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Die Drachen Der Tinkerfarm

Die Drachen Der Tinkerfarm

Titel: Die Drachen Der Tinkerfarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Beale , Tad Williams
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traurig.«
    Lucinda hielt sich nicht damit auf, ihre Fragen zu beantworten – ihr graute bei dem Gedanken, Mrs. Needle könnte plötzlich auftauchen. Sie bedankte sich und lief zum Krankenstall. Ihre Verwirrung wuchs. Was sollte sie tun, wenn sie Ragnar nicht fand? Gideon wecken, damit er erfuhr, dassFremde auf seinem Land waren? Unter anderem die Carrillo-Kinder, von denen eines anscheinend durch einen Spiegel in die Verwerfungsspalte gestürzt war.
    Sie konnte Meserets Unglück schon fühlen, als sie noch fünfzig Meter vom Stall entfernt war. Die Drachin gab ein leises Stöhnen von sich, wie Lucinda es noch nie von ihr gehört hatte. Meserets erste mächtige Gedankenwellen, die über Lucinda hereinbrachen, waren ein diffuses Gefühlsgemenge, in dem nur Leid und Zorn erkennbar waren.
    NEIN NEIN NEIN NEIN NEIN NEIN NEIN …!
    Lucinda zögerte auf der Schwelle der großen Betonröhre. Ihr war, als stände sie vor einem lodernden Ofen der Verzweiflung, und sie fürchtete sich hineinzugehen.
    »Ragnar?«, rief sie, aber niemand antwortete. »Ragnar? Simos?«
    Sie trat durch die Tür. Sie sah von hinten, wie die Drachin sich in ihren Fesseln wand, die sich knarrend spannten. Eine Gestalt im weißen Schutzanzug mit Haube stand am Rand des Geheges und zielte mit einem Gewehr auf Meserets riesigen ringenden Körper.
    »Halt!«, kreischte Lucinda. »Nicht! Nicht schießen!« Und sie lief los. Der vermummte Mann wandte ihr kurz den gesichtslosen Kopf hinter dem Plastikschirm zu und gab ihr mit heftigem Winken zu verstehen, sie solle zurückbleiben. Dann drehte er sich wieder um und drückte den Abzug. Über das Stöhnen der Drachin hinweg hörte Lucinda den Schuss nicht einmal, und er zeigte auch keine Wirkung: Meseret zerrte weiter an ihren Fesseln, und ihre Gedanken überschwemmten Lucindas Hirn mit einem sinnlosen aufgebrachten Tosen:
    NEIN NEIN NEIN …!
    Haneb nahm die Haube ab. Die schweißnassen schwarzenHaare klebten an seinem Kopf, Verwunderung und Sorge standen in seinem vernarbten Gesicht. »Zurück! Ist gefährlich! Ich gebe ihr Mittel zu schlafen!«
    »Ein Schlafmittel?« Lucinda sah genauer hin und erblickte in Meserets zugewandtem Hinterschenkel ein knallrotes wippendes Federbüschel, das in der hellen Neonbeleuchtung beinahe orange wirkte. »Ist das … ein Pfeil?« Sie fühlte, dass sich der innere Aufruhr der Drachin ein wenig legte.
    »Ja, soll schlafen. Aber bleiben noch zurück. Halbe Stunde, bis schläft, vielleicht Stunde.«
    Die Drachin stöhnte wieder, und diesmal klang sie in ihrem Leid beinahe menschlich. Vielleicht lag es an dem Beruhigungsmittel, dass ihre Gedanken jetzt etwas klarer waren und Lucinda sie verstehen konnte.
    EIERDIEB FLIEHT! EI KOMMT WEG … JETZT … FLIEGT WEG, FLIEGT!
    Lucinda wandte sich Haneb zu. »Sie ist wieder außer sich wegen ihrem Ei. Was hast du mit ihr gemacht? Warum denkt sie, du hättest es gestohlen?«
    Jetzt schaute Haneb nicht nur die Beunruhigung, sondern die nackte Angst aus den Augen. »Sie spricht mit Miss?«
    »Was hast du getan? Warum hasst sie dich so sehr?«
    Er wich ein paar Schritte zurück. Wenn dies ein Vampirfilm gewesen wäre, hatte Lucinda das Gefühl, so würde er ihr jetzt abwehrend ein Kruzifix entgegenstrecken. Plötzlich fing der kleine Mann zu ihrem Erstaunen zu weinen an.
    »Ich wollte nicht!«, rief er. »Wollte nicht Ei nehmen! Bitte nicht Master Gideon sagen! Colin sagt, ich muss!«
    Meseret grollte und warf sich hin und her. Mit schlangenartigen Halsbewegungen begann sie, auf ihre Fesseln einzubeißen. Wenn sie im Begriff war, bewusstlos zu werden, dachte Lucinda, dann ließ sie sich das weiß Gott nicht anmerken. Siewandte sich wieder Haneb zu, der auf die Knie gefallen war. »Colin? Was hat der damit zu tun?«
    »Will Ei haben. Entweder ich bringe ihm, sagt er, oder sagt Master Gideon, dass ich einmal heimlich in Stadt gehe. Nur schauen! Aber Colin sagt, Master Gideon schickt mich zurück, wo ich herkomme, wenn ich ihm nicht helfe. Und jetzt will große Drachin mich töten!« Er war so durcheinander, dass sie ihn kaum verstand, und das Hämmern von Meserets Gedanken in ihrem Schädel machte es nicht leichter, aber ihr ging langsam der Zusammenhang auf.
    »Das heißt … Colin hat das Ei? Es ist gar nicht von dem anderen Drachen gestohlen worden, von Alamu?«
    Aber Haneb gab keine Antwort mehr. Er hatte das Gesicht in den Händen vergraben und schluchzte.
    Das Toben der Drachin wurde heftiger. Ihre Gedanken brüllten.
    EI!

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