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Die Drachen Der Tinkerfarm

Die Drachen Der Tinkerfarm

Titel: Die Drachen Der Tinkerfarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Beale , Tad Williams
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vermutet, wenn man ihn in seinem alten gestreiften Bademantel und seinem abgetragenen Schlafanzug sah, die er meistens anhatte, selbst an heißen Nachmittagen. Aber ob reich oder nicht, Lucinda war sich ziemlich sicher, dass er wenigstens ein bisschen verrückt sein musste, vor allem wenn sie daran dachte, auf welche Art er ihnen dieses Versprechen abgepresst hatte.
    Doch selbst wenn sich herausstellen sollte, dass ihr Großonkel der reichste Irre der Welt war, erklärte das immer noch nicht die Drachen.

    Es war Freitag, der dritte Freitag, seit sie und Tyler auf die Tinkerfarm gekommen waren, und Lucinda war in dem großen Besprechungszimmer vorne tätig. Das Schmuckstück des Zimmers war ein Buntglasfenster mit einer farbenprächtigen großen Schlange – Lucinda fühlte sich davon regelrecht hypnotisiert –, außerdem enthielt es eine große Sammlung von Spiegeln und Uhren, die sie gerade flüchtig abstaubte, als sie die Glocke zum Essen rufen hörte. Sie dachte bereits voller Vorfreude an den Apfelauflauf, den Sarah gemacht hatte, als Gideon zur Tür hereinkam.
    Lucinda nahm an, dass auch er auf dem Weg zum Essen war, aber er ging nur mit leerem, hängendem Gesicht an der offenen Zimmertür vorbei, in der sie stand.
    »Onkel Gideon?«
    Ohne etwas zu sagen oder zurückzuschauen stapfte er durch eine Tür hinter der Treppe und verschwand in den Tiefen des Hauses, wobei sein Bademantel hinter ihm herwehte wie der Umhang eines besiegten Superhelden, der soeben beschlossen hatte, die Verbrechensbekämpfung an den Nagel zu hängen. Da kam auch Colin Needle zur Haustür herein, das knochige Gesicht vor Zorn verzerrt.
    »Was ist los?«, fragte Lucinda ihn. »Was habt ihr denn alle?«
    Colin war so außer sich, dass ihm beim Reden Spucketröpfchen aus dem Mund flogen. »Ich wollte ihm sagen, dass es mir leid tut. Ich wollte ihm sagen, dass mich das auch mitnimmt. Aber er hört mir ja nie zu! Er hat mich einfach beiseite geschoben, als ob ich ein Nichts wäre.«
    Lucinda hatte bei dem älteren Jungen noch nie einen solchen Gefühlsausbruch erlebt. Er tat ihr leid, denn sie war auch schon die Zielscheibe von Gideons Zorn gewesen und wusste, wie sich das anfühlte. »Was tut dir leid? Was ist passiert?«
    Colin sah sie verständnislos an. Dann sagte er: »Meserets Ei gibt kein Lebenszeichen von sich. Es ist ein Junges drin, aber kein Herzschlag zu hören. Schon wieder. Es ist jedes Mal das gleiche.« Sein Zorn flammte erneut auf. »Aber er gibt meiner Mutter die Schuld! Trotz allem, was sie versucht hat!« Er wurde jetzt laut, was Lucinda ein bisschen nervös machte – Gideon konnte in der kurzen Zeit noch nicht sehr weit gegangen sein. »Als ob sie verpflichtet wäre, das Drachenproblem zu lösen, das Geldproblem zu lösen, jedes gottverdammte Problem auf dieser dämlichen Farm! Alles nur wegen seiner idiotischen Fehler!«
    »Colin, es tut mir echt leid …«, begann sie, aber der Junge war innerlich dermaßen aufgewühlt, dass er sie nicht einmal ansah. Er drehte sich einfach um und eilte fast im Laufschritt in die Küche.
    Lucinda hatte es plötzlich nicht eilig, ihm zu folgen. Sie hatte keinen großen Hunger mehr. Eigentlich drehte sich ihr bei dem Gedanken an Apfelauflauf der Magen um.

13
    NECKISCHES ÄFFCHEN,
TÜCKISCHES HÖRNCHEN
    E s war spät, als Tyler am Samstag aufwachte, dem Tag nach der schlimmen Nachricht von Meserets Ei. Am Frühstückstisch wurde nicht viel geredet, selbst die Arbeiter wirkten niedergeschlagen.
    »Das ist jetzt das vierte Mal«, sagte Ragnar kopfschüttelnd. »Die Jungen schlüpfen einfach nicht. Langsam sieht es so aus, als würde sie nie ein lebendes Würmlein zur Welt bringen.«
    Tyler guckte begriffsstutzig. »Ein was?«
    »Ein Drachenkind. Wo ich herkomme, sagen wir zum Drachen ›Wurm‹.« Ragnar lächelte traurig. »Bei uns zu Hause waren die Drachen gefürchtet. Für uns wäre die Nachricht, dassein Lindwurm im Ei gestorben war, ein Grund zum Feiern gewesen. Jetzt befürchten wir alle, dass Meseret und ihr Partner die letzten ihrer Art sein könnten.«
    Wo Ragnar aufgewachsen war, hatten sie Drachen gehabt? Tyler fragte sich, wo das gewesen sein mochte – im Märchenland? »Wie hieß ihr Partner noch mal?«
    »Alamu.« Ragnar wandte sich wieder der Schwerarbeit zu, sein Frühstück zu vertilgen, einen Riesenberg Brot, Obst und Wurst. Selbst Tyler, der Essen schneller hinunterschlang, als seine Mama das Geld dafür verdienen konnte (wie sie ihm immer vorhielt), konnte nur

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