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Die Drachen Der Tinkerfarm

Die Drachen Der Tinkerfarm

Titel: Die Drachen Der Tinkerfarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Beale , Tad Williams
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natürlich nichts Großartiges, bloß Hotdogs mit gebackenen Bohnen aus der Dose oder ihre Zwei-Minuten-Quesadillas. Wenn der Wein seine Wirkung tat, konnte sie manchmal ganzlustig sein und die unmöglichen Leute nachmachen, mit denen sie jeden Tag zu tun hatte, oder über Lucindas schlechte Laune spötteln. Selbst Tyler musste zugeben, dass seine Mutter witzig sein konnte – auf eine erwachsene, mamahafte Art – und auch ganz passabel aussehen. Sein inneres Hin- und Hergerissensein zwischen stumpfer Verlorenheit und hektischer Angst besserte sich, weil die Situation nicht mehr vollkommen aus dem Ruder lief.
    Aber um diese Zeit bemerkte Tyler die Blicke, mit denen Lucinda ihre Mama manchmal anstarrte, mit einem Ausdruck riesengroßer Sehnsucht im Gesicht. Alles, was seine Schwester sich wünschte, das spürte Tyler, war ein bisschen Normalität im Leben, nur ein klein wenig von dem, was diese perfekten Familien im Fernsehen im Überfluss hatten. Und nicht lange danach wurde es richtig finster für Lucinda. Bei der Erinnerung fiel es ihm schwer, ihr weiter böse zu sein, auch wenn sie sich aufführte wie eine komplette –
    Tyler blieb abrupt stehen, weil er merkte, dass er schon eine Weile ging, ohne darauf zu achten, wohin. »Wow«, hauchte er und sah sich in der unbekannten Umgebung um. Er hatte sich echt verlaufen.
    Er stand auf einem Podest am Fuß einer Treppe. Vor ihm lag eine Art kleines Wohnzimmer mit einer Glastür, und am hinteren Ende des Zimmers sah er undeutlich eine zweite Tür. Er ging über den hallenden Holzboden, unsicher, ob er irgendwo war, wo er nicht sein sollte. Da Colin ihnen erklärt hatte, dass sie auf ihren Zimmern bleiben sollten, durfte man das wohl annehmen.
    Die Glastür war nicht abgeschlossen. In dem kleinen Wohnzimmer standen keine Möbel außer einem einzelnen üppig gepolsterten Sessel und einem Tisch mit einer Vase und einer schmutzigen Kunststoffblume, die so alt war, dass siegut und gern die erste Kunststoffblume überhaupt hätte sein können. Er trat durch die hintere Tür, und dahinter war abermals eine Treppe, die nun wieder ganz woanders hinführte. Tyler stieg die Treppe empor und gelangte in einen Korridor mit Fenstern an einer Seite. Er tat ein paar Schritte, als etwas ans Fenster rasselte und er vor Schreck aufjuchzte und einen Satz machte. Er erhaschte nur einen ganz kurzen Blick auf das Wesen, das von außen ans Fenster gerumst war, aber dieser Blick konnte nicht stimmen. Wieso sollten hier Affen sein? Lebten hier draußen in den kalifornischen Hügeln Kolonien wilder Affen? Oder betrieb Großonkel Gideon so etwas Abartiges wie eine Affenfarm?
    Er war hier gefangen und kam nicht nach draußen, wo der Verursacher des Rasselns war, Affe oder sonst was. Er hätte am liebsten auf etwas gehauen. Er hastete wieder die Treppe hinunter und suchte noch angestrengter, aber alle Flure schienen nirgends hinzuführen, alle Fenster unerklärliche, verwirrende Ausblicke zu bieten, und ein Ausgang war nicht zu entdecken.
    Wieder ein Flur, wieder ein Fenster, wieder ein Rasseln, das ihn erschreckte, aber diesmal floh der Verursacher nicht. Ja, es war wirklich ein Affe, der dort draußen vor dem Fenster hockte, die kleinen Finger an der Scheibe gespreizt, und ihn musterte. Es war ein kleiner, mit großen Augen und kurzem Fell, aber es war ganz eindeutig ein Affe. Während dem kurzen Moment, in dem er seinerseits das Tierchen anguckte, überlegte er fieberhaft, ob es vielleicht tollwütig war, ob es zum Fenster hereinkommen und ihn beißen könnte, aber da war es auch schon davongeschnellt.
    Tyler lief in die Richtung, in der der Affe verschwunden war, machte eine Tür auf und sah – halleluja! – Stufen vor sich, die tief, tief hinunter führten. Er hielt sich nicht damit auf, dieStockwerke zu zählen, er rannte einfach Treppe um Treppe hinunter, bis keine mehr kam, und stürzte dann hysterisch lachend durch eine Tür ins Freie.
    Er trat über eine kleine, mit Fliegengitter geschützte Veranda auf einen Kiesweg. Ein erster Hauch von Abendkühle war in die Hitze des Nachmittags eingeflossen, und die Luft war erfüllt von den Gerüchen trockenen Grases und ausgedörrter gelber Erde. Auch ein Tiergeruch lag in der Luft – Tyler fiel plötzlich ein, wie er vor Jahren einmal im Zoo gewesen war und wie die Löwenkäfige nach Urin gestunken hatten.
    Da hüpfte etwas am Rand des Verandadachs, dass es klapperte.
    Tyler fuhr zusammen. Der Affe bewegte sich in einer linkisch hoppelnden

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