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Die Drachen Der Tinkerfarm

Die Drachen Der Tinkerfarm

Titel: Die Drachen Der Tinkerfarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Beale , Tad Williams
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auftat), Waffeln, Pfannkuchen und wenigstens fünf oder sechs verschiedenen Sorten Muffins. Als sie sich genommen hatten, sah Colin sich um. Da der einzige freie Platz für sie alle drei neben Ragnar war, brachte er sie widerwillig dorthin.
    Der blondbärtige Kraftprotz grinste und gab den Kindern die Hand. Ihre Hände verschwanden in seiner mächtigen Pranke wie rosa Mäuschen, die von einem Python verschlungen wurden. »Seid gegrüßt, ihr zwei.« Ragnar bedachte Colin mit einem weniger freundlichen Blick. »Auch du, junger Needle.«
    »Wo ist dieser Drache hergekommen?«, legte Tyler sofort los.
    »Das zu erzählen ist Gideons Sache, nicht meine«, antwortete Ragnar.
    »Wohnt ihr alle hier auf der Farm?«, fragte Lucinda. Noch mehr Arbeiter kamen jetzt herein, lauter Männer bis auf das Küchenpersonal.
    »Gideon hat uns großzügigerweise eine Heimat gegeben, all uns Flüchtlingen«, erklärte Ragnar. Colin stutzte, weil er fürchtete, der Mann könnte zu viel ausplaudern – Ragnar war viel zu selbstherrlich –, doch der skandinavische Hüne wandte sich nur Walkwell zu, der am Nachbartisch saß. »Ist es nicht so, Simos?«
    Der Verwalter blickte säuerlich. »Ihr Kinder, esst zu!«, sagte er nur. »Ihr habt einen langen Tag vor euch.«
    »Iii, Tyler, in dem Sirup auf deinem Teller könnte ja ein Ozeandampfer schwimmen«, tadelte Lucinda ihren Bruder. Dieser beachtete sie nicht und fing an zu essen. Colin merkte, dass er ebenfalls Hunger hatte. Doch gerade, als er sich über seinen Teller beugte, legte sich eine kühle Hand auf seine Schulter.
    »Da seid ihr ja alle«, sagte seine Mutter.
    Sie löste in Colin regelmäßig dasselbe Gefühl aus, halb Erregung, halb Furcht. Hatte er irgendetwas falsch gemacht? Er hatte genau befolgt, was sie ihm aufgetragen hatte, oder etwa nicht?
    »Darf ich mich zu euch setzen?«, fragte sie die beiden Gäste. »Ich bin schon ganz gespannt, euch kennenzulernen.« Sie richtete ihr Lächeln auf ihren Sohn. »Hast du unsere Gäste herumgeführt?«
    »Ja, Mutter.«
    »Er hilft uns sehr, Mrs. Needle«, sagte Lucinda.
    Colin beschloss, dass die kleine Jenkins für einen unerwünschten Gast doch gar nicht so übel war. »Kann ich dir etwas holen, Mutter?«
    »Nur etwas Obst und Joghurt, mein Schatz, danke.«
    Als Colin damit zurückkam, tat sie ihr Bestes, um die Jenkins-Kinder zu bestricken, und ihr Bestes konnte ziemlich imposant sein. Tyler guckte noch nicht restlos überzeugt, aber Lucinda schien eingenommen zu sein vom Akzent seiner Mutter, ihrer überlegten, klugen Art zu reden und ihrem gelegentlich erstrahlenden Lächeln. Colin war stolz auf seine Mutter, stolz, dass er ihr Sohn war – dass sie ihn erwählt hatte. Wer musste schon einen Vater haben oder ihn auch nur kennen? Seine Mutter konnte schwierig sein, gewiss, aber deshalb, weil sie etwas Besonderes war. Eine Art Genie. Unter anderem aus diesem Grund war Colin auch so fasziniert von Octavio Tinker , dem Begründer der Ordinary Farm. Ein Genie lebte nach seinen eigenen Gesetzen. Ein Genie bekam seinen Willen getan.
    »Weißt du, Lucinda«, sagte seine Mutter gerade, »du hast so ein reizendes Gesicht …« Sie streckte ihre langen Finger nach dem Mädchen aus. »Du solltest deine Haare kürzer tragen, damit es besser zur Geltung kommt.«
    Überrascht wich Lucinda zurück und stieß dabei mit dem Arm einen Korb mit Muffins um, der neben ihr auf dem Tisch stand, so dass die Muffins herausfielen und über den Boden kullerten. Der kleine dunkelhaarige Haneb, der eben hinterihr vorbeiging, hätte vor Schreck beinahe seinen Frühstücksteller fallengelassen. Da er dabei weiterhin versuchte, seine krampfhaft abgewandte linke Gesichtshälfte mit der freien Hand vor ihr zu verbergen, rutschte ihm etwas Essen vom Teller und fiel zwischen die am Boden liegenden Muffins.
    »Oh! Oh, Entschuldigung!«, rief Lucinda und sprang auf. Sie fing hastig an, die Muffins wieder in den Korb zu sammeln, und hielt dabei Haneb die Hand hin. »Tut mir echt leid. Hi, ich bin Lucinda und ganz offensichtlich ein Volltrottel –« Da stieß sie einen Schreckenslaut aus, schnellte in die Höhe und taumelte von dem dunkelhaarigen Mann zurück, als ob sie geschlagen worden wäre.
    Haneb starrte sie einen Moment lang an, Entsetzen in beiden Augen, das gute zuckend. Seine linke Gesichtshälfte war eine einzige große Narbe, die Haut wie Kerzenwachs geschmolzen, das Auge halb zugezogen. Colin hatte sich schon öfter gedacht, dass der Mann Rücksicht auf

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