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Die Drachen Der Tinkerfarm

Die Drachen Der Tinkerfarm

Titel: Die Drachen Der Tinkerfarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Beale , Tad Williams
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er die Haupttreppe fand. Er gelangte auf eine Ebene, die rings an der Wand des großen Saals herumlief, und von dort führte eine kleinere Treppe in den spitzen Dachboden hinauf, der vollstand mit Kisten alter Bücher und Kleidern und anderen wahllos aufgehäuften Dingen. Tyler stieg die Stufen so leise hinauf, wie es ging. Dort oben auf diesem offenen Spitzboden war es in der Tat heller als in der übrigen Bibliothek: Er war in den flackernden Schein des zentralen Kronleuchters getaucht, außerdem gab es Gaubenfenster, durch die das Licht eines ölig grauen Himmels fiel.
    »Wenn du dich auf einen Stapel Kisten stellst, siehst du den Rest des Hauses«, sagte jemand.
    Diesmal kam die Stimme nicht ganz so erschreckend, so dass Tyler den Schrei unterdrücken konnte. Als er sich umdrehte, erblickte er Steve Carrillo, der im Schneidersitz auf dem Boden hockte und mit einem altmodischen Taschenmesser ein Stück Holz bearbeitete.
    »Steve!«, rief Tyler unendlich erleichtert aus.
    Der schwarzhaarige Junge sah ihn verwundert an. »Kennen wir uns?«
    »Ob wir uns kennen? Ich bin Tyler! Du bist hergekommen, um uns zu finden, weißt du nicht mehr? Du und deine Schwestern.«
    Steve kniff nachdenklich die Augen zusammen. »Tyler. Hm, stimmt. Ich bin nur schon so lange hier …«
    »Wieso lange? Du bist doch gerade erst hergekommen!«
    Der verwirrte Ausdruck trat wieder in Steves Gesicht. »Vor Tagen. Ich bin schon seit vielen Tagen hier.«
    »Von mir aus, das ist jetzt egal. Wir müssen zurück. Komm mit!« Tyler bewegte sich auf die Treppe zu, merkte aber schnell, dass niemand ihm folgte. »Steve?«
    Der andere Junge war schreckensbleich. »Ich geh da nicht runter! Da kriegt es mich.«
    »Dieses Schnapperband oder wie es heißt?« Tyler winkte ab. »Wir müssen in den hellen offenen Bereichen bleiben. Vielleicht finden wir irgendwo eine Taschenlampe. Licht mag es nicht.«
    Steve schüttelte energisch den Kopf. »Es … es ist aus Staub und Papier, glaube ich. Ich höre es die ganze Zeit. Es wartet. Es wartet darauf, dass ich runterkomme.«
    »Hör mal, du willst doch deine Familie wiedersehen, oder? Deine Schwestern? Mama und Papa?«
    Steve sah ihn zweifelnd an.
    »Vertrau mir. Ich bring dich heil wieder zurück.« Da kam Tyler noch ein Gedanke. »Hast du hier oben vielleicht Streichhölzer gefunden?«

    Sobald sie die Bibliothek durchquert und die Korridore dahinter erreicht hatten, zündeten sie die Stapel spiegelverkehrt beschriebener Buchseiten an, die Tyler an die zwei Hälften eines durchgebrochenen Besenstiels gebunden hatte. Das alte Papier war so feucht, dass es ganz langsam verbrannte. Mit ihren erhobenen Fackeln eilten sie durch die Gänge, unterhielten sich nur flüsternd und blieben alle paar Minuten stehen, wenn Steve wieder der Mut verließ. Er benahm sich wirklich wie einer, der seit Monaten und nicht erst seit Minuten hier war, dachte Tyler, wie ein seelisch kaputter Kriegsgefangener in einem Film. Immer wieder zuckte er vor ihrem eigenen Echo zusammen, und Tyler mochte sich gar nicht vorstellen, was Steve tun würde, wenn sie ernsthaft in Gefahr gerieten. Er würde wahrscheinlich einfach tot umfallen.
    Um den anderen Jungen abzulenken, fing Tyler an, ihre Flucht zu kommentieren, als ob sie ein Videospiel wäre. »Okay, jetzt haben wir endlich das erste Level hinter uns – wir müssen nur noch ein kleines Stück weiter. Wir haben einen Haufen Rubine verdient.«
    »Lebenspunkte … ziemlich wenig«, stöhnte Steve, aber wenigstens machte er mit.
    »He, wir sind fast durch. Wir haben den Boss geschlagen, damit sind wir so gut wie am Ziel.«
    »Wir haben den Boss nicht geschlagen«, sagte Steve. Sie näherten sich gerade der Treppe in den Keller, was für Tyler bedeutete, dass sie es fast geschafft hatten, aber Steve wurde immer langsamer. »Der Boss wohnt dort unten. Im RELLEK.« Er blieb stehen. »Hörst du?«
    Zu seinem Leidwesen, ja. Es war das schabende, scheuernde, raschelnde Geräusch, das er schon auf dem Hinweg gehört hatte, und es wurde allmählich lauter, stieg höher. »Komm«, rief er. »Lauf!«
    Die Flammen wehten hinter ihnen her, bis Steve seine Fackel fallen lassen musste, damit er sich nicht die Hand verbrannte. Tyler dachte kurz daran, hinter ihnen den Korridor in Brand zu setzen – die Flammen würden bestimmt nicht durch den Spiegel auf die wirkliche Welt übergreifen –, doch dann fielen ihm die traurigen, verwirrten Augen der Frau hinter dem Gitter ein. Er machte kehrt und trat

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