Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2
schrie sie. » Das ist für Kesim! Das hier für die Kinder am Bach! Nimm das und das und das!«
Sie sprang durchs Feuer wie durch Mondlicht, unbeschadet, und während Nat Kyahs Flammen sie noch beeindruckt und auf eine Weise verlockt hatten, die ihr im Nachhinein immer rätselhaft vorgekommen war – so, als wäre Drachenfeuer süß und etwas, das man genauso gut begehren wie fürchten konnte –, empfand sie diesmal nichts außer der wilden Wut, die der Krieg in ihr ausgelöst hatte.
Hatte Laran sich so gefühlt, als er die Drachen vernichtete? Als er dem schrecklichen Blutvergießen noch mehr Blut und Schmerz gegenüberstellte, weil er nicht anders konnte? Dort, das Herz des Drachen hinter der Schuppenwand, die sich heftig bewegte, als lebte in seinem Inneren ein eigenes Wesen … und dann war es vorbei.
Linns Beine zitterten, und sie dachte nur noch: Es ist keineswegs vorbei, im Gegenteil. Es fängt erst an. Was muss ich tun, damit es endet? Was?
Alles dreht sich um das Zentrum. Weißt du immer noch nicht genug? Fühlst du es nicht? Dorthin, nordwärts, wo er wartet. Einen Schritt hast du getan, über die Grenze. Nun tu den nächsten. Komm.
Sie drehte sich um und schwankte. Dorwit fing sie auf, Gunya räusperte sich. » Das war wohl zu viel für Euren Freund.«
Kesim lag auf dem feuchten Waldboden, wo sie ihn hingeschubst hatte. Wenigstens war er weich gelandet. Dass er sich in eine Ohnmacht geflüchtet hatte, nahm keiner der Drachenjäger ihm übel, denn sie alle wussten um den Schrecken, den die Nähe eines Drachen bewirkte.
» Oh ihr Götter.« Gunya wirkte ungewöhnlich verstört. » Ihr seht fürchterlich aus, Linnia.«
Sich mit einem blutgetränkten Ärmel übers Gesicht zu wischen brachte herzlich wenig. Linn spürte die Erschöpfung bis in die Knochen. Sie bettete sich ebenfalls auf die modrigen Blätter, ohne ihr Schwert loszulassen.
» Es werden noch mehr kommen«, murmelte sie. » Es ist ein Sturm, wisst ihr. Ein Sturm, der alles hinwegfegen wird.«
» Sollen sie ruhig«, knurrte Gunya.
Dorwit hielt das Ohr an Kesims Karren. » Da drinnen knistert es«, verkündete er.
» Aha«, meinte Gunya ohne Interesse.
Linn sah sich ebenso wenig in der Lage, aufzustehen und Dorwit daran zu hindern, weiter herumzuschnüffeln. Sie hätte Kesims Hab und Gut verteidigen sollen, aber sie lag nur da, alle viere von sich gestreckt, und fragte sich, ob sie jemals in der Lage sein würde aufzustehen. Dorwits Munterkeit ließ Rückschlüsse zu, inwieweit er sich überhaupt an diesem Kampf beteiligt hatte, doch selbst das war ihr gleich.
» Ich frage mich …« Der Ritter hob die Plane an, die die Ladung verdeckte, Stroh raschelte, dann erklang ein überraschter Ausruf. » Igitt, was ist das?«
» Was hat er da transportiert?«, fragte Gunya schläfrig. » Seine tote Frau?«
» Maden.« Dorwit verzog vor Abscheu das Gesicht. » Sie krabbeln hier herum, in einem riesigen Haufen … oh ihr Götter! Wir sollten das ganze Ding hier abfackeln.«
» Nein!« Wie fest Kesim auch geschlafen haben mochte, die Bedrohung seines Schatzes weckte ihn sofort. Er stürzte sich auf Dorwit, stieß ihn zur Seite, seine Augen blitzten unheilvoll. » Bleib da weg, du Idiot!«
Dorwit war kein Mann, der sich ungestraft anfassen und beleidigen ließ. Er hatte schon das Schwert gezogen, als Linn sich aufrappelte und dazwischenging. Sie taumelte vor Erschöpfung, aber es war nicht nötig, gegen einen der beiden zu kämpfen – ihre blutbefleckten Hände reichten, um sowohl Kesim als auch Dorwit zurückweichen zu lassen.
» Bleibt uns vom Leib!«, rief der Ritter.
Der Händler starrte sie an. » Oh ihr Götter«, murmelte er. » Jetzt werden sie unruhig. Seht! Es fängt bereits an!«
Dicke Würmer krochen über den Rand des Wagens, erhoben die Köpfchen und tasteten mit ihren winzigen Stummelbeinchen in der Luft herum, bevor sie den Weg nach unten einschlugen.
» Oh nein«, jammerte der Yaner. » Wie kriege ich sie jetzt wieder zurück ins Stroh? Ich muss sie vor dem Frost schützen!«
» Bei allen guten Göttern, mein alter Freund«, sagte Linn, » es steht schlimmer um Euch, als ich dachte. Ihr fahrt Maden durch die Gegend, Herr Kesim?«
Gunya sprang mit einem Schrei auf und hob den Fuß, um die erstaunlich schnell krabbelnden Dinger zu zertreten.
» Nein!«, schrie Kesim auf. » Meine Ferrans! Die sind unbezahlbar!«
Zu Linns Überraschung hielt die Ritterin inne. » Ferrans?« Sie bückte sich und hob ein Tierchen auf. »
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