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Die Drachen Der Tinkerfarm

Die Drachen Der Tinkerfarm

Titel: Die Drachen Der Tinkerfarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Beale , Tad Williams
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beschäftigt, an der Stelle des Anwesens nach Eindringlingen zu suchen, die von seinem Treffen mit Jude Modesto am weitesten entfernt war. Auf jeden Fall hoffte Colin das – er hatte keine Lust, den Kopfzu heben und in Walkwells zornige Augen zu blicken. Dieser … dieser halbe Ziegenbock war Colin beinahe so unheimlich wie seine Mutter, und das wollte etwas heißen.
    Dennoch hätte er es anders lieber gehabt. Ohne Jenkins wäre alles viel einfacher gewesen. Gewiss war es gelegentlich auch ganz reizvoll gewesen, Leute seines Alters auf der Farm zu haben, und Lucinda war in Ordnung, aber Colin Needle hatte Großes vor, und die Anwesenheit von Gideons Verwandtschaft hatte sein Vorhaben erschwert.
    Er verschnaufte kurz auf einem Hügel hinter einem verlassenen Stall und blickte zum Haus zurück. Nichts Besonderes bis jetzt, nicht mehr Lichter als gewöhnlich: in Gideons Arbeits- und Schlafzimmer, in der Küche, ein paar auf der Veranda und an den anderen Außentüren. Weite Teile des Hauses waren bei Nacht unbeleuchtet, so dass man seine ungeheure Größe nicht einmal ahnen konnte. Nur in mondhellen Nächten wie dieser sah man die Vielzahl der Dächer, die Arkaden und Nebengebäude, das ungewöhnliche Silo und die Turmzimmer, die der Farm das Aussehen eines orientalischen Palastes verliehen.
    Und eines Tages wird dieser Palast mir gehören, dachte er mit tiefer Befriedigung. Weil ich der Einzige bin, der sich wirklich dafür einsetzt – wenigstens der Einzige mit Grips. Und Mumm.
    Er hievte den Rucksack hoch. Das Ei, groß und schief wie ein geschrumpelter Wasserball, war schwer wie ein Sandsack. Er musste sich anstrengen, um die Gurte über die Schultern zu ziehen, dann marschierte er los in das eichenverschattete dunkle Tal neben der Junction Road, wo das Licht des Mondes nicht hinschien.

    Colin hatte nicht mit einem Hubschrauber gerechnet, schon gar nicht mit dem größten Hubschrauber, den er je gesehen hatte. Dunkel glänzend wie der Panzer eines Käfers hockte er auf der Hügelkuppe eine halbe Meile von der Straße entfernt und ließ gemächlich die Rotoren kreisen. Es waren keinerlei Kennzeichen zu sehen, aber Colin hatte den Eindruck, dass sich unter dem dunkleren Fleck an der Seite ein Firmenlogo versteckte – höchstwahrscheinlich von Stillmans Mission Software. Sein Magen zog sich zusammen. Mehrere Männer standen wartend vor der offenen Seitentür.
    Colin hatte natürlich nicht vor, einfach mit dem Schatz in der Hand zu ihnen hinzuspazieren. Er war ja nicht blöd. Er hatte viele Agententhriller gelesen und Filme gesehen und kannte alle Schliche und Finten. Er hatte sogar überlegt, ob er seinerseits das echte Drachenei durch etwas anderes ersetzen sollte, bevor er es verkaufte, und hatte von daher kein großes Vertrauen darauf, dass Jude Modesto nicht versuchen würde, ihn zu betrügen. Noch in der Deckung des Waldschattens hängte er den schweren Rucksack an den Ast eines Baumes, so hoch, dass er in dem spärlichen Licht kaum zu sehen war, und zählte die Bäume ab, während er dem Wildwechsel zum Rand der Lichtung und ins Offene hinaus folgte.
    »Sie kommen spät«, sagte Jude Modesto. Der dicke Mann versuchte, wie eine bedeutende Persönlichkeit zu klingen, die man hatte warten lassen, aber es war nicht sehr überzeugend. Stillman stand mit seinen beiden Leibwächtern am Hubschrauber, denselben zwei Kraftprotzen, denen nur eine alberne Frisur und Lycra-Shorts fehlten, um wie Profiwrestler auszusehen.
    »Sie haben den Zeitpunkt vorverlegt«, erwiderte Colin kurz angebunden. »Es war nicht ganz einfach, alles umzuorganisieren.« Im Unterschied zu Modesto wusste Colin, dassman umso weniger befürchten musste, seine wahre Gemütsverfassung zu verraten, je weniger Emotion man in die Stimme legte. Er wollte sich seine Nervosität nicht anmerken lassen. Ihm war gerade aufgefallen, dass beide Bodyguards über ihren dunklen Hemden Halfter trugen. Und darin steckten Pistolen.
    Nun los, Needle, sagte er sich. Du wolltest mit den großen Jungs spielen.
    »Und dies muss … Ihr Kunde sein«, sagte Colin vernehmlich und dachte daran, dass er Ed Stillman nicht kennen durfte. Doch bevor Modesto etwas entgegnen konnte, löste sich der silberhaarige Mann in Polohemd, Shorts und Wanderschuhen von der Seite des Hubschraubers – das Ding sah aus der Nähe noch größer aus, wie ein fliegendes Schlachtschiff – und ging auf Colin zu, wie um diesem die Hand zu geben. Seine Hände blieben jedoch in den Taschen

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