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Die Drachen Der Tinkerfarm

Die Drachen Der Tinkerfarm

Titel: Die Drachen Der Tinkerfarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Beale , Tad Williams
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die Gegend!« Manchmal verstand sie ihren Bruder nicht.
    Tyler schüttelte den Kopf. »Die werden uns nie was verraten. Wir werden alles selber rausfinden müssen.«
    »Was redest du da, Tyler?«
    »Ach, schon gut.« Er drehte sich um und stampfte die Treppe hinauf.
    Brüder!, dachte Lucinda. Sie hatte ihre Eltern gebeten, sich stattdessen einen Hund anzuschaffen, aber auf sie hörte ja niemand.

12
    LANDARBEIT
    N ach Wehen, die sich über mehrere Tage hinzogen und die die ganze Farm in Alarmbereitschaft versetzten, legte Meseret schließlich ein Ei.
    Von der Tür des Krankenstalls aus erhaschte Lucinda einen kurzen Blick auf das Drachenei. Es sah aus wie ein länglicher Wasserball, aus dem man etwas Luft abgelassen hatte, ein helles lederiges Gebilde, das an den Sitzsack erinnerte, auf dem ihr Bruder zu Hause ständig saß, Kopfhörer drin, Schuhe an der Wand, den GameBoss dicht vor den Augen.
    Die machen hier echt ein Mordstheater um einen Sitzsack, dachte sie. Sie war durchaus nicht gefühllos, aber irgendetwas an dem Drachen machte sie nervös, vielleicht die Wachsamkeit in den großen rotgoldenen Augen des Ungetüms. Lucinda dachtesich öfter Ausreden aus, um sich nicht länger in seiner Nähe aufhalten zu müssen – nicht dass jemand sie dazu drängte. Im Krankenstall herrschte jetzt Hochbetrieb, und man stand schnell im Weg: Onkel Gideon und Walkwell wichen in der ersten Woche kaum von Meserets Seite. Dies war anscheinend das dritte oder vierte Mal, dass sie Nachwuchs hatte, und da keines der Jungen geschlüpft war, machten sich alle Sorgen.
    Die Kinder verbrachten in der Woche die meiste Zeit damit, unter Mrs. Needles oder Ragnars Aufsicht bei der Hausarbeit und anderen Pflichten zu helfen oder es zu versuchen. Tyler mochte die häuslichen Tätigkeiten nicht, und Mrs. Needle konnte er überhaupt nicht ausstehen. Lucinda betrachtete die Engländerin mit gemischten Gefühlen. An das Gespräch, das sie geführt hatten, konnte sie sich kaum mehr erinnern, aber sie wusste noch, dass sie sich in der Gesellschaft einer so interessanten und besonderen Person sehr erwachsen und privilegiert vorgekommen war. Als Lucinda eines Morgens ins Farmbüro kam, um etwas zu fragen, und Mrs. Needle dabei antraf, wie sie sich gerade die langen schwarzen Haare zu einem Dutt aufsteckte, war ihr, als würde sie eine Märchenfee auf einer mondbeschienenen Waldlichtung belauschen. Patience Needle war so blass, so schön – und doch irgendwie wild wie ein Panther und richtig furchteinflößend. Lucinda wusste wirklich nicht, was sie von ihr halten sollte.
    Mit Ragnar zusammen zu sein war vollkommen anders. Er war offenbar ziemlich alt, doch er sah aus wie einer der Barbaren aus Tylers Spielen oder wie so ein langhaariger Profiwrestler. Ragnar bemühte sich nicht, tough oder cool zu sein, aber auf seine eigene Art war er cool.
    »Wo kommst du eigentlich her?«, fragte sie ihn eines Morgens mit neugewonnener Vertrautheit, als sie sich wieder einmal über seine komische Aussprache amüsierte.
    »Dänemark würdest du es nennen. Aber ich bin schon lange nicht mehr da gewesen. Alles ist jetzt anders dort, habe ich mir sagen lassen.« Er blickte versonnen über das Feld hinaus, dessen Drahtzaun er gerade reparierte, als könnte er gleich dahinter Dänemark sehen. Vielleicht konnte er das ja. (Lucinda war in Erdkunde noch nie sehr gut gewesen.)
    Tyler war offenbar froh über die Gelegenheit, sich einen Moment auszuruhen und den Schweiß vom Gesicht zu wischen. Sie waren schon den ganzen Nachmittag damit beschäftigt, in der Sonnenhitze im Tal neuen Draht auf die Zäune zu ziehen, und obwohl Ragnar den Löwenanteil der Arbeit machte – Lucinda hatte den Verdacht, dass es mehr darum ging, sie zu beaufsichtigen, als ihnen eine Arbeitsleistung abzupressen –, war es dennoch schweißtreibend und ermüdend. »Und warum bist du gekommen?«, wollte Tyler wissen. »Hierher, meine ich.«
    Ragnar lachte. »Der alte Ragnar saß ziemlich in der Patsche. Mir blieb kaum eine andere Wahl, als Gideons Angebot anzunehmen.«
    »Kapier ich nicht«, sagte Lucinda.
    »Das ist vielleicht auch besser so«, erwiderte er, plötzlich ernst geworden. Er bückte sich, stemmte mit einer Hand die nächste Rolle Draht in die Höhe, als ob es Alufolie wäre, und sagte Tyler, wo er den Draht an den Zaunpfosten halten sollte. »Aber ihr seid mit Gideon verwandt, und das ist für euch ein Glück. Andere in seiner Umgebung müssen manchmal einen sehr hohen Preis

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