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Die Drachen Der Tinkerfarm

Die Drachen Der Tinkerfarm

Titel: Die Drachen Der Tinkerfarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Beale , Tad Williams
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rotgoldener Ball mit einem dünnen schwarzen Schlitz von oben bis unten. Das Surren in Lucindas Schädel verstärkte sich, als ob, was immer dort steckte, eben entdeckt hatte, dass es nicht hinauskonnte, und wütend zu werden begann. Lucinda versuchte wegzuschauen, doch das Auge schien in dem dunklen Raum zu leuchten, so dass selbst der gewaltige Drachenleib im Schatten versank und sie nur noch den goldenen Ball sehen konnte, der wie eine kleine Sonne brannte.
    Etwas regte sich in ihrem Kopf, eine große Wut und Verzweiflung, stark und fremd wie ein Gewitter in ihrem Innern – Lucinda fühlte fast das Knistern und Zucken der Blitze. Alles verschwamm vor ihren Augen, wirbelte rot, schwarz, rot, schwarz durcheinander …
    Warum stand die Decke plötzlich quer? Warum wurde sie gegen eine Wand gedrückt, angezogen von etwas wie einem fleischlichen Magnetismus? Warum schwebte Haneb vor ihr auf der Seite, mit so einem erschrockenen Gesicht?
    »Miss, Miss, alles gut? Haben verletzt?«
    Sie stöhnte und schloss die Augen. Sie konnte sich nicht von der Wand abstoßen, aber mit geschlossenen Augen fühlte es sich weniger wie eine Wand als wie der Fußboden an. Sie schlug die Augen wieder auf. Jetzt verstand sie. Sie lag auf dem Rücken. Haneb war über sie gebeugt.
    »Was ist passiert?«
    »Sind gefallen. Haben krank, Miss?«
    »O Gott, habe ich mich bei dem Drachen angesteckt? Werde ich sterben?«
    Haneb lächelte tatsächlich. Das weiße Blitzen, das beide Seiten seines entstellten Gesichtes verzog und die vernarbte Seite auf überraschende Weise fältelte, erlaubte es ihr zum ersten Mal, ihn selbst zu sehen und nicht zuerst seine Verletzung. »Nein, Miss, nicht sterben. Nicht von Drachenkrankheit – Menschen nicht bekommen. Ich glaube, ist heute bloß sehr heiß für dich.«
    Bevor Lucinda etwas erwidern konnte, gab Meseret ein weiteres tiefes Brummen von sich. Aus irgendeinem Grund klang es diesmal nicht so verzweifelt, eher … warnend.
    »O je!«, sagte Lucinda, den Blick auf den Drachen gerichtet. »Schau doch!«
    Meseret hatte sich erhoben und schwankte unsicher, als ob sie seit längerem nicht mehr gestanden hätte, hielt sich aber auf ihren stämmigen Beinen. Ihr Rückenkamm, der im Liegen Lucindas Kopf nur ein oder zwei Meter überragt hatte, wölbte sich jetzt so hoch über ihr wie eine Brücke. Meseret hob den Kopf, ihre großen Nüstern saugten die Luft ein, dann stieß sie hart an die Stäbe des Käfigs, so dass sie rasselten und knarrten, machte das Maul auf und grollte drohend. Lucinda hielt sich zurücktaumelnd die Ohren zu und musste sich zusammenreißen, um nicht zu schreien. Das ist ja genau wie King Kong, dachte sie entsetzt. »Sie will ausbrechen!«
    Haneb packte sie am Arm. »Kann nicht ausbrechen. Ist gefesselt und kann nicht Flügel aufspannen in Käfig. Und ist nicht wütend auf uns.« Er zerrte Lucinda zur Tür.
    »Warum laufen wir dann weg?«
    »Laufen nicht weg vor ihr.« Hanebs Lächeln war längst verschwunden, aber er fletschte immer noch die Zähne wie ein verängstigter Hund. »Alamu kommt. Ihr Partner.«
    Meseret warf den Kopf zurück und stieß eine mächtige, schwarz rauchende Stichflamme aus, die durch die Stahlträger an der Decke schlug. Selbst aus gut dreißig Meter Entfernung spürte Lucinda die Hitze, als ob plötzlich eine Ofentür aufgesprungen wäre.
    »Aber warum ist sie wütend?«, jammerte Lucinda. Es stimmte: sie fühlte die geballte Wut der Drachin in ihrem Kopf wie einen sich ringelnden heißen Draht.
    »Weil nimmt das Ei weg, wenn kann«, antwortete Haneb, während er sich an der Tür zu schaffen machte. »Er frisst es. Schnell, beeilen!«
    »Aber er kann doch nicht rein, oder?«
    »Schauen.« Er deutete mit seinem gepolsterten Handschuh zur Decke empor. Dort waren zwei große Oberlichter zwischen den Dachträgern. »Alamu kleiner als sie. Wenn er auf Dach ist, kommt leicht durch.«
    Lucinda half Haneb mit der schweren Tür. Es war wie in einem dieser Albträume, in denen man wegläuft, aber nicht entkommen kann. »Müssen schnell Master Gideon sagen«, keuchte Haneb, als sie nach draußen stolperten. Er riss sich die Haube herunter. Seine schwarzen Haare waren klatschnass, und sein Gesicht glänzte von Schweiß. Die zwei liefen los, auf das Haupthaus zu. Die Luft außerhalb des Krankenstalls hatte einen sonderbaren Geruch – säurehaltig und prickelnd.
    »Was kann Onkel Gideon –«, begann sie, doch verstummte sofort, als eine Schreckensgestalt um die nächste

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