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Die Drachen Der Tinkerfarm

Die Drachen Der Tinkerfarm

Titel: Die Drachen Der Tinkerfarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Beale , Tad Williams
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nur vielleicht hatte Tyler ja recht, denn nach wenigen Sekunden erschien das Schwarzhörnchen wieder, wartete ab, bis Tyler um die Ecke gebogen war, und hüpfte dann hinter ihm her. Sogar einige der größeren Äste bogen sich und wippten unter seinem Gewicht.
    Lucinda zwang sich, aus dem Haus zu gehen, aber in der entgegengesetzten Richtung. Um ja nichts Erschreckendes sehen zu müssen, blickte sie erst gar nicht auf, aber einmal hörte sie ein Rascheln über ihrem Kopf und blieb wie angewurzelt stehen. Lange Sekunden stand sie atemlos und mit jagendem Herzen so da, bis ein Blauhäher laut krächzend an ihr vorbeiflog und es wieder still im Geäst war.

    Stille und Staub erwarteten sie in der Bibliothek. Im schwindenden Abendlicht, das lang durch die großen Fenster fiel, sah sie die Fußspuren, die sie und Tyler bei ihrem letzten Besuch hinterlassen hatten – oder wenigstens hoffte sie, dass es ihre Spuren waren. Die dunklen Schatten, die überall lagen, waren ausgesprochen gruselig, aber Lucinda wollte kein Licht anmachen, damit niemand im Haus sie bemerkte.
    Warum habe ich keine Taschenlampe mitgenommen? Sie musste zugeben, dass sich Tyler als Ninja-Spion besser machte als sie.
    Beim Gang durch die Bibliothek zum Bild von Octavio Tinker machten ihre Schritte leise schmatzende Geräusche. Was war dieses Ding, das er in der Hand hatte, dieses eigenartige Messingkonstrukt aus Bögen und Rädern? Warum war es der auffälligste Gegenstand auf dem Bild? Die Augen des alten Mannes schienen vor Selbstzufriedenheit zu leuchten: Ich weiß Bescheid und ihr nicht! Er war vermutlich genauso schwer auszuhalten gewesen wie Onkel Gideon.
    Lucinda wusste, dass sie das kleine Zimmer mit dem Spiegel durchsuchen sollte – dort hatten sie schließlich das eine Tagebuch gefunden –, aber sie wusste nicht, ob sie es tatsächlich fertigbrachte, einen Raum zu betreten, in dem es laut Tyler spukte. Sie zögerte die Entscheidung hinaus, indem sie die Reihen und Aberreihen von Büchern betrachtete. EinGroßteil der Bibliothek war alphabetisch nach Themen geordnet. Sie fand nichts unter »Ordinary Farm«, wobei das wohl etwas gar zu offensichtlich gewesen wäre, aber sie sah unter »Tinker« nach und fand tatsächlich ein Buch über Octavio mit dem Titel Octavio Tinker, der Kristallprophet. Ihre Aufregung ließ ein wenig nach, als sie sah, dass es ein Kinderbuch war, eine sechzig Jahre alte Biographie mit vorsintflutlichen Schwarzweißfotos und vielen komischen Diagrammen. Dennoch zog sie es aus dem Regal. Es war vielleicht nicht Octavios Tagebuch, aber immerhin etwas.
    Sie schlenderte die Gänge auf und ab, überflog die Bücherreihen und strich mit den Fingern über die staubigen Buchrücken. Alle Bände schienen mindestens Jahrzehnte alt zu sein, und keiner sah auf den ersten Blick wie ein Tagebuch aus. Es hätte Jahre gekostet, alle aufzuschlagen und sich zu vergewissern. Sie wollte gerade aufgeben, als ihr Auge an etwas hängenblieb.
    Standard Valley.
    Fünf Bücher mit einem entsprechenden Etikett standen in einer Reihe. Sie zog sie aus dem Regal und fing an, den Staub vom Boden zu wischen, um sich hinzusetzen, merkte aber bald, dass es aussichtslos war. Sie ging damit zu den Sesseln in der Nähe des Eingangs. Drei davon, zusammengeheftete Blätter, waren Telefonbücher von Yokut County (»mit Canning, Standard Valley, Tentpole und Harper’s Creek«). In keinem gab es Einträge unter Tinker oder Ordinary Farm, und so legte sie sie wieder beiseite. Das nächste war ein gebundenes Buch mit dem Titel Yokut County Grange von einer Organisation, die sich The California Grange nannte. Nach dem Titel kam eine Liste nahegelegener Ortschaften, jede mit einer Nummer, darunter »Standard Valley #723«. Sie blätterte darin herum, aber es war bloß irgendetwas Landwirtschaftlichesmit Informationen über Wasserrechte und Adressen in Sacramento und Washington, D.C., an die man sich mit verschiedenen landwirtschaftlichen Problemen wenden konnte. Sie warf es auf den Stapel zu den Telefonbüchern.
    Das letzte, ein 1963 erschienenes Buch mit Grundstücksplänen von Standard Valley, sah nicht interessanter aus als die anderen. Es fiel genau auf einer Seite auf, die überschrieben war mit »Grundstück: O. Tinker«, einer Art Planzeichnung von Gebäuden und anderen Dingen. Während sie darauf starrte, hauchte etwas wie eine kühle Brise durch die Reihen und spielte in ihren Haaren. Sie schaute verwundert auf, doch die Bibliothek war leer und alle

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