
    Trotz der Riesenmengen kalorienreicher Nahrung hatte keiner von ihnen überflüssiges Fett auf den Rippen. Was immer sie in sich hineinstopften, wurde praktisch im Handumdrehen in Energie umgesetzt, sei es beim Spiel, sei es bei der Arbeit. Jetzt schenkte Fee aus ihrer Riesenkanne für jeden Tee ein. Man trank, man unterhielt sich oder man las, eine Stunde lang oder auch länger. Paddy, den Kopf in einem Bibliotheksbuch, schmauchte seine Pfeife. Immer wieder mußte Fee nachgießen. Auch Bob beschäftigte sich mit einem Buch aus der Bibliothek, während die jüngeren Kinder Pläne für den nächsten Tag schmiedeten. In die Schule mußten sie jetzt nicht, denn die langen Sommerferien waren da, und die Jungen hatten allerlei Arbeiten im Haus und im Garten zugeteilt bekommen: Sie schienen recht begierig, diese in Angriff zu nehmen. Überall, wo es draußen nötig war, sollte Bob den Anstrich erneuern. Für Jack und Hughie gab es gleich mehrere »Bereiche«: den Holzhaufen, die Außengebäude und die Melkerei. Für Stuart blieb der Gemüsegarten. Nun: samt und sonders Kinderspiel - jedenfalls im Vergleich zu den Schrecken der Schule.
    Ab und zu hob Paddy die Nase aus seinem Buch und fügte der Liste einen weiteren Job hinzu. Fee schwieg, und Frank saß nur müde und schlaff da und trank eine Tasse Tee nach der anderen. Schließlich winkte Fee Meggie herbei. Wie stets, bevor sie sie zusammen mit Stu und Hughie zu Bett brachte, band sie ihr das Haar mit Stoffetzen hoch. Jack und Bob entschuldigten sich und gingen nach draußen, um die Hunde zu füttern. Frank trug Meggies Puppe zum Arbeitstisch und machte sich daran, ihr wieder das Haar anzukleben.
    Padraic klappte sein Buch zu und legte seine Pfeife in die große, schillernde Paua-Muschel, die ihm als Aschenbecher diente. »Nun, Mutter, ich geh’ jetzt zu Bett.« »Gute Nacht, Paddy.«
    Fee räumte das Geschirr vom Eßtisch fort und holte dann von einem Haken an der Wand eine große galvanisierte Wanne herunter, die sie auf ihren Arbeitstisch stellte, ein Stück von der Stelle entfernt, wo Frank mit der Puppe beschäftigt war. Dann nahm sie den schweren, gußeisernen Kessel vom Herd, in dem sich heißes Wasser befand. Das goß sie in die Wanne. Aus einer alten Blechdose schüttete sie kaltes Wasser hinzu. Hinter einer Art Drahtgeflecht war Seife. Sie begann, das Geschirr abzuwaschen.
    Frank arbeitete an der Puppe, ohne auch nur einmal den Kopf zu heben. Aber als dann der Tellerstapel anwuchs, stand er wortlos auf, holte ein Geschirrtuch und begann abzutrocknen. Die behende Art, mit der er sich zwischen Arbeitstisch und Küchenanrichte hin und her bewegte, zeugte von langer Vertrautheit. Es war ein heimliches, keineswegs ungefährliches Spiel, das er und seine Mutter spielten; denn die strengste Regel in Paddys Reich betraf die angemessene Verteilung der Pflichten. Hausarbeit war Frauensache, und damit hatte sich’s. Kein männliches

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