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Die Drachenjägerin 1 - Winter, M: Drachenjägerin 1

Die Drachenjägerin 1 - Winter, M: Drachenjägerin 1

Titel: Die Drachenjägerin 1 - Winter, M: Drachenjägerin 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Winter
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den Hang hinaufführte, konnte sie sich wieder aufrichten. Seit sie und Rinek vor ein paar Jahren zufällig die schmale Rinne zwischen Gestrüpp und Felsen hindurch entdeckt hatten, kam sie regelmäßig hierher. Ihr Bruder machte sich nicht mehr so viel daraus, durch den Wald zu streunen, und auch Linn war eigentlich längst zu alt dafür, aber sie schätzte die Einsamkeit, die es ihr erlaubte, ungestört ihren Gedanken nachzuhängen. Sie liebte den Wald fast noch mehr als die Mühle.
    Der Pfad führte aus dem kleinen Dickicht heraus und zwischen mannshohem Bärenklau weiter nach oben. Die sanfte Stimme des Baches war hier zu hören, ein Murmeln und Glucksen, ohne dass das Rauschen und Klappern der Mühle sie überdeckte. Moos überwucherte die großen, glattpolierten Kiesel, die das Ufer säumten. Hohes Brennnesselgestrüpp verwehrte den Zugang zum Wasser, aber diese Stelle räumte Linn regelmäßig frei, sodass sie hier, an ihrem Lieblingsplatz, ungestraft sitzen und die Füße ins klare Nass halten konnte.
    Lester hatte ihr geraten, sich im Bach abzukühlen, wenn sie gar zu heftig von feuerspeienden Drachen träumte. Sie hatte ihm erzählt, es helfe tatsächlich, denn es machte ihn glücklich, wenn sie seine Ratschläge befolgte. Während ihre Mutter nur unwillig schnaubte und sie anschrie, sie solle den Mund halten, war ihr Stiefvater immer sehr um sie bemüht. Linn hatte oft das Gefühl, dass er zu erraten versuchte, was ihr richtiger Vater in so einem Fall getan hätte. Zu keinem seiner eigenen Kinder war er so freundlich und rücksichtsvoll wie zu ihr – weder zu Rinek, den er als Witwer mit in die Ehe gebracht hatte, noch zu Merok und Binia, den gemeinsamen Kindern mit Merina. Manchmal hasste Linn ihn dafür, denn wenn er so nett war, fragte sie sich unwillkürlich, ob ihr Erzeuger auch so gewesen wäre oder ob sie von ihm nicht längst eine Tracht Prügel eingesteckt hätte.
    Am blassblauen Himmel zeigten sich ein paar leichte Federwölkchen. Irgendwo im Wald schrie ein Kuckuck.
    Eine leuchtend rote Libelle schwebte über das Wasser, verhielt eine Weile über den schlanken Mädchenbeinen, schien zu überlegen, ob sie sich setzen sollte, und flog dann im hektischen Zickzack weiter.
    Linn zog sich ihre Halskette über den Kopf und befreite ein paar braune Haarsträhnen, die sich in den feinen Gliedern verfangen hatten. Niemand im Dorf hatte ein ähnliches Schmuckstück, aber nicht etwa deshalb bedeutete es ihr so viel. Diese Kette war die einzige Erinnerung an ihren Vater.
    War er ein Fürst gewesen? Oder ein reicher Gutsherr? Da ihre Mutter keine Fragen über ihn beantworten wollte, blieb Linn nichts anderes übrig, als ihrer Fantasie freien Lauf zu lassen. In ihren Träumen war er nicht tot. Bestimmt irrte Merina sich darin. Harlon war verschwunden, mehr nicht – und irgendwann würde er zurückkommen, ein gut aussehender Mann, der so braunes, leicht rotstichiges Haar hatte wie sie selbst. Eines Tages würde sein Pferd vor der Mühle stehen – ein edles Ross, das den derben Ackergäulen nicht im Mindesten glich –, und er würde aus dem Sattel springen, in einem goldbestickten Wams, das Schwert an der Seite. » Wohnt hier nicht Linnia Adora Harlon?«, würde er fragen und sie mustern, mit einem solchen Lächeln, dass ihr Herz ganz warm würde, und an der Art, wie er den Namen Harlon aussprach, würde sie erkennen, dass es sein eigener Name war.
    » Ja«, würde sie sagen, » das bin ich. Und Ihr seid …?«
    » Harlon.« Da war er wieder, dieser Name, den sie mit sich trug wie ein Versprechen. » Dein Vater. Ich bin gekommen, um dich in mein Schloss zu holen. Mein Schloss. Meine Burg. Meinen Gutshof.«
    Jedes Mal, wenn sie davon träumte, änderte sie etwas an den Details und machte es noch schöner, noch perfekter. Sie malte sich seine Kleidung aus und die Verzierungen des Zaumzeugs. Nur wenn es an sein Gesicht ging, versagte ihre Vorstellungskraft. Das Lächeln war ihr eigenes, in der Halskette gespiegelt.
    » Eines Tages«, flüsterte sie.
    Die Kette bestand aus feinen, runden Gliedern, jedes in das nächste gefügt. Das Silber war schwarz angelaufen, doch wenn Linn es polierte, glänzte es heller und strahlender als jedes Sonnenfunkeln auf dem Bach. Das Schönste waren die zierlichen gewundenen Verzierungen rund um die große silberne Scheibe mit dem roten Edelstein. Die feinen Verästelungen links und rechts davon hielten kleinere Steine umschlungen – vielleicht Rubine. Von einem durchziehenden

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