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Die Drachen Der Tinkerfarm

Die Drachen Der Tinkerfarm

Titel: Die Drachen Der Tinkerfarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Beale , Tad Williams
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wickelten sich um ihren Unterschenkel.
    Und es kam noch schlimmer.
    Bevor Lucinda auch nur daran denken konnte zu schreien, wurde sie von den Beinen gerissen und mit dem Rücken über den Boden geschleift, über umgestürzte Tische und Glasscherben. Sie konnte den Fuß nicht befreien, und ihr eigenes Gewicht zog den Riemenknoten um ihre Fessel fest zusammen. Es kostete sie schon alle Kraft, den Oberkörper hochzuziehen, damit sie nicht mit dem Kopf aufschlug.
    Die Drachin krachte gegen das geschlossene Ladetor, durch das die großen Tiere auf dem Flachwagen in den Stall befördert wurden. Es rasselte, gab aber nicht nach, und Lucinda an ihrem Riemen schlug schmerzhaft gegen die Wand und die schuppige Hüfte der Drachin. Meseret grollte abermals.
    RAUS! EI!
    Wieder knallte Lucinda gegen ein Hindernis, als das Monster sich zurücklehnte und sich abermals gegen das robuste Metalltor warf. Meseret merkte vermutlich nicht einmal, dass sie an ihr hing, und wenn, war es ihr gleichgültig. Lucinda schnappte nach Luft.
    »Haneb!«, schrie sie. »Mach das Tor auf! Sonst bringt sie mich um!«
    Wieder und wieder holte Lucinda sich Schrammen und blaue Flecken bei dem Versuch der Drachin, das schwere Tor aufzubrechen. Sie hatte sich schon mindestens zweimal den Kopf angeschlagen und konnte kaum noch einen Gedanken fassen. »Haneb, bitte!«, kreischte sie, doch sie hatte keine Ahnung, ob er überhaupt bei Bewusstsein war.
    Da hörte Lucinda ein tiefes Rumpeln. Zuerst dachte sie, es wären wieder zornige Drachenlaute, dann aber sah sie schwarzen Himmel und Scheinwerferlicht, wo eben noch nur das Ladetor gewesen war. Der Rollladen ging hoch. Entweder hatte Haneb sie gehört, oder Meseret hatte zufällig den Mechanismus betätigt.
    Erneut versuchte Lucinda freizukommen, doch sie hing hoffnungslos fest. Da lief die Drachin auch schon in die kalte Nacht hinaus, und die mitgeschleifte Lucinda holperte über den Boden und prallte mit dem Kopf an etwas.
    Der Ohnmacht nahe spürte sie auf einmal keinen Boden mehr unter sich, nur noch den brausenden Wind, und während die Drachin immer höher flog und die Erde immer weiter zurückblieb, schwang Lucinda am Ende eines Knäuels von Segeltuchriemen frei im Nichts.

26
    DIE KEHTOILBIB
    D er Sturz durch den Spiegel war wie ein halbsekündiges Zischen durch eisiges Schwarz. Dann rollte Tyler auf der anderen Seite über die Waschkommode und sprang auf den Boden. Wie er vermutet hatte, war alles hier das spiegelverkehrte Abbild des Zimmers, aus dem er kam, mit einer Ausnahme: Dort waren Menschen gewesen, die Carrillo-Mädchen und seine Schwester, hier jedoch war er allein.
    »Steve!«, rief er und stieß die Tür nach nebenan auf, wo er das Spiegelbild der Bibliothek erwartete. »Steve Carrillo …!« Erst da merkte er, dass er womöglich vor größeren Schwierigkeiten stand, als er vermutet hatte.
    Er trat in einen unbekannten Korridor, der keine Ähnlichkeit mit den zurückgelassenen Räumlichkeiten auf der anderenSeite des Spiegels hatte. Der Flur war düster und hatte schmutzige, alte Tapeten, wie er sie an manchen Stellen des Hauses gesehen hatte, nicht aber in der realen Bibliothek. Einzig eine einsame flackernde Öllampe gab Licht, einen schwachen Schein, der zu beiden Seiten nur wenige Meter erhellte. Er musste sich für eine Richtung entscheiden. Er lauschte, hörte aber nichts.
    »Steve?«
    Als nichts zurückkam als ein schwaches, fernes Schaben, ging er vorsichtig in die Richtung des Geräuschs. Erst als die Tür, durch die er gekommen war, hinter ihm verschwand, fragte er sich: Warum eine Öllampe? So alt sie waren, hatten das Haus und die Bibliothek in Wirklichkeit doch wenigstens Strom.
    Er bog um eine Ecke und sah eine neue Öllampe, die zwei mögliche Wege beleuchtete. Rechts führte eine breite dunkle Treppe nach unten – er konnte ein paar Absätze weit in die Tiefe schauen, weiter reichte das Licht nicht. Der Korridor selbst verlief am Treppenschacht vorbei. Zwei Schilder hingen unter der Lampe an der Wand. Auf einem stand RELLEK und ein Pfeil deutete nach unten. Der Pfeil auf dem anderen deutete geradeaus zur KEHTOILBIB.
    KELLER und BIBLIOTHEK – das war nicht schwer zu erraten, wenn man auf der anderen Seite des Spiegels war. Was er nicht verstand, war, warum es hier einen Keller gab, unter dem wirklichen Haus aber nicht – jedenfalls seines Wissens –, und warum die Bibliothek so viel weiter weg zu sein schien.
    Vielleicht war es nicht einfach bloß ein Spiegelbild, das

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