Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2
wir das gelten lassen können.«
» Es war ein Drache, und er zählt«, beharrte Dorwit. » Ich meine mich zu erinnern, dass Ihr ebenfalls der Ansicht wart, wir müssten über die Grenze und ihn erlegen.«
Gunya drehte sich zu Linn um. » Was wollt Ihr tun? Unseren Feinden beistehen? Denn das sind die Yaner jetzt. Oder kümmern wir uns um unsere eigenen Angelegenheiten, und Ihr sammelt Punkte für das Wohlwollen des Königs?«
» Wie schlecht Ihr mich kennt«, sagte Linn. Sie warf einen Blick zu Kesim hinüber, der sich mit seinem Wagen abmühte. » Wenn Ihr das auch nur fragen könnt.«
15
Jikesch konnte sich vor Hunger kaum noch auf den Beinen halten. In der Küche hatten sie ihn weggejagt, als er dort etwas stibitzen wollte. Zu seinem Erstaunen hatte Chamija ein neues Betätigungsfeld gefunden und sich in der Küche breitgemacht. Nach Nivals angeblichem Tod hatte sie das Interesse an der Schreiberei schlagartig verloren; jetzt rührte sie in den Töpfen herum und bestand darauf, für den König tijoanische Gerichte zuzubereiten. Unbekannte Düfte zogen durch die Gänge, und der Eingang zur Küche wurde auf einmal von mageren Fürstinnen und beleibten Herren verstopft, die sich früher nicht einmal in die Nähe der Wirtschaftsräume begeben hätten. Nun schnupperten und diskutierten sie lauthals darüber, was wohl als Nächstes im Speisesaal kredenzt werden würde.
Jikesch hätte gerne überwacht, was dort vor sich ging, aber Chamija hatte ihn mitleidslos aus diesem Bereich vertrieben. Sogar der König schickte den Narren weg, da er jetzt dem Prinzen gehörte, und der dachte nicht im Traum daran, seinem lästigen Begleiter etwas von seinem Tisch abzugeben. Zum ersten Mal, seit er hier im Schloss wohnte, fühlte Jikesch den nagenden Stich des Hungers.
Auf dem Boden hockend beobachtete er resigniert, wie Arian Wachteln verspeiste. Von seinem Platz hier unten konnte er nicht einmal sehen, ob die winzigen Vögel gefüllt waren oder selbst die Füllung darstellten. Verführerisch duftete es nach gebratenem Fleisch – und nach Caness. Jikesch erkannte den Duft, der allem eine besondere Note verlieh, und doch war irgendetwas daran anders als sonst … Wenn er es vermocht hätte, hätte er vielleicht sogar seinen verhassten Herrn davor gewarnt, aber es war ihm unmöglich, über Chamija zu reden. Sobald Jikesch den Mund öffnete, um Andeutungen über ihre wahre Natur zu machen, war er stumm.
» Herr«, wisperte er.
Arian blickte auf. » Du redest doch nicht etwa mit mir? Noch dazu, während ich frühstücke?«
» Herr, dieser Duft …« Ist magisch, wollte er sagen, doch natürlich machte seine Zunge dabei nicht mit. Er musste den Satz anders beenden, musste den Bann irgendwie überlisten, ohne ihn zu brechen. Ohne dass Chamija es merkte. » Nie zuvor hat es so … tijoanisch in Schenn geduftet.«
» Hast du Angst, die Ausländerin könnte mich vergiften?« Der Prinz lachte.
Nicht nur Euch. Nein, das ganze Schloss, das ganze Königreich …
» Düfte erobern die Welt«, sagte er. » Kriege werden geführt mit Pfeffer und geheimen Kräutlein. Feinschmecker unterliegen mit Schimpf und Schande. Euer prinzlicher Magen bereitet dem Untergang den Boden.«
» Wie? Wenn du mir etwas sagen willst, sprich klar. Oder noch besser: Sprich gar nicht. Du verdirbst mir den Appetit.«
» Es gibt ein Gewürz«, sagte Jikesch, » das macht aus alt neu, aus fade schmackhaft, aus langweilig exquisit. Das Geheimnis der besten Köche. Lasst Eure Rede gewürzt sein mit einer Prise der gesalzensten Worte, doch hört genauer hin.«
Arian schüttelte verwirrt den Kopf. » Mich bringst du nicht so durcheinander, wie du es bei meinem Vater geschafft hast.«
Ein Diener öffnete die Tür. » Hoheit? Fräulein Chamija bittet darum, Euch ein besonderes Getränk servieren zu dürfen.«
» Nur herein mit ihr«, meinte der Prinz munter.
Das blonde Mädchen trug ein Tablett mit einer Kanne und einem Becher darauf. Beides bestand, wie Jikesch sofort sah, aus Drachenhorn.
» Drachentee?«, fragte er sofort. » Bekommt der Kranke Arznei, die ihm wohl mundet? Bekommt der Gesunde eine Medizin, die ihm die Adern zerfrisst? Drachenblut? Drachengesang? Feuer zum Trinken?«
Chamija warf dem Narren einen strengen Blick zu, der ihm wie ein scharfer Schmerz durch den Kopf fuhr. Er kroch unter den Tisch und stöhnte leise.
» Euer Narr scheint zu glauben, dass ich Euch vergiften will, Hoheit«, sagte die Tijoanerin. » Dabei ist der Tee nur nach
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